Energiepolitische Themen haben Hochkonjunktur – das zeigt die lange Liste, die BFE-Direktor Benoît Revaz am 11. November 2024 präsentiert. Am VSE Anlass «Top-Themen der Energiepolitik 2024» im Hotel Gotthard in Zürich gibt Revaz Einblick in die Themen, die das BFE aktuell auf Trab halten. Die Umsetzung des Stromgesetzes, das am 9. Juni 2024 vom Volk angenommen wurde, gibt viel zu tun: Im Rahmen der Verordnungen, die gestaffelt in zwei Paketen in Kraft treten werden, müssen Fragen rund um Effizienzvorschriften, die Weiterführung der Wasserkraftreserve, Netztarifierung u.v.m. geklärt werden. Damit aber nicht genug: Das BFE arbeitet an einer Beschleunigung der Planungs- und Bewilligungsverfahren für die Stromnetze sowie an einer Nachfolgeregelung für den Rettungsschirm für systemrelevante Stromfirmen und es verhandelt Verträge für Reservekraftwerke. Darüber hinaus ist die Behörde bei den Verhandlungen mit der EU über ein Stromabkommen dabei und bereitet dessen innenpolitische Umsetzung vor. Mit der Entwicklung einer Wasserstoffstrategie will sie zudem den Weg für die zukünftige Entstehung einer Wasserstoffwirtschaft in der Schweiz und eine Anbindung an entsprechende europäische Märkte und Infrastruktur ebnen.

Was auf den ersten Blick wie eine trockene Materie wirken mag, steckt tatsächlich voller Emotionen. So reagiert das Publikum denn auch mit kritischen Fragen. Eine davon dreht sich beispielsweise um den netzdienlichen Einsatz von Batterien und die Grenzen der Sinnhaftigkeit des Unbundlings. Aber auch die Änderung der Methodik zur Bestimmung der Verzinsung des in die Netze investierten Kapitals (Weighted Average Cost of Capital, WACC) und die Botschaft, die mit dieser Änderung hinsichtlich langfristiger Investitionssicherheit vermittelt wird, werden kritisch hinterfragt. Revaz stellt sich den Fragen offen und nimmt die Denkanstösse als Hausaufgabe fürs BFE mit. Und er beruhigt in Bezug auf die Gerüchte über eine Abkopplung des Stromabkommens aus dem Paketansatz des Bundes: «Wir verlieren keine Sekunde mit Überlegungen über solche Spekulationen.»
Vertrauen in die Regierung stärken
Bevor die Diskussion im Podium weitergeführt wird, liefert Urs Bieri, Co-Leiter von gfs.bern, einen Einblick in die Wahrnehmung der Schweizer Bevölkerung von und ihre Einstellung zur Politik. Was dabei besonders hervorsticht, ist das abnehmende Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung. Im Langzeitvergleich steht dieses aktuell auf dem tiefsten Stand seit 2019. Vor dem Hintergrund grosser Ziele wie Versorgungssicherheit und Klimaneutralität ist damit auch die Energiepolitik gefordert, die Bürgerinnen und Bürger auf dem Weg der Veränderung mitzunehmen und das Vertrauen in die getroffenen Massnahmen zu stärken. Bezogen auf die Verhandlungen mit der EU scheint die Grundstimmung gemäss Bieri aktuell zwar tendenziell positiv, die Befragten sehen die Vorteile daraus jedoch eher in der Wirtschaft als bei sich selbst.
Netz und Produktion: jetzt handeln!
Das Spannungsfeld zwischen individuellem Nutzen und Vorteilen für die Allgemeinheit ist auch in der Podiumsdiskussion ein wichtiges Thema, sei es bei den Kosten des Stromnetzes, dem Beschwerderecht oder ebenfalls beim Stromabkommen. Ständerat Stefan Engler sowie Nationalratsmitglieder Aline Trede, Christian Wasserfallen und Benjamin Giezendanner stellen sich den brennenden Fragen der Energiepolitik von Dominique Martin, Leiter Public Affairs des VSE. Sie vertreten in einer lebhaften Diskussion unterschiedliche Ansichten – insbesondere zur zukünftigen Rolle der Kernkraft im Schweizer Strommix gehen die Meinungen diametral auseinander – und doch finden sich immer wieder gemeinsame Nenner. Klar ist: Ohne Massnahmen im Stromnetz – vom intelligenten Betrieb über dynamische Tarifierung bis hin zum Ausbau – sind Versorgungssicherheit und Klimaneutralität nicht zu haben. Auch dass die Schweiz mehr inländische Stromproduktion braucht, ist unbestritten, obwohl über die richtige Technologie kein Konsens herrscht. Und die Parlamentsmitglieder sind sich einig: Sowohl beim Produktionsausbau als auch beim Netz müssen wir jetzt rasch vorwärts machen.