Der Mantelerlass muss rasch zum Abschluss kommen – drei wesentliche Anpassungen würden ihn noch besser machen

Mit dem Mantelerlass steht das Parlament kurz davor, ein Gesetz zu verabschieden, das wichtige Weichen stellt für eine sichere Versorgung der Schweiz mit erneuerbarer Energie. Eine zeitnahe Verabschiedung ist zentral, die Vorlage darf nicht durch Partikularinteressen gefährdet werden. In drei wesentlichen Punkten kann es noch besser werden: Die Durchschnittspreismethode ist kein Zukunftsmodell, das Effizienzmodell muss pragmatisch angepasst und auf die Liberalisierung des Messwesens muss verzichtet werden.
16.06.2023

Der Mantelerlass, das Bundesgesetz für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, über das als nächstes im Prozess der Differenzbereinigung wieder die UREK-N berät, setzt wichtige Akzente und stellt richtige Weichen für einen schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Stärkung der Stromversorgungssicherheit und den weiteren Weg hin zur Erreichung der Klimaneutralität. Das Gesetz muss nun rasch in trockene Tücher gebracht werden und darf nicht durch zusätzliche ideologische Partikularinteressen, die das Fuder überladen, gefährdet werden. Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE unterstützt eine kompromissbereite und pragmatische Haltung und sieht in drei Bereichen noch wesentlichen Anpassungsbedarf.

Durchschnittspreismethode muss aufgehoben werden

Die Durchschnittspreismethode führt in jeder Marktsituation zu Quersubventionierungen bzw. Wettbewerbsverzerrungen. Der VSE unterstützt deshalb die vom Nationalrat beschlossene Aufhebung dieser Methode und fordert stattdessen, dass die Beschaffung für die Grundversorgung von den Marktsegmenten getrennt wird.

Mit der Durchschnittspreismethode werden die Beschaffungsportfolios in einen Topf geworfen. Dies widerspricht dem Willen des Gesetzgebers nach einer Teilmarktliberalisierung sowie nach stabilen Preisen und Schutz vor hoher Volatilität für die Kunden in der Grundversorgung: Die Durchschnittspreismethode zielt nicht auf den Schutz der grundversorgten Kunden, sondern darauf, diese an den Möglichkeiten des Marktes partizipieren zu lassen – in guten wie in schlechten Zeiten. Die Pflicht zur Bildung eines Durchschnittspreises über alle Kundensegmente verunmöglicht es zudem, auf die Marktkunden zugeschnittene Angebote zu machen.

Der Ansatz des Nationalrats, die Grundversorgung aus erneuerbarer inländischer Eigenproduktion und langfristiger oder risikoarmer Beschaffung zu beliefern, ist richtig. Für den VSE geht es zu weit, die gesamte Eigenproduktion in die Grundversorgung absetzen zu müssen. Es soll vielmehr ein Anteil Eigenproduktion an der Grundversorgungsenergie verpflichtend sein, der nicht mehr als 50% betragen soll. Sofern nicht genügend Eigenproduktion vorhanden ist, ist der verpflichtende Anteil durch langfristige (d. h. mit einer Laufzeit ≥ 3 Jahre) oder risikoarme Beschaffung zu decken. Darüber hinaus soll die Energie am Markt beschafft werden können, um insbesondere die unvermeidlich auftretenden Abweichungen von Produktion und Verbrauch auszugleichen.

Die ElCom will an der Durchschnittspreismethode festhalten und sogar die optionale Priorisierung von Eigenproduktion in der Grundversorgung aufheben. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Aufsichtsbehörde so stark an einer Methode festhält, die wie oben aufgezeigt gravierende Nachteile aufweist, sich entsprechend als nicht resilient erwiesen hat und, wie die jahrelangen gerichtlichen Verfahren deutlich aufzeigen, zu hoher Unzufriedenheit bei den unterschiedlichen Kunden und bei den Versorgern geführt hat. Eine Ablösung der Durchschnittspreismethode durch eine Regelung, welche die Portfolios für die Kundensegmente trennt und für die Grundversorgung eine möglichst risikoarme Beschaffung vorgibt, ist der richtige Weg.

Effizienzmassnahmen pragmatisch verstärken

Die Effizienz kann und muss für die Versorgungssicherheit einen essenziellen Beitrag leisten. Es existieren bereits Instrumente, um diesen Beitrag zu vergrössern. Diese müssen weiterentwickelt werden, statt neue einzuführen. Das vom Nationalrat vorgeschlagene Effizienzmodell konkurrenziert die bestehenden Instrumente, statt sie aufzuwerten.

Der VSE befürwortet deshalb ein von der Branche vorgeschlagenes pragmatisches Modell, das alle Verteilnetzbetreiber in die Pflicht nimmt, in ihrem Netzgebiet Effizienzmassnahmen umzusetzen, und auch für die zahlreichen kleinen Energieversorgungsunternehmen anwendbar ist. Das Modell bedarf keiner langen Übergansfrist und integriert die funktionierenden kantonalen und kommunalen Programme. Es ist einfach steuerbar, sodass insbesondere die Kosten stets unter Kontrolle gehalten werden können, behandelt alle Kunden gleich und stellt sicher, dass auch in ländlichen Regionen Effizienzmassnahmen angeboten werden.

Bessere Datenverfügbarkeit geht auch ohne Liberalisierung des Messwesens

Eine Liberalisierung des Messwesens wäre für das Gesamtsystem kostentreibend, unverhältnismässig und kontraproduktiv. Da Verantwortlichkeiten auseinandergerissen und neue Schnittstellen geschaffen würden, bedürften diese und die Sicherstellung der Datensicherheit einer umfangreichen Re-Regulierung. Der Ständerat hat dies erkannt und die Liberalisierung des Messwesens abgelehnt.

Für die Umsetzung von lokalen Elektrizitätsgemeinschaften oder anderen innovativen dezentralen Ansätzen ist eine Liberalisierung des Messwesens absolut nicht notwendig. Hingegen muss der Datenzugang gewährleistet werden. Die Grundlage dafür wird mit dem Smart-Meter-Rollout geschaffen, der im vollen Gang ist und mit dem Mantelerlass weiter forciert wird. Verschiedene im Mantelerlass neu eingefügte Bestimmungen stellen zudem den Zugriff auf Echtzeitdaten am Smart Meter sicher.

Paradoxerweise würde eine Liberalisierung des Messwesens dem Smart-Meter-Rollout schaden, da sie ganz allgemein bei der Digitalisierung der Netze grosse Unsicherheiten schafft. Dies läuft den Zielen des Mantelerlasses und einer sicheren erneuerbaren Energieversorgung zuwider.