Der VSE begrüsst die gestaffelte Umsetzung des Stromgesetzes
Der VSE und seine Mitglieder engagierten sich an vorderster Front für eine Annahme des Stromgesetzes, denn es schafft wichtige Rahmenbedingungen für den dringend notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien in der Schweiz. Die Umsetzung des Stromgesetzes wird gestaffelt erfolgen, wie es der VSE gefordert hat. Ein erstes Paket tritt am 1. Januar 2025 in Kraft, ein zweites ein Jahr später.
Der VSE forderte pragmatische und praktikable Umsetzungsbestimmungen. Im vom Bundesrat verabschiedeten ersten Verordnungspaket sind einige zentrale Forderungen des VSE eingeflossen. In manchen Punkten sieht die Strombranche allerdings noch Verbesserungspotenzial.
VSE Stellungnahme vom 28.05.2024
Umsetzung Stromgesetz: neue und aktualisierte Branchedokumente
Die Umsetzung des Stromgesetzes ist für die Elektrizitätsunternehmen mit hohem Aufwand verbunden. Der VSE hat schon früh damit begonnen, in Arbeitsgruppen und Kommissionen die Umsetzung vorzubereiten. Mit den neuen und aktualisierten Branchenrichtlinien und -dokumenten unterstützt der VSE seine Mitglieder, die zahlreichen Neuerungen termingerecht umzusetzen. Die Überarbeitungen basieren aktuell noch auf den Verordnungsentwürfen vom 21. Februar 2024 und geniessen daher nur vorläufige Gültigkeit. Folgende Branchendokumente stehen ab sofort neu bzw. in überarbeiteter Form zur Verfügung:
- Marktmodell für die elektrische Energie (MMEE)
- Netznutzungsmodell für das schweizerische Verteilnetz (NNMV)
- Netzanschluss (NA/RR)
- Kostenrechnungsschema Gestehungskosten bis Tarifjahr 2025 (KRSG)
- Kostenrechnungsschema Gestehungskosten ab Tarifjahr 2026 (KRSG)
- Kostenrechnungsschema für Verteilnetzbetreiber der Schweiz (KRSV)
- Lokale Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) (BD LEG - CH 2024)
- Standardisierter Datenaustausch mit der nationalen Datenplattform (SDND – CH 2024)
- Eigenverbrauchsregelung (HER – CH 2024)
Weitere Branchendokumente folgen in den nächsten Wochen, wie auch im Anschluss an die Veröffentlichung des zweiten Pakets der Verordnungsanpassung, welche im Februar 2025 erwartet wird.
Änderung Abnahme- und Vergütungspflicht
Die mit dem Stromgesetz nach Art. 15 EnG eingeführte Änderung bei der Abnahme- und Vergütungspflicht muss per 1.1.2026 vollzogen werden. In einem Infoblatt kündigt der VSE die Änderungen an und macht Empfehlungen für die Vorbereitung. Ausserdem überarbeitet der VSE das Handbuch «Umsetzung der Rückspeisevergütung». Dieses unterstützt Netzbetreiber bei der rechtskonformen Umsetzung der Rückspeisevergütung gemäss Art. 15 EnG. Die überarbeitete Version des Handbuchs wird im März 2025 veröffentlicht.
Ziele des Stromgesetzes
Wir sichern die Stromversorgung.
Die Schweiz braucht mehr Strom. Die einzigen Stromproduktionsanlagen, die heute rasch zugebaut werden können, sind erneuerbare Energien. Mehr als 80 Prozent des geplanten neuen Stromausbaus werden Solaranlagen auf Häusern und weiteren bestehenden Infrastrukturen sein. Um sicher durch den Winter zu kommen, sind zusätzliche Wasser- und Windkraftwerke sowie Solaranlagen in den Bergen zwingend. Je mehr verschiedene Technologien eingesetzt werden, desto stabiler und widerstandsfähiger ist die Stromversorgung der Schweiz.
Wir machen uns unabhängiger vom Ausland.
Die Schweiz hängt im Winter zu stark von Strom aus den Nachbarländern ab. Das bringt erhebliche Versorgungsrisiken. Gefährliche Abhängigkeiten, wie sie uns mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine dramatisch vor Augen geführt wurden, müssen wir überwinden. Deshalb ist es so wichtig, die inländische Stromproduktion auszubauen.
Wir nehmen Rücksicht auf Umwelt- und Landschaftsschutz.
Das neue Stromgesetz bringt Stromproduktion und Umwelt- und Landschaftsschutz in Einklang. Es schafft klare Leitplanken, wo neue Projekte realisiert werden dürfen und wo nicht. Davon profitieren Natur- und Umweltschutz, weil wichtige Biotope von nationaler Bedeutung sowie Wasser- und Zugvogelreservate explizit für den Bau von Stromproduktionsanlagen ausgeschlossen sind.
