Jetzt Verantwortung übernehmen

Der 20. Oktober 2019 geht als historischer Wahltag in die Politikgeschichte der Schweiz an: als Tag der Klimawahl. Die Verschiebungen im Parlament sind grösser, als es auch die mutigsten Prognosen hätten vermuten lassen.
28.11.2019

Hier und heute liegen aus Sicht der Energiepolitik entscheidende Themen auf dem Tisch: von Gedanken zur Versorgungssicherheit über Fördermassnahmen für Erneuerbare bis zum Netto-null-Ziel des Bundes.

Doch in der Energiepolitik hat sich die Schweiz bereits zwei Jahre zuvor an der Urne für einen Richtungswechsel entschieden: Am 17. Mai 2017 sagte das Land JA zur Energiestrategie 2050. Die deutlichste Zustimmung gab es im Kanton Waadt, wo fast 75% der Stimmberechtigten für eine andere Energiezukunft votierten. Bis heute rotiert dort aber nicht ein einziges Windkraftwerk – obwohl der Kanton ideal wäre für die Windkraft. Die Pläne für acht Windräder im «Bois du Jorat» bestehen zwar schon, seit 2007, dem Beginn eines beispiellosen Einsprache-Marathons. Bald einmal darf sich das Bundesgericht mit der Sache beschäftigen.

Die Schweden gehen um einiges zielstrebiger vor: Um die dereinst grösste europäische Batteriefabrik nahe der Stadt Skelleftea mit den nötigen Rohstoffen beliefern zu können, planen sie Minen und Gruben zur Förderung von Seltenerdmetallen und Vanadium. Rohstoffe, die sonst in der dritten Welt unter prekären Arbeits- und Umweltbedingungen gefördert werden. Denn bei der Abkehr von fossilen Energieträgern, so ein allgemeiner politischer Konsens im Norden, kann es nicht rasch genug gehen. Das Projekt stösst indes auf Widerstand. Die Grüne Partei reibt sich am Dilemma, wie weit Klimaschutz und Elektrifizierung andere Themen wie den Landschaftsschutz überlagern sollten.

In der Schweiz stehen viele Standorte für erneuerbare Produktion zur Verfügung, bei denen der Zubau verhindert wird. Nicht nur Windkraftwerke sind Stein des Anstosses, auch Erhöhungen von Staumauern werden verhindert und Netzprojekte auf die lange Bank geschoben. Diese Blockadepolitik hat keine Zukunft. Im schlechtesten Fall werden wir weiterhin fossile Energie aus dem Ausland importieren müssen. Ich bin überzeugt, dass wir heute Verantwortung für unsere Energiewende übernehmen müssen. Dazu gehört, Erneuerbare selbst zu produzieren, wenn wir dazu in der Lage sind. Sonst bleibt die Energiestrategie eine reine Vision.

Michael Frank, Direktor VSE