Strommarkt und Stromhandel

Das Strommarktdesign basiert in der Schweiz wie auch in ganz Europa auf dem Energy-Only-Markt. Der Stromhandel findet auf verschiedenen europäischen Strombörsen statt und trägt zur sicheren und effizienten Versorgung der Schweiz bei. Die Preisbildung an den europäischen Strombörsen erfolgt anhand der Merit Order. Wegen der Energiekrise erreichten die lang tiefen Marktpreise im Jahr 2022 Rekordwerte.

Strommarktdesign: Energy-only-Markt

Das Strommarktdesign basiert in der Schweiz wie auch in ganz Europa auf dem sogenannten Energy-Only-Markt. Das bedeutet, dass nur die tatsächlich gelieferte Menge an Strom (Arbeit) vergütet wird. Die Bereitstellung von Kapazität (Leistung) wird nicht abgegolten. Einen Deckungsbeitrag an die Bereitstellung der Kapazität erhalten die Kraftwerke nur, wenn die variablen Kosten ihrer Stromproduktion unter den erzielten Strompreisen liegen.

Stromhandel: Produkte und Börsen

Strom wird auf verschiedenen europäischen Strombörsen sowie über Broker-Plattformen (OTC-Handel) gehandelt. Eine Palette von unterschiedlichen Produkten wird dabei gekauft und verkauft. Diese geht von langfristigen Produkten wie Jahres- oder Quartals-, Monats- und Wochenkontrakten bis zu kurzfristigen Produkten, wie Day-Ahead und Intraday. Auch Systemdienstleistungen, um die Netzstabilität allzeit gewährleisten zu können, werden von der Übertragungsnetzbetreiberin Swissgrid über Ausschreibungen auf dem Markt beschafft.

Es gibt für die Schweiz und weitere Länder eine Strombörse (EPEX Spot) für die kurzfristigen, physischen Geschäfte (Day-Ahead und Intraday) und eine Strombörse (European Energy Exchange, EEX) für die finanziellen Termingeschäfte (für die Schweiz bis 6 Jahre in die Zukunft, für Deutschland gar bis 10 Jahre in die Zukunft, wobei jeweils nur die ersten Jahre liquide sind). Der Day-Ahead-Preis eines Landes, welcher an der EPEX Spot auktioniert wird, dient auch als Referenzpreis (Index) für die finanziellen Termingeschäfte. Da er auf physischen Auktionsergebnissen und damit auf dem tatsächlichen Angebot und der Nachfrage basiert, bietet der Day-Ahead-Preis eine transparente und zuverlässige Grundlage für diese Geschäfte.

Schweiz: Import und Export

Der Handel mit Strom trägt zur sicheren und effizienten Versorgung von Europa und der Schweiz bei (vgl. Dossier Stromabkommen). Über das ganze Jahr betrachtet produziert die Schweiz zwar aktuell noch genügend Strom, um den eigenen Verbrauch decken zu können. Der Strom wird aber nicht immer dann produziert, wenn er benötigt wird.

Die Schweiz produziert strukturbedingt im Sommer mehr Strom, als sie selbst verbraucht. Weil insbesondere die saisonalen Speichermöglichkeiten – vom Sommer in den Winter – begrenzt sind, wird der überschüssige Strom exportiert. In den warmen Monaten ist die Schweiz folglich Netto-Exporteurin und trägt so zur Versorgung ihrer Nachbarstaaten bei. Der Exportsaldo beträgt in den vergangenen Jahren (2009-2023) durchschnittlich rund 5 TWh im Sommerhalbjahr.

Im Winter ist es in der Regel genau umgekehrt. Die Schweiz produziert in der kalten Jahreszeit zu wenig Strom, um den Verbrauch zu decken, und ist daher auf Importe angewiesen. Der Importsaldo im Winterhalbjahr lag im Durchschnitt der letzten zehn Jahre (ohne das Corona-Jahr 2020) bei rund 13 Prozent (ca. 5 TWh). Der Importsaldo schwankt von Jahr zu Jahr vor allem in Abhängigkeit der Witterung, der Wasserverfügbarkeit und Verfügbarkeit der Kraftwerke.

Preisbildung: Merit Order

In der Day-Ahead Auktion werden Kraftwerke zur Strompreisbildung in der Reihenfolge ihrer Gebote, resp. Grenzkosten (variable Kosten wie Brennstoffkosten für Gas und Kohle sowie Kosten für die CO2-Zertifikate) eingesetzt, woraus sich die sogenannte Merit Order Kurve ergibt. Beginnend bei den Technologien mit den tiefsten Geboten, resp. variablen Kosten werden so lange Kraftwerke mit höheren Kosten zugeschaltet, bis die Nachfrage gedeckt ist. Das letzte Gebot, das an der Börse noch einen Zuschlag erhält, bestimmt den Strompreis (Market Clearing Price). Der Preis für Strom wird also durch das Kraftwerk mit den höchsten Kosten bestimmt, das noch benötigt wird, um die Stromnachfrage zu decken.

Kraftwerke, deren variable Kosten tiefer sind als der Market Clearing Price, erwirtschaften in diesem Moment einen Deckungsbeitrag an die Investitionskosten. Kraftwerke mit hohen Investitionskosten (wie die Wasserkraft) brauchen sehr lange, bis die Investitionskosten über diese Beiträge gedeckt werden können, falls überhaupt.

Die Merit Order Kurve sieht in jeder halben Stunde anders aus. Je nach Höhe der Nachfrage und der Verfügbarkeit/Produktion von Kraftwerken in dieser halben Stunde oder der variablen Kosten der zum Einsatz kommenden Technologien ändert sich der Market Clearing Price.

Grosshandelspreise: Rekordwerte wegen der Energiekrise

Seit der Finanzkrise 2008 war die Nachfrage nach Strom tief bis moderat, die Verfügbarkeit der Kraftwerke gut, und die Brennstoff- und CO2-Preise tief. Entsprechend waren auch die Strompreise tief. Im Jahr 2016 erreichten der Terminpreis für das Frontjahr den tiefsten Wert von rund 20 EUR/MWh. Auch wenn sich die Preise danach leicht erholten, lagen sie weiterhin deutlich unter den Gestehungskosten der meisten Kraftwerke (Betriebskosten und Investitionskosten), was über Jahre hinweg zu hohen Verlusten und Wertberichtigungen führte.

Die Marktpreise sind seit Mitte 2021 unter anderem aufgrund höherer Brennstoff- und CO2-Preise, Kraftwerksausfällen und -abschaltungen sowie geringer Produktion der Windkraft sowie ab Februar 2022 aufgrund des russischen Angriffskriegs und der Energiekrise stark und zwischenzeitlich auf absolute Rekordwerte gestiegen: Ende August 2022 lag der Terminpreis des Frontjahres kurzzeitig bei knapp 1’100 EUR/MWh.

Die Terminmarktpreise haben sich zwischenzeitlich entspannt, aber liegen immer noch über den Werten der Vorjahre. Eine deutliche Entspannung ist nicht in Sicht.

Die beschriebene Preisentwicklung an den Strommärkten wirkt sich auch auf die Endverbraucherinnen und Endverbraucher aus. Auch die Stromtarife der gebundenen Endverbraucherinnen und Endverbraucher sind gestiegen (vgl. Dossier Strompreise).