Solar- und Wasserkraft als “Dream Team”

Solaranlagen in den Bergen produzieren im Winter besonders effizient. Doch auch der Widerstand gegen solche Anlagen ist gross. Die erste hochalpine PV-Grossanlage löst diesen Zwiespalt.
09.11.2020

Die Energiestrategie 2050 sieht das Auslaufen der Kernkraftwerke vor. Bis dahin muss die Schweiz ihre erneuerbare Stromversorgung im Winter sicherstellen. Mindestens 80 Prozent des Verbrauchs in der kalten Saison sollten wir durch Eigenproduktion decken. Solarmodule arbeiten in den hochalpinen Regionen der Schweiz besonders effektiv, weil die Sonneneinstrahlung höher als im Mittelland ist – und neben geringeren Außentemperaturen der reflektierende Schnee ein Plus an Sonnenstromausbeute begünstigt.

Mit den über 1200 PV-Modulen kann pro Jahr Naturstrom produziert werden, der den jährlichen Strombedarf von ca. 210 Stadtzürcher Haushalten decken würde.

Dieser Effekt kann so stark sein, dass auf 10 Lichtteilchen, welche die Solarzelle treffen, noch einmal 9 vom liegenden Schnee reflektierte dazukommen. Ausserdem ist die Kälte ideal für die Photovoltaik: Die Effizienz von PV-Anlagen steigt nämlich mit sinkenden Aussen- und somit Modultemperaturen. Gemäss einer Studie der Universität St. Gallen würden grundsätzlich 64 Prozent der Bevölkerung solchen Projekten zustimmen. Viele Präzedenzfälle au der Windkraft zeigen allerding, dass die Stimmung im konkreten Fall rasch umschlagen kann.

Nicht neu bauen, sondern bestehende Struktur nutzen 
Das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (ewz) hat auf der nach Süden ausgerichteten Wasserseite der Staumauer Albigna im Bergell die erste Photovoltaikanlage auf einer Staumauer im hochalpinen Gebiet realisiert – auf rund 2’100 Metern über Meer. Mit den über 1’200 Photovoltaikmodulen mit einer Gesamt-leistung von 410 Kilowatt Peak (kWp) können pro Jahr rund 500 Megawattstunden Naturstrom produziert werden. Dies entspricht dem jährlichen Strombedarf von ca. 210 Stadtzürcher Haushalten. Rund die Hälfte der Stromproduktion dieser Anlage wird im Winter anfallen und – trägt somit zur Versorgungssicherheit in dieser Jahreszeit bei. «Wir haben die massgebenden Vorschriften der Elektrizitätsgesetzgebung, der Raumplanung, des Umweltschutzes sowie des Natur- und Heimatschutzes eingehalten», sagt Thomas Jeiziner, Mediensprecher bei EWZ. «Neben der 60-jährigen Staumauer können wir aber noch weitere Synergien nutzen. So ist der Netzanschluss bei der Staumauer Albigna bereits vorhanden, und die ganzjährige Verfügbarkeit von eigenem Personal vereinfacht allfällige Wartungsarbeiten.» Dazu der Geschäftsführer der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, Raimond Rodewald: «Wenn man diese Anlagen an Staumauern oder auf Seen errichtet – oder anderen bestehenden Bauten – dann ist das eine gute Sache, die wir unterstützen.» Für die Beschaffung des Materials wurden möglichst nahegelegene Lieferanten gewählt. Die Kabel, Kanäle und Montagebleche sind aus der Schweiz, die Solarmodule und Wechselrichter kamen aus Deutschland und die Profile aus der nahegelegenen Lombardei. Einzig die in den Modulen verbauten Solarzellen stammen aus Fernost, dem Mittelpunkt der Solarindustrie. 

Neben den Bündner Stakeholdern bezog ewz auch die Stromkunden ins Projekt ein. ewz-Kundinnen und Kunden können ½, 1, 3 oder 5 Quadratmeter bestellen – und damit einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz sowie zur Energiewende leisten. Das Unternehmen erwartet, dass das Beteiligungsmodell ewz.solargrischun auf grosses Interesse stösst und damit die Flächen sehr rasch ausverkauft sein werden. «Solar Albigna ist ein Leuchtturmprojekt, aber auch der Startpunkt, um weitere PV-Projekte an eigenen Standorten und bei Partnerwerken im alpinen Raum vertiefter abzuklären», sagt der aktuelle ewz-Direktor Benedikt Loepfe.

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