Sorgsam, aber konsequent – eine Meinung zum Bildungssystem

Früher war die Bildungswelt noch einfach und übersichtlich. Nach dem Schulbesuch folgte meistens eine Berufslehre oder ein Studium. Das lieferte das notwendige Wissen für den Beruf, den man dann bis zur Pensionierung ausübte. Das funktioniert heute nicht mehr.
05.11.2019

Die Halbwertszeit von Wissen verringert sich laufend. Was wir in unserer Ausbildung heute lernen, ist in wenigen Jahren überholt oder zumindest nicht mehr vollständig. Für ein Berufsleben reicht es jedenfalls nicht mehr. Lebenslange Weiterbildung ist gefragt. Der VSE unterstützt Sie dabei mit seinem breiten Angebot an Berufsausbildungen und Weiterbildungen, werfen Sie einen Blick in unseren aktuellen Angebotskatalog!

Was bedeutet diese Entwicklung für die Bildung? Die Berufsbilder müssen natürlich laufend inhaltlich aktualisiert werden. So treiben wir derzeit sowohl bei der Grundbildung als auch bei der Höheren Berufsbildung Netzelektriker/in Überarbeitungen voran. Der Entwicklungsbedarf geht aber weiter: Die Lernstrukturen müssen geöffnet werden, die Ausbildung muss flexibler und schneller auf individuelle Bedürfnisse der Lernenden und der Unternehmen reagieren können. Aufbauend auf einem gemeinsamen Grundstock an Kernkompetenzen sollen bedarfsgerechte Vertiefungen die Bedürfnisse sowohl der Lernenden als auch der Ausbildungsbetriebe besser berücksichtigen können. Dennoch dürfen wir damit der Beliebigkeit nicht Tür und Tor öffnen. Den durchgängig hohen und einheitlichen Ausbildungsstandard sowohl der beruflichen als auch der akademischen Ausbildung in der Schweiz dürfen wir nicht gefährden. Dafür beneiden uns viele andere Länder.

Diese neue Bildungswelt kann das Leben abwechslungsreicher und vielfältiger machen, sie eröffnet neue Chancen. Denn sogar ein vollständiger Wechsel des Berufs, der Abbruch einer traditionellen «Karriere», ist keine Seltenheit mehr. Warum sollte sich das Interessengebiet im Laufe eines Lebens auch nicht gänzlich verschieben? Viele Menschen begrüssen diese Entwicklung und die Chancen der neuen Mobilität im Berufsleben. Gleichzeitig nimmt sie Sicherheit und erschwert die Lebensplanung. Wir müssen das Bildungssystem daher sorgsam, aber konsequent auf neue Anforderungen ausrichten. Damit die Strasse durchs Berufsleben nicht zur Sackgasse wird.

Michael Paulus, Bereichsleiter Netze und Berufsbildung des VSE