Wasserstoff: Das unternehmen Schweizer EVU (Teil 3)

Vom Ölzeitalter zur Wasserstoffwirtschaft? Die grössten EVU der Schweiz rüsten sich für diesen neuen, klimafreundlichen Energieträger. Wir haben bei Axpo, Alpiq und BKW nachgefragt, was in der Pipeline steckt. Heute: Guy Bühler, Head Hydrogen bei Axpo.
04.06.2021

Rolle und Stellenwert von H2 aus Sicht der Axpo

"Wasserstoff ist für die Energiewende ein zentraler Energieträger. Aus erneuerbaren Energien hergestellt, erlaubt er es, deren Produktion vom Verbrauch zu entkoppeln", sagt Guy Bühler, Head Hydrogen bei Axpo. "Zuerst zeitlich, weil man Wasserstoff im Gegensatz zum Strom lagern kann, aber auch geographisch, weil man ihn transportieren kann." Weiter erlaube das Gas die Dekarbonisierung verschiedener, hauptsächlich thermischer Prozesse. "Besonders erwähnenswert ist die Tatsache, dass Sonne und Wind weltweit viel besser verteilt sind als Erdöl." Wasserstoff zu importieren bedeute also nicht, dass man sich in eine Abhängigkeit begebe, sondern dass man die Produktion von erneuerbarer Energie dorthin auslagere, wo sie sinnvoll sei.

In Bezug auf die ES2050 seien vor allem die zwei ersten Argumente relevant. "Zuerst kann die aus Wasserkraft oder Photovoltaik kommende, 'überschüssige' Energie im Sommer für den Winter gelagert werden. Zweitens kann das nach dem Auslaufen der Kernenergie unweigerlich entstehende Energiemanko mit Importen kompensiert werden." Axpo wolle in Bezug auf Wasserstoff in der Schweiz eine führende Rolle einnehmen. Als grösste Produzentin von erneuerbaren Energien werde Axpo dort, wo sinnvoll, Produktionsanlagen erstellen und Wasserstoff produzieren; als international sehr gut vernetzte Händlerin aber auch Wasserstoff aus dem Ausland importieren.

In Bezug auf das Netto-Null-Ziel sei vor allem der Import relevant. "Der Transport, vor allem der Schwertransport, sowie verschiedene Prozesse – wie zum Beispiel die Stahl-, Zement- und Düngemittelproduktion – sind fast nur mit Wasserstoff im vollen Ausmass hinzukriegen", so Bühler. "Axpo wird auch im Ausland, wo ein signifikantes Potential besteht, Produktionskapazitäten aufbauen und optimieren  und so zu diesem Ziel beitragen."

Aktuell hat Axpo ein Projekt beim Kraftwerk Eglisau-Glattfelden angekündigt. Die Wasserstoffproduktionsanlage soll ihren Betrieb voraussichtlich im Herbst 2022 aufnehmen

Konkrete Axpo-Projekte und Ziele

"Aktuell hat Axpo ein Projekt am Kraftwerksstandort Eglisau-Glattfelden angekündigt. Die 2.5-Megawatt-Wasserstoffproduktionsanlage beim Kraftwerk soll ihren Betrieb voraussichtlich im Herbst 2022 aufnehmen  und jährlich rund 350 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren", sagt Bühler. Damit werden über 1,5 Mio. Liter Diesel für den Strassenverkehr eingespart. Weitere Projekte seien in Planung und würden dann kommuniziert, wenn sie spruchreif sind. "Das Tempo wird von verschiedenen Faktoren wie z.B. dem Verbrauchszuwachs getrieben. Das primäre Ziel in der Schweiz ist die Reduktion der Treibhausgase im Transportbereich, zum Beispiel über die Mobilitätsinitiative von Hydrospider", so Bühler. Der Wasserstoff aus dem Kraftwerk Eglisau-Glattfelden wird an Hydrospider geliefert.

Es braucht in der Schweiz wie im Ausland Gesetze, welche die Dekarbonisierung stärker stützen

Konkrete Hindernisse und Herausforderungen beim Thema (grüner) Wasserstoff

"Heute ist die Wasserstoffwirtschaft höchstens in den Kinderschuhen. Es gibt noch wenig Nachfrage, insbesondere, weil grüner Wasserstoff gegenüber konventionellen Alternativen nicht wirtschaftlich ist", erklärt Bühler. Es brauche also in der Schweiz wie im Ausland Gesetze, welche die Dekarbonisierung stärker stützten. "Im Gegensatz zu vielen Ländern hat die Schweiz den Wasserstoff in den gesetzlichen Grundlagen der Energiestrategie 2050 z.B. nicht adressiert. Dabei sind auch die internationalen Standards zu berücksichtigen."

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