Wir schützen das Klima.
Nebst einer sicheren und bezahlbaren Energieversorgung ist eine intakte Umwelt ein wichtiger Standortfaktor. Ein gesundes Klima ist die Grundlage dafür. Um unsere Klimaziele bis 2050 zu erreichen (CO2-Emmissionen auf netto null reduzieren), müssen wir fossile Energien in Verkehr, Wärme, Industrie mit sauberem Strom ersetzen. Deshalb müssen wir jetzt mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien vorwärts machen.
Wir gehen effizienter mit Energie um.
Strom ist effizienter als fossile Energien (u.a. Öl, Gas). Werden Fahrzeuge, Heizungen usw. elektrifiziert, sinkt – trotz steigendem Stromverbrauch – der Gesamtenergieverbrauch. Zudem macht das Stromgesetz den Energieversorgungsunternehmen verbindliche Vorgaben, Effizienzmassnahmen in den Interessen der Konsument/innen umzusetzen.
Wir schaffen Grundlagen für stabile Strompreise.
Eine bezahlbare Stromversorgung ist ein zentraler Standortfaktor. Das Stromgesetz schafft gute Investitionsmöglichkeiten für eine verlässliche Stromversorgung und gleichzeitig auch attraktive Grundlagen für die Beteiligung aller beim Auf- und Ausbau insb. von PV-Anlagen. Zudem regelt es die Strompreisbildung in der Grundversorgung neu und macht Stromlieferanten Vorgaben für eine risikoarme Strombeschaffung am Markt, so dass Strompreisanstiege, wie sie in den letzten Jahren vorgekommen sind, nicht mehr in diesem Ausmass eintreten können.
Vom Stromgesetz profitieren alle
Das Stromgesetz ist ein Kompromisswerk, dass vielen Interessen Rechnungen trägt, und auch deshalb im Parlament von allen Parteien angenommen wurde (Ständerat = 44:0; Nationalrat = 177:19), was eine Seltenheit ist bei Vorlagen von dieser Tragweite.
Vom Stromgesetz profitieren alle, weil es wesentliche Fortschritte und Verbesserungen in verschiedenen Bereichen der Stromversorgung bringt. Es beinhaltet:
- Massnahmen für die Versorgungssicherheit mit Strom – insbesondere im Winter.
- Ziele, Massnahmen und Finanzierung für den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Schweiz.
- klare Vorgaben, wo der Ausbau der erneuerbaren Energien gegenüber den Umwelt- und Naturinteressen Vorrang hat und wo nicht.
- Massnahmen, wie «vertretbare» Eingriffe in die Umwelt und Natur kompensiert werden müssen.
- den Schutz von Biotopen und Reservaten von nationaler Bedeutung.
- Beschleunigung der raumplanerischen Abläufe für neue Energieproduktionsanlagen.
- Ziele und Massnahmen für die Energieeffizienz, so dass der Energieverbrauch pro Person bis 2050 halbiert werden kann.
- Vorgaben, den Energieverbrauch pro Person und Jahr bis 2035 um 13% gegenüber dem Jahr 2000 zu senken und den Stromverbrauch im Winter mithilfe von Effizienzmassnahmen um 2 TWh zu reduzieren.
- Anreize für Innovation über Datenverfügbarkeit, Nutzung von Flexibilitäten und Effizienzdienstleistungen.
- Rahmenbedingungen für einen intelligenten Netzausbau (u.a. Peakshaving = Begrenzung der PV-Einspeisung).
- Bürgerbeteiligungen über lokale Elektrizitätsgemeinschaften und Möglichkeiten zum bidirektionalen Laden.
- Stärkung des Stromsystems über die Einbindung von dezentralen Speichern und die dynamische Netznutzungstarifierung.
Das Stromgesetz in Zahlen
- Ausbauziele generell: Die erneuerbaren Energien ohne Wasserkraft sollen 35 TWh bis 2035 und 45 TWh bis 2050 liefern. Die Wasserkraft, das Rückgrat der Stromversorgung, soll ihre Produktion auf 37,9 TWh im 2035 und auf 39,2 TWh im 2050 steigern.
- Ausbauziele Winterstromproduktion aus erneuerbaren Energien: Sie soll bis 2040 um 6 TWh ausgebaut werden, wovon 2 TWh sicher abrufbar aus Speicherwasserkraft sein müssen. Entsprechende Projekte werden im Gesetz explizit aufgeführt (siehe auch runder Tisch Wasserkraft).
- Energieverbrauchsreduktion: Der Energieverbrauch pro Person und Jahr soll bis 2035 um 13% und bis 2050 um 5% gegenüber 2000 gesenkt werden. Zudem soll der Stromverbrauch für die Versorgungssicherheit im Winter mithilfe von neuen Effizienzinstrumenten um 2 TWh reduziert werden.