Grengiols-Solar: Versorgungssicherheit im Winter gewährleisten und die Energiewende voranbringen

16.03.2023
In den Walliser Alpen soll eine der grössten Solaranlagen der Schweiz entstehen. Das Projekt Grengiols-Solar will einen erheblichen Beitrag zur Versorgungssicherheit im Winter leisten. Die Anlage wird dank ihrem Potenzial von 600 GWh rund 200'000 Haushalte mit Strom versorgen können. Ein Gespräch mit Stéphane Maret, Generaldirektor der Forces Motrices Valaisannes (FMV).

Stéphane Maret, im Wallis tut sich in Sachen Solarenergie einiges …

Ja, tatsächlich. Wir haben soeben die Planung des Projekts Grengiols-Solar bekanntgegeben. Dabei handelt es sich um eine der grössten Solaranlagen der Schweiz. Dieses Projekt zeigt das Engagement der Gemeinde Grengiols, der fünf Trägerunternehmen – darunter die zwei Walliser Energieunternehmen FMV und EnBag sowie Energieunternehmen aus der ganzen Schweiz wie die EKZ aus Zürich, die Basler IWB und die Groupe E aus der Romandie – sowie von Partnern aus dem Wallis, die sich für die Winterproduktion von Strom aus erneuerbaren Quellen interessieren.

Den Kern des Projekts bildet ein doppeltes Dreamteam: Der Produzent in den Walliser Alpen verzeichnet selbst nur einen geringen Verbrauch, während das Produktionspotenzial im Schweizer Mittelland klein ist, der Energiebedarf dort jedoch hoch. Das zweite Dreamteam «Wasserkraft/Photovoltaik» ist die perfekte Ergänzung. Unser Kanton befindet sich in den Alpen und weist im Vergleich zum Rest der Schweiz eine 15 bis 20 Prozent höhere Sonnenscheindauer auf und verfügt über den grössten Wasserkraftpark der Schweiz.

Ich bin davon überzeugt, dass das Wallis für die Umsetzung der Energiewende Teil der Lösung ist. Die alpine Photovoltaik, wie sie in Grengiols geplant ist, trägt definitiv zur Versorgungssicherheit in der Schweiz bei.

Was ist die Besonderheit des Projekts Grengiols-Solar?

Grengiols ist ein Grossprojekt der alpinen Photovoltaik im Wallis. Es soll 600 GWh liefern und rund 200 000 Haushalte mit Strom versorgen. Diese Prognose umfasst jedoch nur die Solarenergie. Allerdings besteht im Wallis die Möglichkeit, Sonne und Wasser zu kombinieren. Nimmt man also noch die Wasserkraft hinzu, beträgt das Potenzial 1200 GWh, wovon rund die Hälfte im Winter erzeugt wird.

Wie sehen Sie diese Kombination mit der Wasserkraft?

Diese Solaranlage lässt sich ideal mit der Planung des neuen, vier Kilometer entfernten Speicherkraftwerks Chummensee der GKW kombinieren. Der im Rahmen des Runden Tisches Wasserkraft ausgehandelte Bau dieses Kraftwerks wird unabhängig von Grengiols-Solar erfolgen. Die Umwelt- und Machbarkeitsstudien werden demnächst in Angriff genommen.

Heute durchfliesst das Wasser verschiedene Laufkraftwerke. Das neue Projekt umfasst neben dem Chummensee mehrere zusätzliche Pumpkraftwerke. So wird die überschüssige Energie von Grengiols-Solar in wertvollen, raren Winterstrom umgewandelt. Der Chummensee eignet sich also wunderbar als Speicher für die Solaranlage. Damit verfügen wir über ein grosses jährliches Stromproduktionspotenzial, das planbar und dank Speicherung jederzeit verfügbar ist.

Wie muss man sich den Anschluss an das Netz vorstellen?

Die Errichtung einer Anlage in der Grössenordnung von Grengiols-Solar braucht mehrere Jahre, weil nur in den Sommermonaten gebaut werden kann. Allerdings sollte die Anlage ab Ende 2025 die gesetzlich geforderte Kapazität ins Netz einspeisen.

Der Strom wird zunächst über eine vorübergehende Freileitung vom Berg nach Heiligkreuz transportiert, wo sie in die bestehende 65-Kilovolt-Leitung ins Rhonetal eingespeist wird. Um die erwartete minimale Produktion in den ersten Jahren aufnehmen zu können, werden im regionalen Verteilnetz sowie im Übertragungsnetz von Swissgrid entsprechende Kapazitäten bereitstehen. Anschliessend ist geplant, die Freileitung zwischen der Anlage und Heiligkreuz in einen Kabelstollen zu verlegen. Für den Anschluss an das Übertragungsnetz von Swissgrid werden Varianten mit Freileitungen und unterirdischen Leitungen geprüft.

VSE Direktor Michael Frank mit Stéphane Maret. (Quelle: Andreas Soltermann)

Es braucht Mut, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen. Wie gehen Sie mit der Interessenabwägung um?

Die Möglichkeit, ein so umfassendes Projekt zu realisieren, hängt von den rechtlichen Rahmenbedingungen ab. Wenn man aber die Klimaziele des Bundes erreichen will, muss in den nächsten Jahren bei der Solarenergie enorm viel zugebaut werden. Grengiols-Solar soll dazu einen beträchtlichen Beitrag leisten. Es ist auf einen Ort konzentriert und wird geschickt mit Wasserkraft kombiniert. Das Projekt geniesst bereits grosse Unterstützung.

