2021: Einen Schritt vorwärts und zwei zurück

Ein Stromabkommen ist in weite Ferne gerückt, das minimale CO2-Gesetz scheitert an der Urne, der Ausbau der Erneuerbaren verläuft noch immer schleppend. Das vergangene Jahr bedeutete in vielerlei Hinsicht Rückschritt. Die Richtung in die Zukunft ist klar. Der Jahresrückblick von VSE Direktor Michael Frank.
03.01.2022

Lässt man das Jahr Revue passieren, scheint es leider, wir hätten einen Schritt vorwärts und zwei zurück gemacht. Es begann mit dem Scheitern des Rahmenabkommens im Mai. Damit verbunden, sind die letzten Hoffnung auf ein Stromabkommen gestorben. Dabei ist allen klar, dass eine möglichst effiziente und hindernisfreie Kooperation mit der EU für die Schweiz absolut zentral ist. Das fehlende Abkommen führt zu gravierenden Systemrisiken, hohen Kosten für die Schweizer Stromkonsumentinnen und -konsumenten und wirkt sich negativ auf die Importfähigkeit, die Netzstabilität und damit auf die Versorgungssicherheit der Schweiz aus.

Dann fand im Juni das revidierte CO2-Gesetz, für das sich der VSE stark engagiert hat, knapp keine Mehrheit in der Bevölkerung. Ein halbes Jahr später hat der Bundesrat eine neue Vorlage in die Vernehmlassung geschickt. Es stellt sich die Frage, was diese noch an Wirkung erzielen kann, wenn sie mehrheitsfähig sein soll.

Es fehlt am Willen aller beim Ausbau der Erneuerbaren

Vorwärts geht's auch weiterhin beim Ausbau der Erneuerbaren nur schleppend. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir uns wegen der zunehmenden Auflagen sogar eher rückwärts bewegen. Im besten Fall kommen wir im Schneckentempo vorwärts. Die Technologien, die es braucht, sind zwar bekannt, auch das Kapital wäre vorhanden. Aber es fehlt am Willen aller, am gleichen Strick zu ziehen und die Projekte auch umzusetzen.

Ein gutes Klima braucht unbedingt alle Erneuerbaren, jede Kilowattstunde zählt. Partikularinteressen dem Klima und damit uns allen überzuordnen, bringt uns nicht weiter und schadet letztlich wiederum nur dem Klima. Wir brauchen hier und jetzt einen massiven Ausbau inländischer erneuerbarer Stromproduktion. Gut ist: Die Dringlichkeit, beim Ausbau der inländischen Erneuerbaren vorwärtszumachen, ist mittlerweile allen klar.

Versorgungssicherheit steht endlich im Fokus

Die strukturellen Probleme, die sich durch das fehlende Stromabkommen, den schleppenden Ausbau der Erneuerbaren und den gleichzeitig steigenden Strombedarf durch Elektrifizierung abzeichnen, sind offensichtlich. So steht die Versorgungssicherheit, insbesondere im Winter, in Politik und Gesellschaft endlich im Fokus. Die in den laufenden Gesetzesrevisionen geplanten Massnahmen, insbesondere Investitionsanreize, Winter-Speicherwasserzubau und Energiereserven, sind denn auch richtig, werden aber allein nicht ausreichen.

Der VSE hat jetzt, zum Jahresabschluss, eine Roadmap mit über 40 Massnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erstellt, die aus seiner Sicht notwendig sind, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Herausforderungen sind riesig, der Handlungsbedarf zur Verbesserung der Stromversorgungssicherheit ist dringend. Grosse Schritte vorwärts kommen wir nur in einem engen Zusammenspiel aller relevanten Akteure und einem Ende der Blockaden beim Ausbau der Erneuerbaren. Wir müssen jetzt losmarschieren. Die Richtung ist klar.