Keine Rechnung ohne den Wirt

17.12.2024
Die Photovoltaik hat in diesem Jahr die 10%-Marke am Stromverbrauch geknackt. Und der Zubau geht rasant weiter. Angesichts dieser Good News ist es an der Zeit, sich nun der nötigen Basisinfrastruktur zu widmen – dem Netz.
Landschaft mit Strommast

Nicht nur die grossen, sondern auch die in hohem Tempo steigende Zahl kleiner dezentraler Produktionsanlagen muss ans Netz angeschlossen werden. Damit die Rechnung nicht ohne den Wirt gemacht und der produzierte Strom auch abtransportiert und weiterverteilt werden kann, müssen die Netze verstärkt werden. Der Eroberungszug der Photovoltaik auf unseren Dächern und Fassaden hat somit massive Auswirkungen auf das Stromnetz – und zwar in erster Linie auf der untersten Verteilnetzebene, den Quartierstrassen der Stromnetze. 

Die konkrete Realisierung der Netzprojekte ist indes mit zahlreichen zeitraubenden Hürden konfrontiert. Wie jede andere Baute stehen auch Netzanlagen ausserhalb der Bauzone vor dem schier unlösbaren Problem, die rigiden Vorgaben der Raumplanung, die Schutzanliegen, die Bedürfnisse der Landwirte und letztlich auch die Auflagen an Netzbetrieb und Kosteneffizienz unter einen Hut zu bringen.  

Innerhalb der Bauzone ist es nicht viel besser. Die Schweiz ist weitgehend gebaut, so dass Lösungen für die Infrastruktur in den bestehenden, dicht besiedelten Gebieten nur schwer zu finden sind. Welcher Grundeigentümer will schon einen Trafo auf seinem Grundstück haben...? Auch in den Bewilligungsverfahren selbst bestehen Ineffizienzen, die die notwendigen Investitionen in die Länge ziehen. 

Der Eroberungszug der Photovoltaik auf unseren Dächern und Fassaden wird massive Auswirkungen auf das Stromnetz haben – und zwar in erster Linie auf der untersten Verteilnetzebene, den Quartierstrassen der Stromnetze.

Der VSE hat mehrere Hebel identifiziert für eine schnellere Bewilligung von Netzprojekten. Einer davon liegt im Raumplanungsrecht: Dass bei standortgebundenen Produktionsanlagen ausserhalb der Bauzone die Standortgebundenheit auch für den Netzanschluss gilt, sollte eigentlich selbstverständlich sein. So würden endlich sinnvolle Lösungen möglich. Ein weiterer Hebel besteht darin, das bereits bestehende Instrument des nachträglichen Plangenehmigungsverfahrens auf weitere Vorhaben auszudehnen. Dies würde die Realisierung einfacher und unbestrittener Vorhaben erleichtern und obendrein die Behörden entlasten. Da die Anlagen vom ESTI weiterhin im Rahmen der Inspektion abgenommen werden müssen und die einschlägigen Vorschriften anwendbar bleiben, ergeben sich dadurch keine Risiken oder Präjudizien.  

Diese und weitere Vorschläge des VSE liegen nun auf dem Tisch und gehören mit dem Beschleunigungserlass des Bundes für die Stromnetze zügig umgesetzt. Damit die Transformation des Energiesystems gelingt, müssen zwingend die Verfahren für alle Netzebenen beschleunigt werden. Produktion und Netz müssen jetzt Hand in Hand ausgebaut werden, damit die Rechnung nicht ohne den Wirt gemacht wird – die Planungs- und Investitionssicherheit in die Energieversorgung steht auf dem Spiel. 

Bereichsleiter Public Affairs des VSE

Dominique Martin

Unter der Rubrik «Die politische Feder» veröffentlicht Dominique Martin regelmässig Kommentare und Einschätzungen zu energiepolitischen Themen. 

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