Besonderer Einsatz in besonderen Zeiten

Die Corona-Pandemie hat unseren Alltag auf den Kopf gestellt. Trotz der schwierigen Umstände sorgen täglich zahlreiche Menschen für unsere Versorgungssicherheit. Der VSE will sie zeigen.
28.04.2020

Urs Meister, Leiter Markets & Regulation bei der BKW

«Es fehlt der informelle Austausch, der fürs Research zentral ist»

Andreas Kaiser,«Vor meinem Engagement bei der BKW war ich bei der Denkfabrik Avenir Suisse tätig – wo ich mich auch schon mit Energie, Infrastrukturen und Wettbewerb beschäftigt habe. Der Bereich Märkte und Regulierung der BKW beinhaltet auch die Langfristmarktanalyse und das Management der regulierten Produkte, die wir anbieten. Die Führung der Produktmanager, Analysten und Regulierungsspezialisten lässt sich grundsätzlich gut vom Home Office aus betreiben. Jetzt, während der Corona-Pandemie, fehlt allerdings der informelle Austausch im Büro, der gerade fürs Research zentral ist. Die komplexen Themen wie Marktöffnung oder neue Fördermodelle für Erneuerbare lassen sich besser angehen, wenn sich die Leute im offenen Büro oder bei der Kaffeemaschine unterhalten können – viel Wissenstransfer findet so statt. 

Bei der WL sind wir zum Beispiel darum besorgt, dass Energieunternehmen in jedem Fall – auch bei einem verschärften Lockdown – auf ihr Personal zählen und ihre Aufgaben wahrnehmen können.

Nun braucht es dafür halt jedes Mal ein Telefonat oder gar Telefonkonferenzen. Ich bin auch noch Leiter Energie bei der wirtschaftlichen Landesversorgung (WL) in Milizfunktion, habe also derzeit eine Doppelbelastung. Bei der WL sind wir zum Beispiel darum besorgt, dass Energieunternehmen in jedem Fall – auch bei einem verschärften Lockdown – auf ihr Personal zählen und ihre Aufgaben wahrnehmen können. Privat bin ich Vater von zwei Kindern. Das Mädchen ist im Kindergarten, der Bub in der zweiten Klasse. Nun, wo beide zuhause sind, dient Papi natürlich ebenfalls als Anlaufstelle für Informationen. In der Freizeit treibe ich viel Ausdauersport, auf dem Bike oder meinen Laufstrecken. Der immer gleiche Trail zwischen Kaffeemaschine und Schreibtisch jeden Tag würde mir definitiv nicht reichen.»


Andreas Kaiser, Betriebsleiter KW Flumenthal und Ruppoldingen

«Aktuell haben wir die Devise ‘immer nur ein Mann vor Ort’»

Andreas Kaiser,«Was die Kraftwerksleitung angeht, bin ich ein Quereinsteiger. Ich habe mal Elektromechaniker gelernt und dann in verschiedensten Berufen der Energiebranche gearbeitet, etwa in der Kältetechnik und als Verkaufsberater für Gebäudesanierungen. Heute leite ich bei Alpiq die Laufkraftwerke Flumenthal und Ruppoldingen im Kanton Solothurn. Wegen der Corona-Situation haben wir die Devise 'immer nur ein Mann vor Ort'. Einer meiner Mitarbeitenden gehört auch zu einer Risikogruppe und ist darum dauerhaft im Home Office eingeteilt. Bis sich alle neuen Prozesse eingependelt hatten, fiel eher mehr Arbeit an. 

Der Fokus liegt auf der sicheren, unterbruchsfreien Stromproduktion – diesem Ziel werden alle anderen Massnahmen untergeordnet.

