WKK-Anlagen – schon bald wesentlicher Teil der Energiestrategie?

Am Energieforum des Fachverbands POWERLOOP diskutierten Branchenmitglieder über das Potenzial dezentraler Energiesysteme, und welchen Stellenwert WKK-Anlagen in der Stromversorgung der Zukunft spielen.
18.11.2021
Diskutieren über die Energieversorgung der Zukunft (v.l.): Roger Nordmann (SP-Fraktionschef), Urs Meister (Geschäftsführer ElCom), Jürg Grossen (GLP-Präsident), Michael Frank (VSE Direktor) und Konstantinos Boulouchos (Prof. em. ETH Zürich), Kurt Lüscher (Geschäftsführer POWERLOOP, Moderation).

Wie können dezentrale Energiesysteme zur Stromversorgung beitragen und Strommangellagen verhindern? Diesen Fragen widmete sich das Energieforum des Fachverbands POWERLOOP, das am 10. November im Berner Bierhübeli stattfand. Motto des Netzwerk-Anlasses: «Mit WKK und Power-To-Gas in Richtung Netto-Null». Dabei erhielten auserwählte Projekte aus der Branche eine Plattform, die auf diesen Technologien basieren. So unterschiedlich die einzelnen Beispiele seien, sie verdienten laut dem Fachverband allesamt die Prädikate umweltfreundlich, innovativ und wirtschaftlich.

Höhepunkt des Forums war eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion, an der auch VSE Direktor Michael Frank teilnahm. Die Diskussion drehte sich einerseits darum, was nun geschehen müsse, damit die Energiestrategie tatsächlich bis 2050 realisiert werden kann. Die Teilnehmenden aus Politik, Branche und Wissenschaft waren sich einig, dass die Schweizer Energiepolitik nicht in einer Sackgasse steckt, aber jetzt die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen und Massnahmen eingeleitet werden müssen. «Wissen, Technologie und Kapital ist vorhanden, um vorwärtszumachen. Wir können uns dieses Partikularinteressendenken nicht mehr leisten. Alle, die zusammen für die Versorgungssicherheit verantwortlich sind, müssen in die gleiche Richtung gehen», so die Einschätzung von Michael Frank.

WKK-Anlagen als Backup-Lösung

Ebenfalls Gegenstand der Diskussionsrunde – und von dieser wohlwollend aufgenommen – wurde der Vorschlag von POWERLOOP, um Strommangellagen zu verhindern. Passend zum Motto des Forums basiert das Backup-Modell auf der Power-To-Gas und der Wärme-Kraft-Koppelung (WKK). Der Lösungsansatz sieht mehrere hundert dezentrale Gaskraftwerke vor, die zentral gesteuert und bei Bedarf eingesetzt werden können. Da sie gleichzeitig Wärme und Strom produzieren, sind sie besonders geeignet, zur Versorgung in der kälteren Jahreszeit und zur Netzstabilität beizutragen. Bei Vollausbau – rund 2'000 kleine WKK-Anlagen – könnte die dereinst wegfallende Kernenergie kompensiert werden. 

Bilden Gaskraftwerke also schon bald einen wesentlichen Pfeiler der Energiestrategie? Der Bund prüft zumindest diese Möglichkeit und lässt ein Konzept erarbeiten. Gut möglich, dass das Backup-Modell von POWERLOOP bei diesen Überlegungen eine Rolle spielt und in irgendeiner Form von der Politik aufgenommen wird. 


Wie schätzt der VSE den POWERLOOP-Vorschlag ein?

Michael Frank: Um die Energiestrategie voranzutreiben, braucht es zentrale und dezentrale Kraftwerke. Dezentrale WKK-Anlagen sind schneller realisiert als grosse Gaskraftwerke, und sind zudem auch schneller rückgebaut – oder werden dereinst mit alternativen, grünen Gasquellen funktionieren. WKK-Technologien haben einen hohen Wirkungsgrad, weil sie sowohl Wärme in Verbindung mit einem Wärmenetz wie auch Strom produzieren. Im Winter sind wir am meisten auf zusätzlichen Strom angewiesen und benötigen auch durchgehend Wärme. Deshalb denke ich, müsste man den Vorschlag eher als Produktionsmodell denn als Backup-Modell prüfen. Idealerweise erreichen wir die Energieziele jedoch ohne Anlagen, die zumindest kurz- und mittelfristig noch mit fossilem Brennstoff befeuert werden müssen.