Der VSE fordert schnellere Bewilligungsverfahren für alle Energieprojekte

Die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Energiegesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Stromproduktion bleibt durch ihren engen Fokus in der Wirkung stark eingeschränkt. Der VSE begrüsst die Stossrichtung, erachtet eine Schärfung und Ausweitung der Vorlage jedoch für notwendig, damit die Schweiz bei der Umsetzung der Energie- und Klimastrategie tatsächlich vorwärtskommt. Es bedarf einer Beschleunigung für alle erneuerbaren Energieprojekte und für die dazu notwendigen Netze. Ergänzend sind für eine tatsächliche Beschleunigung der Verfahren auch auf materiellrechtlicher Ebene Anpassungen nötig.
17.05.2022

Für den Ersatz der Kernenergie und die Elektrifizierung im Zug des Klimaneutralitätsziels bis 2050 und die Sicherstellung der Stromversorgung müssen grosse Mengen an erneuerbarer Stromproduktion zugebaut werden. Dazu ist der Beitrag aller erneuerbaren Energien nötig. Schätzungsweise müssen sie eine zusätzliche Produktion im Umfang der heutigen Wasserkraft liefern (gemäss Energieperspektiven 2050+ des Bundes ca. 43 Terawattstunden) – und dies auch dann, wenn eine starke Verbesserung der Energieeffizienz gelingt. Parallel dazu müssen die notwendigen elektrischen Anschlüsse und Leitungen (Netze) realisiert werden.

Mit dem heutigen schleppenden Ausbautempo droht die Schweiz in eine ernstzunehmende Stromversorgungslage mit hoher, risikobehafteter Importabhängigkeit zu geraten. Massgeblich tragen dazu die Bewilligungsverfahren bei, die heute unverhältnismässig lang dauern. Es braucht daher eine rasch wirksame Beschleunigung dieser Verfahren. Mit der vorgeschlagenen Änderung des Energiegesetzes packt der Bundesrat das Problem an. Der VSE begrüsst die Stossrichtung. Um die Wirkung für die Beschleunigung der Verfahren zu verbessern, erachtet er jedoch Anpassungen der Vorlage insbesondere in folgender Hinsicht für notwendig:

  1. Ausweitung der Massnahmen: Die Beschränkung auf wenige Wind- und Wasserkraftprojekte begrenzt die Wirkung der Vorlage stark. Sie ist auszuweiten, indem insbesondere auch die grossflächige Photovoltaik in höheren Lagen berücksichtigt und generell eine ausreichende Anzahl von Standorten für geeignete Projekte erfasst wird. Die von der Vorlage nicht berücksichtigten Projekte und die Stromnetze dürfen unter keinen Umständen zurückgestellt oder in anderer Weise benachteiligt werden. Auch für sie ist eine Beschleunigung der Bewilligungsverfahren nötig.  
  2. Schärfung der Instrumente: Die Verfahrensschritte müssen fristgerecht erfolgen. Dazu sind nach Möglichkeit verbindliche Fristen vorzugeben sowie ausreichende Ressourcen bereit zu stellen. Stellungnahmen von Fachbehörden sind zu koordinieren, um Widersprüche zu vermeiden. Mit dem Eintrag von Projekten ins Konzept wird die Güterabwägung zu Gunsten des Nutzungsinteresses übergeordnet statuiert. Dies hat sich im weiteren Verfahren niederzuschlagen.
  3. Vermeidung neuer Planungsrisiken: Es ist ein Wahlrecht des Gesuchstellers zwischen dem neuen konzentrierten Verfahren und dem bisherigen ordentlichen Verfahren vorzusehen. Damit soll insbesondere die Möglichkeit bestehen, das Konzessionsverfahren für Wasserkraftwerke separat zu führen. Bereits laufende Projekte dürfen nicht durch Rechtsunsicherheiten verzögert werden. Zudem ist eine Koordination mit dem Plangenehmigungsverfahren für die elektrischen Anschlüsse notwendig.

Für eine tatsächliche Beschleunigung des Ausbaus sind parallel zu den verfahrensrechtlichen Änderungen auch auf materiellrechtlicher Ebene Anpassungen nötig, insbesondere im Raumplanungs- und Umweltrecht. Diese Änderungen müssen die Bewilligungsfähigkeit der Anlagen sicherstellen und zu einer Korrektur an der Gewichtung der Schutz- und Nutzungsinteressen führen. Dem unerlässlichen Beitrag, den eine auf erneuerbaren Energien basierende Energieversorgung an den Klimaschutz leistet, ist dringend Rechnung zu tragen.