Heute ist es eher weniger, da wir nicht dringende, technische Unterhaltsarbeiten auf später verschieben. Und auch diese unter strikter Beachtung der Sicherheits- und Abstandsvorgaben des Bundes. Der Fokus liegt auf der sicheren, unterbruchsfreien Stromproduktion – diesem Ziel werden alle anderen Massnahmen untergeordnet. In meiner Freizeit gehe ich gerne meinem Hobby als Imker nach. 12 Bienenvölker produzieren einen regionalen Sommerhonig, der unter meinen Freunden oder auch manchmal auf dem 'Märit' Absatz findet. Zudem zieht es mich mit meiner Frau auf Wanderungen, im Jura und in den Alpen.»


Laura Perez, KKW-Anlagenoperateurin im KKW Gösgen

«Ich liebe meine Arbeit, weil ich fast täglich etwas Neues dazulerne»

Volker Lischke«Ich habe meinen Bachelor in Maschineningenieur-wissenschaften an der ETH Zürich gemacht, den Master dann in Nuclear Engineering. Für meine Masterarbeit habe ich mich damit beschäftigt, ob sich radioaktive Isotope für medizinische Zwecke in einem Kraftwerksreaktor herstellen lassen. So bin ich im Kernkraftwerk Gösgen gelandet, wo ich heute als Anlagenoperateurin tätig bin und eine mehrjährige Ausbildung zur Pikettingenieurin absolviere. Zu meinen täglichen Aufgaben gehört es unter anderem, die Anlage zu überwachen. Zusammen mit meiner Gruppe kontrolliere ich, ob die Anlage so läuft, wie sie soll. Auf meinen Rundgängen durch die Anlage kontrolliere ich Anzeigen und Komponenten oder lausche nach ungewöhnlichen Geräuschen. 

Bei gewissen Systemprüfungen herrscht nun Maskenpflicht, im Personalrestaurant dürfen wir das Essen nicht mehr selbst schöpfen und wir sitzen weiter auseinander.

Zu einer Schichtgruppe gehören 12-13 Leute. Jetzt, während der Pandemie, arbeiten wir jedoch mit 8 Personen pro Gruppe, um die Ansteckungswahrscheinlichkeit geringer zu halten. Bei gewissen Systemprüfungen herrscht nun Maskenpflicht, im Personalrestaurant dürfen wir das Essen nicht mehr selbst schöpfen und wir sitzen weiter auseinander. Ich liebe meine Arbeit, weil ich täglich etwas Neues dazulerne, auch gerade am kraftwerkseigenen Simulator, wo wir verschiedenste mögliche Ereignisse in unserem Kraftwerk gefahrlos beüben können. Dass ich während meiner Arbeit oft acht Stunden allein unterwegs bin, macht mir überhaupt nichts aus. Privat bin ich eine begeisterte Kajak- und Drachenbootfahrerin. Wenn ich nicht gerade einen Fluss wie den Rhein, die Reuss oder die Aare befahre, gebe ich auch J+S Kurse. So füllen sich meine Abende schnell mit sportlichen Aktivitäten. Zudem nähe ich sehr gerne. Besonders gerne nähe ich mir eigene Kleidung wie T-Shirts, Kleider oder Sportswear.»


Werner Meier, Stabschef Krisenstab Alpiq und Delegierter für wirtschaftliche Landesversorgung

«Seit Mitte Februar bin ich mit meinen Leuten im Corona-Modus»

Volker Lischke «Das Coronavirus dominiert meinen Arbeitsalltag seit vielen Wochen zu 100 Prozent – und mehr. Denn ich trage zwei Hüte: Jenen des Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung und jenen des Stabschefs Krisenstab bei Alpiq. In der wirtschaftlichen Landesversorgung ergreifen wir von Seite Bund zusammen mit der Wirtschaft Massnahmen, damit der Schweiz auch bei einer allfälligen Mangellage nicht Lebensmittel, Medikamente oder Energieträger ausgehen. Kurz gesagt stellen wir die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen im Fall schwerer Mangellagen sicher. In der aktuellen Corona-Pandemie mussten wir beispielsweise fiebersenkende Medikamente kontingentieren. Grossverteilern haben wir Nacht- und Sonntagsfahrten für LKW ermöglicht, damit sie der erhöhten Nachfrage nach Lebensmitteln gerecht werden konnten. Und versorgungsrelevante Unternehmen haben eine Bestätigung für ihre Bedeutung für die Landesversorgung erhalten.

