Energiewelten: Dekarbonisierung stellt uns vor neue Herausforderungen

Autos, die statt Benzin erneuerbaren Strom tanken. Wärmepumpen, die alte Öl- und Gasheizungen ersetzen. Auf den ersten Blick scheint der Umstieg von fossiler Energie zu Strom eine leichte Übung. Eine Fehleinschätzung, wie eine neue Empa-Studie unterstreicht.
30.07.2019

Politik und Energiewirtschaft sind sich einig: Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, muss «der Kohlenstoff aus dem System». Genauer: Die menschgemachten Emissionen von CO2 und äquivalenten Klimagasen müssen sinken. Heizungen und der Verkehr sind die zwei Hauptverursacher von CO2-Emissionen. Der Ersatz von fossilen Autos durch Elektroautos und von Ölheizungen durch Wärmepumpen sollte also die Energiewirtschaft sukzessive dekarbonisieren. Doch die Elektrifizierung steigert auch unseren Strombedarf, vor allem im Winter. Und Importe können nicht der Königsweg zur Deckung der höheren Nachfrage sein – weil unsere Nachbarn im Winter allenfalls genauso vor einem knappen Angebot stehen.

Empa-Studie: Elektrifizierung von Wärme und Mobilität alleine ist nicht die Lösung
Die Empa hat sich in einer neuen Studie damit beschäftigt, wie sich die Elektrifizierung auf unser Elektrizitätssystem auswirken würde.[1] Dabei geht sie davon aus, dass Heizungen komplett elektrifiziert werden, was den Strombedarf im Winter noch hebt – die Schweiz aber andererseits auch 50% der verfügbaren Dachflächen mit Solaranlagen versieht. Kernkraftwerke tragen in den Annahmen der Studie nichts mehr zum Schweizer Strommix bei.

«Unsere Studienresultate zeigen auf, dass Elektrifizierung nicht die einzige Lösung sein kann, wenn wir eine Transition zu weniger CO2 in unserer Energiewirtschaft wünschen», sagt Urs Elber, Mitautor der Studie. Denn die Grenze zu effektiven CO2-Einsparungen zwischen Strom und anderen Energieträgern sei schmal, wenn man nur Heizen und Verkehr voll elektrifiziere – und in der Folge eine grosse Menge an Strom importieren müsste.

Auch Frankreich und Deutschland arbeiten an der Mammutaufgabe, wegfallende fossile und nukleare Kapazitäten durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Es ist daher gut möglich, dass letztlich vor allem nicht erneuerbarer Strom in die Schweiz gelangt. 

«Die einheimische, erneuerbare Produktion muss darum gefördert werden – und es braucht zusätzliche Speicherkapazitäten, wie Pumpspeicher, Batterien, Power-to-Gas etc.», so Elber.

Der VSE setzt sich als Branchendachverband dezidiert für Rahmenbedingungen ein, unter denen einheimische Erneuerbare ihre Stärken voll ausspielen können. Die Wasserkraft wird dabei auch in Zukunft eine tragende Rolle spielen.


[1] «Impacts of an Increased Substitution of Fossil Energy Carriers with Electricity-Based Technologies on the Swiss Electricity System», Empa, 2019

Wie sieht der VSE die Energiezukunft? Der neue Energieweltenbericht 2019 geht auf die technischen, energiewirtschaftlichen und regulatorischen Entwicklungen ein. Sie finden ihn hier.