Equigy: Balance im Stromnetz, dank raffinierter Vernetzung

Mit der Crowd Balancing Platform «Equigy» lanciert Swissgrid ein Pilotprojekt in der Schweiz, das auf den Einsatz von Speichertechnologien im Bereich der Primärregelenergie abzielt. Was steckt dahinter? Wir haben mit Marek Zima, Head of Research & Digitalisation, gesprochen.
12.05.2020

Herr Zima, welchen Herausforderungen stellt sich Equigy?

Marek Zima: Die Energiewelt verändert sich auf der Angebots- und auf der Nachfrageseite gerade dramatisch. Doch Sonnen-, Wasser- und Windenergie sind stark abhängig von Wetter, Tages- und Jahreszeit.  Zudem ist auch der Energiekonsum einer tiefgreifenden Veränderung unterworfen. Durch die Verbreitung von Elektroautos, Wärmepumpen und anderen verbraucherbasierten Geräten steigt die Stromnachfrage – und die Peak Zeiten der Stromnutzung verschieben sich. Die Volatilität nimmt zu.

Damit die Übertragungsnetzbetreiber in Zukunft bestmöglich einen Ausgleich gewährleisten und regeln können, sind deshalb neue Quellen erforderlich, die zur Flexibilität in Produktion und Speicherung beitragen.

Und Equigy kann diese optimal nutzen helfen?

Wir müssen kurz ausholen: Bei einem Ungleichgewicht von Produktion und Verbrauch setzt der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) Regelenergie ein. Diese stellt eine Reserve dar, die Kraftwerke im Auftrag der Übertragungsnetzbetreiber bereithalten – und die kurzfristig abgerufen werden kann.

Equigy ermöglicht mittels Blockchain-Technologie die Einbindung von kleinen, dezentralen Einheiten, beispielsweise Heimbatteriespeichern, Photovoltaik-Anlagen, Kleinwasserkraftwerken, Wärmepumpen oder sogar Elektroautos, in diesen Regelenergiemarkt. Besitzerinnen und Besitzer solcher kleiner Einheiten können ihre Kapazitäten (mittels Aggregatoren) den Übertragungsnetzbetreibern zur Netzstabilisierung zur Verfügung stellen.

Eine zukunftsträchtige Sache, weil der Trend Richtung Dezentralisierung zeigt?

Eine Vielzahl kleiner Flexibilitätsressourcen ist grundsätzlich viel schwieriger zu verwalten als einige wenige grosse Kraftwerke. Genau hier setzt die Crowd Balancing Platform Equigy an: Sie integriert neue Akteure und Technologien in die Elektrizitäts-Wertschöpfungskette – und erleichtert den Datenaustausch zwischen den Beteiligten.

Equigy kann mit Hilfe der Blockchain-Technologie eine grosse Anzahl kleiner Energie-Transaktionen validieren und so eine einzige, unveränderliche und sichere Datenquelle schaffen, von der alle Parteien profitieren können. Blockchain-Technologie ist geeignet für die zuverlässige Bereitstellung umweltfreundlicher Regelenergie für die Übertragungsnetzbetreiber.

Wird auch mit anderen kooperiert?

Ja, das System ist nicht exklusiv, es kann in die bestehenden Prozesse zur Netzstabilisierung integriert werden. Die Technologie und Software sind «open source» und werden kostenlos zur Verfügung gestellt, um die Entwicklung sekundärer Applikationen in der Energie-Wertschöpfungskette zu fördern.

Das Projekt stösst in der Schweiz auf grosses Interesse. Mehrere Partner haben ihr Interesse an einer Teilnahme bekundet. Equigy wird jetzt lanciert, das Pilotprojekt zur Erprobung der Technologie läuft bis Ende 2020.