Mein Tagesablauf hat sich komplett verändert. Arbeitstage mit 10 bis 15 Stunden sind die Regel – auch am Wochenende.

In meiner Funktion bei Alpiq bereite ich als Stabschef des Krisenstabs die aktuelle Lage auf, berate die Geschäftsleitung und koordiniere die Aktivitäten in einer internationalen Organisation mit verschiedenen Geschäftsfeldern. Dies alles geschieht konsequent aus dem Homeoffice – dank moderner Technik und eingespielter, bestens funktionierender Teams. Die langjährige Ausbildung des Stabs trägt hier erfreuliche Früchte.

Die Doppelfunktion und die damit verbundene Arbeitsbelastung ist eine grosse Herausforderung. Mein Tagesablauf hat sich komplett verändert. Arbeitstage mit 10 bis 15 Stunden sind die Regel – auch am Wochenende. Um dies zu meistern plane ich, wenn immer möglich, etwas Zeit für einen Spaziergang im Wald ein, natürlich stets unter strikter Wahrung des «Social Distancing». Anderseits zeigt sich in dieser ausserordentlichen Situation, wie wert- und sinnvoll die Kombination der Funktionen und die «Public Private Partnership» sind. Als Mitarbeiter von Alpiq, einer Betreiberin einer kritischen Infrastruktur, und insbesondere als Leiter Krisenstab, spüre ich den Puls der Wirtschaft hautnah – und kann diesen 1:1 an die Behörden weitergeben. Gleichzeitig erlebe ich die Herausforderungen des Bundes mitten im Zentrum des Corona-Sturms und erarbeite auf Seite des Staates zusammen mit der Wirtschaft pragmatisch umsetzbare Lösungen.»


Volker Lischke, Leiter Handel bei der BKW, Bern

«Der Handel nimmt jetzt auch am schweizweiten Hackathon ‘VersusVirus’ teil»

Volker Lischke«Viele Leute denken bei 'Stromhandel' sofort an den Grosshandel mit vielen Bildschirmen, der über Börsen und Broker abgewickelt wird. Wichtig ist aber, die gesamte Prozesskette, von der Kraftwerksoptimierung bis zum Kundenportfolio, nonstopp am Laufen zu halten. Dabei arbeiten wir eng mit der Produktion, dem Vertrieb und mit zahlreichen Unterstützern wie z.B. der ICT zusammen. Wir haben schon vor Corona 'generalstabsmässige' Übungen für bestimmte Notfallszenarien durchgeführt. Auf diese Erfahrungen greifen wir jetzt zurück. Aber wir merken nach einigen Wochen, wie schwierig es ist, eine gute Stimmung, die bereichernde Kommunikation und den Austausch untereinander auch im Remote-Working aufrecht zu erhalten.

Wir haben schon vor Corona 'generalstabsmässige' Übungen für bestimmte Notfallszenarien durchgeführt. Auf diese Erfahrungen greifen wir jetzt zurück.

Wir überlegen, einen Abtausch zu machen, so dass die Besatzung im Trading-Floor nach Hause wechselt, und ein zweites Team aus der 'Home Office'-Hälfte in den Trading Floor zurückkommt. Der Handel hat auch am schweizweiten Hackathon 'VersusVirus» teilgenommen, wo in einem virtuellen Entwicklerteam neue Lösungsansätze für die dezentrale Energieversorgung in einem Krisenfall gesucht werden. Allen an dieser Stelle einen besonderen Dank für ihren fortwährenden Einsatz. Wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen.»


