Yes we can, ABER… 

Mit der neusten VSE-Studie «Energiezukunft 2050» ist es wissenschaftlich belegt: wir können die Energie- und Klimaziele erreichen und dabei erst noch die Energieversorgung sicherstellen. Doch der Weg dorthin ist steinig und ungewiss…
14.12.2022

Kürzlich war in einer grossen Schweizer Zeitung mit Blick auf die Stromversorgungssicherheit im Winter zu lesen, dass Erdöl «die letzte Verteidigungslinie der Zivilisation» sei. Echt jetzt? Bleibt uns nichts anderes übrig, als fossile Energien zu verbrennen im Wissen, dass wir damit nicht die Zivilisation retten… sondern vielmehr ihre Existenzgrundlagen weiter zerstören werden? 

Defätismus wird uns nicht voranbringen wir schauen lieber mit Tatendrang in die Zukunft. Nun gibt es eine gute und eine weniger gute Nachricht. Die gute zuerst: Seit den am 13. Dezember 2022 kommunizierten Ergebnissen unserer Studie «Energiezukunft 2050» wissen wir auf wissenschaftlicher Basis, dass wir die Energie- und Klimaziele erreichen und dabei erst noch die Versorgung sicherstellen können. Die weniger gute Nachricht ist, dass uns dies nicht in den Schoss fallen wird. Die Studie Energiezukunft lässt keine Zweifel offen: Mit den heutigen Rahmenbedingungen wird es nicht gelingen. Unabhängig des Szenarios kann die Versorgungssicherheit nur gewährleistet werden, wenn wir nicht nur ein wenig, sondern massiv viel mehr machen – und zwar von heute auf morgen und über mehrere Jahrzehnte.  

Die Versorgungssicherheit kann nur gewährleistet werden, wenn wir massiv viel mehr machen – und zwar von heute auf morgen und über mehrere Jahrzehnte.

Was heisst dies nun konkret? In erster Linie, dass die Versorgungssicherheit oberste Priorität und ein nationales Interesse sein muss, auch wenn es um die Abwägung gegen Umwelt- und Landschaftsschutzanliegen geht. Der Ausbau aller inländischen Erneuerbaren muss wirklich vorwärtskommen, um eine noch höhere Abhängigkeit von Stromimporten zu verhindern. Trotzdem soll die Schweiz nicht zu einer autarken Insel werden, denn das wäre volkswirtschaftlicher Wahnsinn. Für einen effizienten Energieaustausch mit den Nachbarn braucht es aber ein Abkommen mit der EU – dies hilft bei der Gewährleistung der Netzstabilität und vereinfacht zukünftige Strom- und Wasserstoffimporte. Schliesslich braucht es einen Paradigmenwechsel von einer Strom- hin zu einer Energieversorgungsgesetzgebung, welche die Sektorkopplung berücksichtigt – und die Etablierung von Flexibilitäts- und Effizienzmärkten. 

Unser Fazit: Yes we can! Aber wir müssen nun auch den Zubau massiv beschleunigen, die Effizienz deutlich steigern, die Netze um- und ausbauen und mit unseren europäischen Nachbarn zusammenarbeiten.  

Sollen wir also das Schicksal unserer Zivilisation in die Hände des Erdöls legen oder es selbst in die Hand nehmen? Wir haben die Wahl. 


Die politische Feder

Unter der Rubrik "Die politische Feder" veröffentlicht Dominique Martin, Bereichsleiter Public Affairs des VSE, regelmässig Kommentare und Einschätzungen zu energiepolitischen Themen. 

Energieversorgung der Schweiz bis 2050
«Energiezukunft 2050»
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