«Strom ist die Lösung, nicht das Problem» wählte Dr. Urs Rengel, CEO von EKZ, als Titel seiner Keynote am Vormittag. Es sei Zeit, angesichts des fortschreitenden Siegeszugs der Elektromobilität mit Mythen und Stammtischthesen aufzuhören, die da etwa lauten «Wir haben ja gar nicht genug Strom für all die E-Autos», «Das Netz bricht zusammen beim Laden».
Verkehr ist heute mit 36,3% der grösster Energieverbraucher (fossile Importe). Den hypothetischen Verbrauch, wenn sofort alle Personenfahrzeuge durch reine Elektroautos ersetzt würden, bezifferte Rengel auf ca. 20% des heutigen Stromverbrauchs. «Bis wir 100% Elektroautos fahren, dauert es aber noch ein bis zwei Jahrzehnte. Es bleibt noch Zeit, den Zusatzbedarf der Elektromobilität mit dem Ausbau erneuerbarer Energien oder Importen zu decken».
Durchdachte Tarife, um optimale Netznutzung anzuregen
Was die Netzbelastung angehe, sei das ähnliche Mobilitätsverhalten von vielen Kunden tatsächlich eine Herausforderung. «Ohne Steuerungsmöglichkeit wollen alle ihre Autos ‘gleichzeitig’ laden – die EVUs verursachen mit dem Niedertarif selbst das grösste Problem», sagte Rengel. Die Lösung dafür seien durchdachte Tarifanreize, wie etwa Leistungstarife in Mehrfamilienhäusern. «Mit Tarifanreizen könnte man den Endverbrauchern Optionen eröffnen, um das Netz optimal zu nutzen», sagt auch Olivier Stössel, Leiter Netze und Sicherheit beim VSE. «So können die Lasten gesteuert werden, damit es praktisch immer aufgeht. Tritt aber der – sehr seltene – Fall ein, dass eine Überlastung droht, muss der Netzbetreiber ausnahmsweise direkt eingreifen können und beispielsweise sämtliche Ladestationen in einem Netzgebiet temporär drosseln.»
Podiumsdiskussion: «Eine zusätzliche Milliarde Franken für die Forschung»
Jürg Grossen (GLP, Präsident Swiss eMobility) unterstrich in der Podiumsdiskussion am Nachmittag, wie zentral die Ladeinfrastruktur sei, zumal in 10 Jahren zwei Millionen Fahrzeuge jeden Tag am Netz hängen könnten, die einerseits versorgt werden müssten, aber bei intelligenter Steuerung auch ihren Beitrag zur Netzstabilität leisten können. «Sind die EVU bereit dafür», fragte der Moderator VSE-Direktor Michael Frank. «Ja, das Netz stabil zu halten und die Ladestationen adäquat anschliessen zu können, ist die Dienstleistung, welche die EVU erbringen werden». Die Netzbetreiber müssten aber eine gewisse Steuerbarkeit in Mehrfamilienhäusern haben, damit sie über Lastenmanagement die Gesamtstabilität des Netzes gewährleisten könnten. «Zudem brauchen E-Auto-Ladestationen eine digitale Schnittstelle, um ihrerseits besser steuerbar zu werden», so Frank.
Thierry Burkart, Zentralpräsident ASTAG, forderte für eine gelingende Elektromobilitäts-Zukunft die Weiterführung der LSVA-Befreiung, respektive Reduktion, für alternative Antriebe bei Nutzfahrzeugen. Diese ist noch in Kraft, aber befristet. «Zudem braucht es Investitionsbeihilfen für Ladestationen und für kleine wie mittlere Transportunternehmen, die derzeit alternativ angetriebene LKWs beschaffen, da diese immer noch massiv teurer sind als die Verbrenner».
Martin Candinas, Präsident LITRA, wünschte sich zum Schluss «50 Millionen pro Jahr, die nächsten fünf Jahre, für die Umstellung der Dieselbusse auf klimaneutrale Busse und eine Aufhebung der Mineralölsteuer-Rückerstattung». Peter Schilliger, Präsident TCS Sektion Waldstätte, gab an, schon zufrieden zu sein, solange keine Denkverbote herrschen würden, man technologieoffen bleibe und auf Anreize statt Verbote setze.
Michael Frank sprach in seinem Schlusswort direkt die Herausforderung des erhöhten Strombedarfs infolge E-Mobilität an. «Schön wäre eine zusätzliche Milliarde Franken für die Forschung, um die Saisonspeicherung von Strom angehen zu können. Wir müssen nämlich vier bis sechs Terrawattstunden vom Sommer in den Winter umlagern, mittel- bis längerfristig. Bisher gibt es dafür noch keine Lösung».