Evolution statt Revolution

26.04.2023
Im Zug der Elektrifizierung wird der Stromverbrauch stark ansteigen. Eine hohe Energieeffizienz wird daher zum Pfeiler der Versorgungssicherheit. Darüber sind sich alle einig, doch über das Wie bestehen unterschiedliche Vorstellungen.

Dass im Mantelerlass nebst einem starken Ausbau der inländischen erneuerbaren Produktion auch beim sorgsamen Umgang mit Energie ein Zahn zugelegt wird, ist richtig. Doch wie lässt sich das noch brachliegende Potenzial am besten heben?  

Die Strombranche legt dazu das folgende Modell vor: Der Bundesrat legt eine Abgabe auf die Netznutzung fest, die der Verteilnetzbetreiber einnimmt. Die Höhe der Abgabe kann je nach Bedarf angepasst werden, was eine einfache Steuerung ermöglicht. Der Verteilnetzbetreiber setzt mit den Mitteln aus der Abgabe innert einer bestimmten Frist in seinem Netzgebiet Effizienzmassnahmen um, die vom BFE bezeichnet werden. Alternativ kann er einen Dritten damit beauftragen. Falls die Mittel nicht im Netzgebiet umgesetzt werden, sind diese für nationale Massnahmen zur Verfügung zu stellen. Der Bund vergibt diese mittels Ausschreibung.  

Dieses Modell schlägt gleich drei Fliegen mit einer Klappe: gut funktionierende Instrumente werden aufgewertet und ausgeweitet, es wird schweizweit mehr Verbindlichkeit für mehr Effizienz geschaffen, und dabei werden erst noch lokal unterschiedliche Bedürfnisse von Stromverbrauchern und Stromunternehmen berücksichtigt.  

Um der Effizienz den Wert zu geben, den sie verdient, muss das Rad nicht neu erfunden werden, die Massnahmen sind bekannt.

Damit unterscheidet es sich deutlich vom Modell, das der Nationalrat im letzten März beschlossen hat. Dieses verpflichtet die Stromlieferanten zu einem Stromeffizienzwettbewerb und konkurrenziert letztlich die bestehenden Instrumente. Mit den Zielvereinbarungen, den wettbewerblichen Ausschreibungen und den Effizienzvorschriften (Energieetikette) bestehen nämlich bereits mehrere Instrumente, die sich bewährt haben. Immer mehr Kantone und Gemeinden verpflichten zudem ihre Energieversorgungsunternehmen zu Effizienzmassnahmen. Auf diesen sollte aufgebaut werden, statt revolutionäre Modelle einzuführen, die z.B. in Dänemark trotz einfacherer Übungsanlage (mehr Potenzial dank Energie statt Strom, vollständige Marktöffnung statt Teilliberalisierung) zu hohen Kosten führten und wieder abgeschafft wurden. 

Um der Effizienz den Wert zu geben, den sie verdient, muss das Rad nicht neu erfunden werden, die Massnahmen sind bekannt. Man muss nur den Rahmen so weiterentwickeln, damit auch wirklich griffige Effizienzmassnahmen umgesetzt werden.

Bereichsleiter Public Affairs des VSE

Dominique Martin

Unter der Rubrik "Die politische Feder" veröffentlicht Dominique Martin regelmässig Kommentare und Einschätzungen zu energiepolitischen Themen. 

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