Wie habt ihr’s mit der E-Mobilität?

News zu Elektromobilität sind ein Dauerbrenner in den Medien. Doch wie steht die Classe Politique zum Thema? Der VSE hat die Diskussion der Parteien am Kongress Elektromobilität 2019 in Bern mitverfolgt.
23.09.2019

Reichweiten über 500 Kilometer, Schnellladen in wenigen Minuten, Preise unter 30'000 Franken: Technisch gesehen werden Elektroautos zunehmend attraktiv für den Massenmarkt. Die Aussicht, dass sie in Zukunft auch als private Batterien funktionieren könnten, macht die «Stromer» noch interessanter. Die Schweizer Politik ist sich indes uneins, ob die Elektromobilität gezielte staatliche Förderung erhalten soll – oder das Thema besser den Kräften des Marktes überlassen wird. Am Kongress Elektromobilität 2019 in der Bernexpo diskutierten Vertreter der SP, SVP, FDP, CVP, GLP sowie der Grünen.

SP, Nationalrätin Edith Graf-Litscher: Grosszügig in die Wende investieren
Für CO2-Emissionen zukompensieren, das reiche nicht, war die Position von Graf-Litscher am Kongress. «Wir müssen nun in die Wende investieren, und zwar grosszügig». Zudem erwähnte die SP-Vertreterin, man habe mit dem partei-eigenen Klima-«Marshallplan» als erste Partei auch wirklich konkrete Massnahmen parat. Gefördert werden könne die E-Mobilität über Beiträge zum Anschaffungspreis, Unterhalt oder zu privaten Ladestationen – auch für Mieter. Der Strom müsse vor allem aus erneuerbaren Quellen stammen. Föderalistisches Denken sei zudem gar nicht mehr angebracht, die Kantone müssten alle am selben Strick ziehen. «Denn der Verkehr wird nicht abnehmen.»

SVP, Nationalrat Manfred Bühler: Keine Subventionspolitik fahren
Bühler zeigte sich am Podium « offen für neue Antriebsarten wie Elektro, Hybrid, Wasserstoff und Erdgas», lehnte aber staatliche Förderung dezidiert ab – ebenso wie Verbote von Benzin- und Dieselmotoren. Positive Anreize wie Steuervergünstigungen und Investitionsabzüge im Bereich erneuerbarer Energie seien einer Subventionspolitik in jedem Fall vorzuziehen. Verbilligungen wie die aktuelle Befreiung von der Mineralölsteuer für E-Auto-Besitzer müssten wieder verschwinden, der Staat solle sich nicht in die Forschung einmischen. «Nur der Markt sollte spielen. Wenn die Politik etwas zur Förderung einer Technologie beschliesst, kann es gut sein, dass diese schon wieder überholt ist, wenn die Fördergelder ankommen.»

FDP, Nationalrat Thierry Burkart: Technologieneutral sein, Potenziale nutzen
Ja, die Elektromobilität geniesse als Technologie eine privilegierte Position, räumte Burkart ein. Doch ein besserer Rahmen für E-Mobilität und gleichzeitig auch effizientere Verbrenner würden sich nicht ausschliessen. Die vom Bund gesteckten Ziele (Roadmap Elektromobilität) seien schlicht unrealistisch und nicht subito erreichbar, angesichts einer Erneuerungsrate von 7 Jahren bei den Autos. «Wir sollten die Elektromobilität im öffentlichen Verkehr stützen, ohne andere Antriebsarten im privaten Verkehr abzuschiessen», so Burkart. Der CO2-Grenzwert der EU (maximal 95g CO2/km) sei derweil anzustreben. «Die Strafzahlungen der Autoverkäufer können dann in einen Klimafonds einbezahlt werden.» Schlecht unterwegs sei die Schweiz nicht, «die CO2-Emissionen sind im Sinken begriffen.»

CVP, Nationalrat Stefan Müller-Altermatt: Mehr Investitionen tätigen
Das Ziel sei klar, so Müller-Altermatt, bis 2050 müsse die Schweiz klimaneutral sein. Der Weg zu diesem Ziel müsse aber auch technologieneutral beschritten werden. «Unser Land besetzt schliesslich einen Spitzenplatz in der Umweltforschung, Mobilitätsforschung und bei den neuen Verkehrstechnologien.» Auch natürlich abbaubare Stoffe und erneuerbare Energien seien Schweizer Spezialitäten. Eine Lenkungsabgabe auf Treibstoffe hält Müller-Altermatt für nicht mehrheitsfähig. Grundsätzlich mangle es betreffend E-Mobilität in der Schweiz noch an Investitionen, dort seien Städte und Gemeinden in der Pflicht.

GLP, Nationalrat Jürg Grossen: Bis 2040 alle mit Erneuerbaren mobil
Auf der Strasse sind bis 2040 sämtliche Fahrzeuge mit erneuerbaren Energien unterwegs: So will es das Parteiprogramm der grünliberalen Partei. Die 95-Gramm-CO2-Vorgabe der EU sei ambitioniert, «aber wer noch grossmotorige Verbrenner will, soll auch dafür bezahlen». Bussgelder der Autoindustrie sieht Grossen nicht für einen Klimafonds vor, sie sollen vielmehr für den Ausbau der Ladeinfrastruktur genutzt werden, gerade auch in Mehrparteiengebäuden. «Zentral ist dabei das intelligente Laden, um das Netz nicht zu überlasten. Wir wollen jedes Gebäude zu einem intelligenten Kraftwerk machen.» Eine umfassende Klimaabgabe auf fossilen Energieträgern schaffe die richtigen Anreize.

Grüne, Nationalrätin Regula Rytz: ÖV und Velo fördern, Mobility-Pricing
«Bereits 2013 haben die Grünen eine Strategie für eine fossilfreie Politik verabschiedet», sagte Rytz zu Beginn der Diskussion. Grundsätzlich sei man nur mit dem Velo umweltfreundlich unterwegs, darum sei auch das Strassennetz nicht weiter auszubauen Die verbleibende Mobilität müsse auf umweltfreundliche Transportmittel – insbesondere Fuss- und Veloverkehr sowie öffentliche Verkehrsmittel – verlagert werden. «Gelder aus dem Klimafonds oder auch dem Strassenfonds könnten dazu genutzt werden», so Rytz. Um die Mobilität insgesamt zu reduzieren, sei möglichst rasch ein Mobility-Pricing für alle Personenwagen einzuführen, das neben Fahrleistung auch den Energieverbrauch berücksichtige.

- Interview zum Thema mit dem Bereichsleiter Netze des VSE
- Roadmap Elektromobilität 2022