Der weite Weg in den Wasserstoff

Angebotsspitzen der Erneuerbaren nutzen und Strom abspeichern: "Grüner Wasserstoff" macht es möglich. In Brennstoffzellen-LKWs eingesetzt, sorgt er für Dekarbonisierung im Verkehrssektor. Die wichtigsten Entwicklungen rund um H2 im Überblick.
16.07.2020

 

  • 2018 mussten in Deutschland mehr als 5 Terawattstunden (TWh) Strom aus Windkraftanlagen abgeriegelt werden – und verpufften damit nutzlos. Statt Strom zu verschwenden, könnte er für die Herstellung von «grünem Wasserstoff» dienen. HSBC rechnet damit, dass in Deutschland, Grossbritannien, Italien und Spanien bis 2030 allein aus überschüssiger Stromproduktion bis zu 2,2 Millionen Tonnen Wasserstoff im Wert von rund 3,8 Milliarden Dollar gefördert werden könnten. Die vier Länder haben dafür eine gute Ausgangslage, denn die installierten Kapazitäten aus Erneuerbaren bestreiten dort 80% oder mehr der Spitzennachfrage nach Strom.
  • Der Schweiz ist es im Lastwagenbereich gelungen, das erste industrielle Wasserstoff-Ökosystem Europas aufzubauen. Dank dem Projekt Hyundai Hydrogen Mobility werden dieses Jahr die ersten 50 Brennstoffzellen-Elektrolastwagen des koreanischen Herstellers auf Schweizer Strassen unterwegs sein. Gemietet werden sie von den Mitgliedern des Fördervereins H2 Mobilität Schweiz. Mitglieder des Vereins sind Tankstellenbetreiber, Transportfirmen – aber auch die beiden grossen Einzelhändler Coop und Migros. Tanken können werden die Lastwagen an gesamthaft 6 Tankstellen bis Ende Jahr.
  • 2021 werden 11 verschiedene Autobauer weltweit Brennstoffzellen-PKWs anbieten. 2023 sollen 1500 H2-Tankstellen die Schweiz flächendeckend versorgen. 2025 will Norwegen als erstes Land der Welt keine Fahrzeuge mit Brennstoffmotoren mehr zulassen, die Niederlande wollen 2030 gleichziehen. Im gleichen Jahr will auch die Europäische Gasturbinen-Industrie die heutigen Erdgas-Turbinen auf den erneuerbaren Brennstoff umgestellt haben.
  • Frachtschiffe bewältigen 80% der globalen Warentransporte. Sie verursachen laut der International Maritime Organization (IMO) aber auch 2.2% der Treibhausemissionen. Die grösste Reederei, die dänische MAERSK, will ab 2050 keine CO2-Emissionen mehr verursachen. Noch bleibt abzuwarten, wie die technische Umsetzung gelingen soll. Brennstoffzellen-Antriebe mit grünem Wasserstoff sind eine Option.
  • Die EU-Kommission hat in der zweiten Juliwoche die Europäische Allianz für sauberen Wasserstoff ins Leben gerufen, an der führende Vertreter der Industrie, die Zivilgesellschaft, Minister der nationalen und regionalen Ebene sowie die Europäische Investitionsbank beteiligt sind. Die Allianz will eine Investitionspipeline für den Ausbau der H2-Produktion schaffen – und die Nachfrage nach sauberem Wasserstoff in der EU fördern.