Nach dem Runden Tisch ist vor dem Runden Tisch

07.04.2023
In der Schweiz fehlen qualifizierte Netzelektrikerinnen und Netzelektriker. Dies ist nicht nur im Hinblick auf den Betrieb und die Wartung des bestehenden Netzes unbefriedigend, sondern auch angesichts der Herausforderungen, welche der dringend nötige Ausbau des Netzes mit sich bringt. Deshalb haben sich die Vertreterinnen und Vertreter aller relevanten Institutionen zu einem Runden Tisch getroffen und Lösungsansätze diskutiert.

Der Mangel an qualifizierten Fachkräften in der Schweiz ist mittlerweile für viele Branchen zu einem akuten Problem geworden. In der hiesigen Energiebranche besteht dieser Mangel schon seit Längerem, vor allem beim Nachwuchs der Netzelektrikerinnen und Netzelektriker. Und mit den in den kommenden Jahren anstehenden Pensionierungen der Fachkräfte aus der Baby-Boomer-Generation wird sich der Mangel noch akzentuieren. Dann fehlen einerseits die neuen Netzelektrikerinnen und Netzelektriker, und anderseits nimmt auch die Zahl erfahrener Netzelektriker stetig ab.

Zwar haben Branche und Betriebe das Problem schon vor geraumer Zeit erkannt, Ansätze für Lösungen und initiierte Gegenmassnahmen haben bisher aber noch zu wenig gefruchtet. Ein Hauptgrund für die nach wie vor unbefriedigende Situation sei, dass die Beteiligten ihre Anstrengungen bislang zu wenig koordiniert hätten, erklärt Patrick Frutig, Präsident des Dachverbands Netzelektriker (DVNE). So würden Unternehmen, die Netze bauen und betreiben, ihren Bedarf nach Nachwuchskräften im Bereich Netzelektrik mit individuellen Marketing- und Rekrutierungsmassnahmen zu decken suchen. «Das führt zur paradoxen Situation, dass bei Berufsmessen mitunter ein Unternehmen, das Netzelektriker sucht und ausbildet, ebenso präsent ist wie beispielsweise das Netzelektriker-Forum

Um die tatsächlichen Bedürfnisse in der Branche konkret abzufragen und allfällige Massnahmen zu koordinieren, fand im vergangenen Herbst erstmals ein Runder Tisch statt. Erfreulicherweise hätten alle Involvierten an diesem Workshop teilgenommen, sagt Patrick Frutig. «Von den Branchen- und Berufsverbänden über Chefexperten, Dozenten und Berufsbildungsverantwortlichen bis zu Arbeitgebervertretern sind alle gekommen. Das ist ein starkes Zeichen, dass die Bekämpfung des Fachkräftemangels ein grosses Anliegen ist.»

Fokus auf Berufsmarketing

«Wir stellten uns die Frage, wie wir diesen Beruf bekannter machen können. Weil das dafür nötige Berufsmarketing nicht in die Zuständigkeit einer bestehenden Organisation oder Arbeitsgruppe fällt, soll eine entsprechende Projektorganisation aufgebaut werden.» Dafür müsse die Branche ihre Mittel und Ressourcen bündeln, Kampagnen mit Wirkung initiieren und diese dort ausspielen, wo sie ihr Zielpublikum erreichen.

Ausserdem brauche es dafür «frische» Manpower, also Personen, die noch nicht in anderen Gremien oder Gruppen im Einsatz stehen, denn «die bereits engagierten Netzelektrikerinnen und Netzelektriker haben kaum freie Ressourcen, um ein solches Projekt zum Fliegen zu bringen». Und auch dann werde es ohne professionelle Hilfe nicht gehen. «Es ist klar, dass wir hierfür mit einer Agentur zusammenarbeiten müssen.»

Ein einmaliger Runder Tisch reicht selbstredend nicht aus, um einen seit mehreren Jahren bestehenden Missstand zu beheben. Deshalb ist für November eine Fortsetzung vorgesehen. Insgeheim hoffe Patrick Frutig, dass bis dann bereits ein Projekt bestehe. Das sei ein ambitioniertes Ziel, «aber als Dachverband werden wir die Entwicklung mit unserem Know-how und als Ideen-Lieferant unterstützen».