Förderinstrumente prioritär für die Winterstromproduktion auslegen

Die aktuelle Energiekrise verdeutlicht die Notwendigkeit, ein massiv höheres Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien anzuschlagen. Die Förderinstrumente dafür sind fortzuführen und punktuell zu verbessern. Insbesondere muss ihr Fokus auf der Winterproduktion liegen, wie der VSE zu entsprechenden Verordnungsänderungen fordert: Projektgesuche mit hoher Winterstromproduktion müssen spezifisch unterstützt und priorisiert werden. Flankierend zum weiteren Ausbau der dezentralen Energieproduktion sind zudem dringend Anpassungen nötig, welche eine effiziente Weiterentwicklung und Anpassung des Verteilnetzes ermöglichen.
07.07.2022
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Verschiedene Verordnungen im Energiebereich müssen angepasst werden, darunter die Energieverordnung, die Energieeffizienzverordnung, die Energieförderungsverordnung und die Stromversorgungsverordnung, um die vom Parlament im Herbst 2021 beschlossenen Änderungen des Energiegesetzes per Anfang 2023 umzusetzen. Zur Diskussion stehen bedeutende Anpassungen des Förderdispositivs, die durch den aktuellen Krisenkontext zusätzlich stark an Bedeutung gewinnen. Das sind die wichtigsten Punkte aus Sicht des VSE:

  1. Förderung von Erneuerbaren fortführen, Fokus auf Winterstromproduktion legen

Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss stark forciert und massiv beschleunigt werden, um die Energie- und Klimaziele erreichen und die Versorgungssicherheit sicherstellen zu können. Der VSE begrüsst die nahtlose Fortführung und Anpassung der Förderinstrumente, um eine Regelungslücke per 1. Januar 2023 zu vermeiden. Die Förderinstrumente sind insbesondere auf den Ausbau der Winterstromproduktion zu fokussieren, weil die Schweiz in der kalten Jahreszeit ein strukturelles Versorgungsdefizit aufweist.

Das Problem der Winterstromlücke wird sich in naher Zukunft verschärfen. Die entsprechenden Fördermittel müssen für diese Projekte, die in der Realisierung meist teurer sind als andere Projekte, auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Projekte mit hoher Winterstromproduktion sollen bei der Gesuchsbearbeitung prioritär behandelt werden und höhere Fördersätze erhalten. Anlagen mit Winterstromproduktion dürfen nicht durch eine Förderuntergrenze von vornherein von einer Unterstützung ausgeschlossen werden.

  1. Zentrale Stelle zur einheitlichen Abnahme und Vergütung von PV-Strom

Die Stromproduktion aus Photovoltaik wird massiv zunehmen. Um die Systemintegration dieses Stroms sinnvoll zu gewährleisten, fordert der VSE seit Langem einen Systemwechsel bei der Abnahme- und Vergütungspflicht. Anstatt dass über 600 Verteilnetzbetreiber den Strom abnehmen und vergüten, soll dies in Zukunft eine zentrale Abnahmestelle zu einer schweizweit einheitlichen Rückliefervergütung tun. Die Rückliefervergütung soll saisonal differenziert sein und sich nach dem Referenzmarktpreis richten.

  1. Zukunftsfähiges Stromnetz: Flexible Netztarife einführen und Peak Shaving ermöglichen

Ohne Netz, keinen Strom. Das Verteilnetz ist zentral für die Umsetzung der Energie- und Klimastrategie. Es muss für diesen Zweck umgebaut, modernisiert und digitalisiert sowie, wo nötig, erweitert werden. Die heutigen Rahmenbedingungen werden einem zukunftsfähigen Netz nicht gerecht. Damit es mit dem beabsichtigten starken Ausbau der dezentralen Einspeisung mithalten kann, braucht es insbesondere eine Abkehr von den heute starren Regeln der Netztarifierung hin zu einem Tarifmodell, das es ermöglicht, dass die Netzbetreiber und ihre Kundinnen und Kunden Hand in Hand für ein (kosten-)effizientes Netz arbeiten. Zudem ist die Möglichkeit vorzusehen, in einem eng definierten Rahmen Einspeisespitzen reduzieren zu können (Peak Shaving). Dadurch können die Netzausbaukosten ohne nennenswerte Verluste bei der Energieeinspeisung deutlich verringert werden.

  1. Zugang zur Grundversorgung klären

Im aktuellen Kontext hoher Strommarktpreise zeigt sich, dass nicht geregelt ist, ob Kunden im freien Markt über die Gründung eines Zusammenschlusses zum Eigenverbrauch (ZEV) wieder Anrecht auf Lieferung aus der Grundversorgung hätten oder ob es sich dabei um eine Umgehung des vom Gesetzgeber vorgesehenen Marktprinzips «einmal frei, immer frei» handelt. Es ist durch eine explizite Regelung Rechtssicherheit zu schaffen, unter welchen Bedingungen Kunden, die von der Möglichkeit auf Netzzugang Gebrauch gemacht haben, in die Grundversorgung zurückkehren können.

Rahmenbedingungen für Erneuerbare verbessern

Neben der finanziellen Förderung braucht es für den effektiven Ausbau der erneuerbaren Energien unbedingt eine deutliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Realisierung von Energieinfrastrukturen (Produktion, Speicher, Netze). Das beinhaltet erstens eine Beschleunigung der Verfahren, zweitens eine übergeordnete Interessenabwägung, wobei das Nutzungsinteresse an der Energieproduktion temporär höher zu gewichten ist als andere, auch nationale Interessen, und drittens die Anpassung des Umwelt- und Raumplanungsrechts, um die Bewilligungsfähigkeit von Energieinfrastrukturen auch ausserhalb des Baugebiets zu ermöglichen.