Allerdings nehmen die Projektplaner ihre grundlegende Verantwortung gegenüber der Umwelt ernst. Wegen der Rückbaupflicht am Ende der Betriebsperiode von Grengiols-Solar haben sie ein finanzielles Interesse daran, Materialien effizient und umweltschonend einzusetzen. Es wird alles darangesetzt, um den Boden maximal zu schützen. So ist etwa geplant, möglichst auf Beton zu verzichten und die Photovoltaikmodule mit einem bodenschonenden Schraubsystem zu verankern oder sie aufzuhängen. Für die Anlage wird es eine Umweltbaubegleitung sowie ein Monitoring geben.

Gestatten Sie sich, in Bezug auf die Fertigstellung optimistisch zu sein?

In den nächsten Wochen werden die Projektplaner eine Begleitgruppe einrichten. Diese steht Umweltverbänden, den betroffenen Gemeinden, dem Landschaftspark Binntal und der IG Saflischtal offen. Diese Gruppe wird sich bei der weiteren Planung des Projekts mit den ökologischen Aspekten befassen. Im Sommer 2023 ist geplant, Erhebungen von Flora und Fauna durchzuführen. Der Umweltverträglichkeitsbericht und das Bauprojekt müssten bis Ende Jahr vorliegen.

Die Investitionskosten können heute noch nicht seriös geschätzt werden. Dazu muss das Bauprojekt abgewartet werden. Für die Planung braucht es Rechtssicherheit. Ich erlaube mir also, optimistisch zu sein, und hoffe, dass alle Beteiligten die gleichen Berechnungen anstellen, zum Wohl der Energiewende.

Was ist Ihr Fazit?

Grengiols-Solar ist ein nationales Projekt im Wallis und für die Schweiz, eine Zusammenarbeit eines Bergkantons mit den Regionen des Mittellandes. Wir können für die Versorgungssicherheit im Winter und für die Energiewende ein enormes Potenzial bereitstellen.

Mehr Informationen zu Grengiols-Solar finden Sie auf der Projektwebseite

Michael Frank
Michael Frank ist Direktor des Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE.

Grengiols-Solar: Teil der Lösung für eine gigantische Herausforderung

Wie die Energiekrise gezeigt hat, gibt es in der Schweiz im Winter ein klares Stromdefizit. In dieser Zeit reicht die eigene Stromproduktion nicht aus, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, und es muss auf Importe zurückgegriffen werden.

Auch wenn das Ziel nicht die Energieautarkie ist, die utopisch und zu teuer wäre, ist die Notwendigkeit, unsere Abhängigkeit von Importen zu lindern, eine schonungslose Feststellung. Dies gilt umso mehr, als es ohne ein Stromabkommen ab Ende 2025 besonders schwierig sein wird, bei Versorgungsengpässen auf Strom aus den Nachbarländern zurückzugreifen.  

Die Schweiz hat es selbst in der Hand, die Winterstromlücke zu schließen. VSE Direktor Michael Frank betonte anlässlich der Pressekonferenz zum Grengiols-Solar-Projekt, dass die alpine Photovoltaik einen wichtigen Beitrag zur Lösung der gigantischen Herausforderungen für die Versorgungssicherheit leistet. Die VSE Studie «Energiezukunft 2050», die in Zusammenarbeit mit der Empa erstellt wurde, zeigt auf wissenschaftlicher Basis auf, dass die Energie- und Klimaziele der Schweiz erreicht werden können und welche Konsequenzen die heute getroffenen Entscheidungen haben werden.  

Ein Projekt wie Grengiols-Solar trägt in Kombination mit Wasser- und Windkraft dazu bei, dass die Schweiz ihr Ziel erreichen kann: eine resiliente und diversifizierte Stromversorgung im Winter zu gewährleisten. «Die alpine Photovoltaik zeigt eindrücklich, wie die Versorgungssicherheit im Winter mit einer klimaneutralen Stromproduktion einhergeht.»

Versorgungssicherheit und Klimaschutz sind nicht verhandelbar. Sie bilden die Grundlage für eine gesunde und prosperierende Gesellschaft und Wirtschaft. Der Strombedarf wird massiv steigen, denn Dekarbonisierung bedeutet Elektrifizierung. Oder mit anderen Worten: Klimaschutz bedeutet Elektrifizierung. Aber nicht nur das Wollen ist wichtig, sondern auch das Können!  

Es ist an der Zeit, mutigen Projekten wie Grengiols-Solar zu erlauben, zur Energiezukunft der Schweiz beizutragen. «Es muss sich etwas bewegen, und die Blockaden müssen fallen. In der gegenwärtigen paradoxen Situation wird der erwiesene Bedarf aufgrund von Einzelinteressen blockiert. Beim derzeitigen Tempo wird es mehr als 100 Jahre dauern, bis der Bedarf einer klimaneutralen Schweiz an erneuerbarem Strom gedeckt ist. Wir haben nicht mehr den Luxus zu warten, sondern befinden uns in einem Wettlauf gegen die Zeit.»