Windkraft am Gotthard: Die Arbeit hinter den Kulissen

Fünf imposante Windturbinen werden bald auf dem Gotthard die Blicke auf sich ziehen. Doch ebenso eindrücklich sind die Massnahmen, die in dem Projekt umgesetzt wurden, um dem Natur- und Landschaftserhalt Rechnung zu tragen.
21.09.2020

Viel Wind, Strassenzufahrten, vorhandene Leitungen: Die mythischen Höhen des Gotthards bieten beste Voraussetzungen, damit im November 2020 fünf stolze Rotoren mit 100 Metern Nabenhöhe ihre Stromproduktion einspeisen können. Zusammen haben dann sie eine installierte Leistung von 11,75 Megawatt, was einem kleinen Wasserkraftwerk entspricht – und liefern 16 bis 20 Gigawattstunden Strom. «Wir brauchen nur fünf Standorte von wenigen Quadratmetern und produzieren so viel Strom, wie sämtliche rund 4000 Haus-halte in der Leventina und im Bleniotal im Jahr verbrauchen», sagt Roberto Pronini, Direktor der Azienda Elettrica Ticinese. Nicht allen Windkraftprojekten der Schweiz ist solcher Erfolg bescheiden – zumal viele davon erbittert bekämpft werden. Der «Parco eolico del San Gottardo» zeigt, wie Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes in die Realisierung der Schweizer Windkraftwerke einfliessen können.

Sanierung, Renaturierung und Prävention
Ein Massnahmenpaket von zehn verschiedenen Arbeiten wurde am Gotthard parallel zum Bau der Windkraftanlagen in die Wege geleitet. Saniert wurden etwa die Materialdeponie «Lac Bench» und der Schiessstand, was auch die Renaturierung des Umlandes nach sich zog. Verschiedene alte Fundamente der früheren Bauten mussten entfernt werden. Rückgebaut und renaturiert wurde zudem der alte Platz beim Werk San Carlo (Tremolastrasse).

Entscheidend ist immer eine sorgfältige, sachliche Abwägung zwischen den Schutzinteressen und der Energiegewinnung.

Moderne Verteilnetzleitungen werden zunehmend im Boden verlegt – so auch die 8 Kilovolt-Freileitung für die Stromversorgung der Staumauer Lucendro, die nun unterirdisch verläuft. Die Massnahme beugt Vogelunfällen vor – und entlastet auch das Landschaftsbild. Der Gotthard ist zwar kein prioritärer Durchflugsort für Zugvögel und Fledermäuse, trotzdem hat das Projektteam zusätzlich ein Radar und zwei «Batrecorder» installiert. So lassen sich die Durchflüge verfolgen – und unter gewissen Konditionen kann die Windanlage abgestellt werden, um die Tiere zu schützen.

Auch dem Schutz der Frösche wird Rechnung getragen: Um deren Sicherheit zu gewährleisten, wurde eine Amphibien-Unterführung gebaut, wie sie an anderen gefährdeten Orten wie bei Autobahnen ebenfalls üblich ist.

«Entscheidend ist immer eine sorgfältige, sachliche Abwägung zwischen den Schutzinteressen und der Energiegewinnung», so Pronini. Das Tessin wolle sich in Zukunft möglichst ganz mit erneuerbarem Strom versorgen. «Der Windpark Gotthard ist der konkrete Beitrag zur Energiewende – und ein Musterfall für den Spagat zwischen Schutz und Nutzung».

- Beitrag auf SRF, 2018

Lesen Sie dazu auch im Bulletin "Der Gotthard-Windpark wird Realität"

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