Klemens von Däniken, Dispatcher bei Repower, Poschiavo

«Nie wissen, was kommt – aber trotzdem Ruhe bewahren»

«An meinem Beruf als Dispatcher liebe ich die Abwechslung und den tollen Teamgeist innerhalb der ganzen Firma. Die Lehre habe ich als Polymechaniker bei der SBB gemacht. Den Beruf als Dispatcher habe ich gewählt, weil ich etwas Neues anpacken wollte, mich die grosse Verantwortung fürs Stromnetz reizte – und es mich zurück ins Puschlav zog, wo ich aufgewachsen bin. Nach einigen Jahren Erfahrung konnte ich beim VSE den Dispatcher-Kurs erfolgreich absolvieren und mich so beruflich weiterbilden. Jetzt, während der Corona-Krise, mache ich allein die Arbeiten, für welche wir sonst zu zweit eingeteilt sind. Das ist nicht immer einfach, wenn etwa ein Unterwerk aufgeschaltet werden sollte – und ich gleichzeitig Störungsmeldungen von Kunden oder Störungen von anderen Anlagen bearbeiten muss. 

Aktuell hören wir weniger oft, dass eine E-Auto-Ladestation Störungen hat. Man merkt, dass die Leute eben zuhause bleiben.

Klemens von DänikenJetzt kommt mir wohl zugute, dass ich ein 'äusserst ruhiger Typ' bin, wie meine Teamkollegen und Vorgesetzten gerne sagen. Aktuell hören wir weniger oft, dass eine E-Auto-Ladestation Störungen hat. Man merkt, dass die Leute eben zuhause bleiben. Dafür kommen von genau dort mehr Meldungen im Störfall herein. Der Schichtbetrieb in meinem Beruf hat den Vorteil besserer Entlöhnung – und ich geniesse etwas mehr Freizeit. Dafür arbeite ich öfter, wenn andere schlafen - am Wochenende und auch an Feiertagen. In meiner Freizeit liebe ich es, Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Wir haben zwei Töchter im Alter von 6 und 9 Jahren. Musik ist auch eine Leidenschaft von mir, da kann ich am besten abschalten und denke nicht an die Arbeit oder speziell jetzt an Corona. Ich spiele Handörgeli und komponiere Trance-Tracks auf dem Synthesizer und dem PC. Zudem bin ich ein grosser Eishockey-Fan. In diesem Sinn: Go HC Davos! Dann halt eben erst im nächsten Jahr Meister.»


Marco Ortu, Leiter BKW Italien

«Jetzt müssen wir durchhalten – danach sind wir stärker»

Marco Ortu«Das Coronavirus hat unseren Alltag auf den Kopf gestellt, privat wie geschäftlich. Wir mussten sehr rasch reagieren. Inzwischen haben wir uns organisiert, um auch unter den schwierigen Umständen regelmässig und effizient arbeiten zu können. Dem Büropersonal in Milano und in anderen Sitzen der BKW Italien wurde sofort Home Office ermöglicht. Die IT-Struktur haben wir zum Glück bereits vor der Krise in Bern zentralisiert. Die Techniker hingegen sind noch draussen im Einsatz, weil sie für den Erhalt der Infrastruktur sorgen. Natürlich unterstehen sie allen präventiven Massnahmen, die der Gesundheit dienen. Wir ziehen zu dem Zweck auch externe Berater bei – und halten uns streng an die behördlichen Vorgaben.

Wo immer möglich, sind die Techniker allein unterwegs.

Zudem haben wir entschieden, alle Arbeiten zu verschieben, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht absolut notwendig sind. Wo immer möglich, sind die Techniker allein unterwegs. Wenn unbedingt in einem Zweierteam gearbeitet werden muss, greifen die obgenannten Massnahmen – und wir nutzen Material wie zertifizierte Schutzmasken, Brillen und Handschuhe. Nach einem Monat der Krise spüre ich hier eine sehr kollaborative Atmosphäre, und ich möchte mich bei allen Mitarbeitern für ihren ausserordentlichen Einsatz in dieser unerwarteten Situation bedanken. Ich bin ein Optimist und glaube fest, dass alles gut ausgehen wird – und wir gestärkt aus alldem hervorgehen. Jetzt aber müssen wir durchhalten. Und das tun wir.»