Die zunehmende Einspeisung fluktuierender, dezentraler Stromproduktion – namentlich aus neuen Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) – stellt für den Netz- und Systembetrieb eine grosse Herausforderung dar.
Das per 1. Januar 2025 bzw. 2026 gestaffelt in Kraft gesetzte Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien (sog. Mantelerlass) nimmt sich dieses Themas, nämlich der Integration der zunehmenden Produktion aus Erneuerbaren Energien (EE) ins Stromsystem, an und nimmt nötige Anpassungen der Rahmenbedingungen vor.
Eine gesetzgeberische Stossrichtung ist die Beanreizung einer verstärkten Nutzung des Flexibilitätspotenzials im Stromsystem ganz allgemein. Sowohl die Anbieter als auch die Nachfrager von Flexibilität erhalten mit den per 1. Januar 2026 in Kraft tretenden Regelungen neue Möglichkeiten und Handlungsoptionen. Auf diese Weise soll die Netzstabilität auch in der gegenwärtigen Phase des Umbaus des Energiesystems weiterhin gewährleistet werden.
Im Fokus der neuen Regelungen steht dementsprechend die netzdienliche Nutzung von Flexibilität durch die Verteilnetzbetreiber (VNB), welcher ein Vorrang eingeräumt wird. Der VSE hat dazu am 18. September 2025 eine neue Branchenempfehlung verabschiedet.
In diesem Beitrag werden die neuen Regelungen kurz dargestellt. Im daran anschliessenden Teil erfolgt eine Betrachtung der sich aus ökonomischer sowie rechtlicher Sicht ergebenden Fragestellungen, bevor daraus vorläufige Schlussfolgerungen abgeleitet werden.
Angebot und Nachfrage von Flexibilitäten
Flexibilitäten im Strommarkt treten in ganz unterschiedlicher Form auf. Allgemein handelt es sich dabei um die kurzfristig verfügbare Fähigkeit, Ein- oder Ausspeisung von Elektrizität gezielt zeitlich zu verschieben oder zu variieren, um Preis- und Systemsignale zu bedienen. Im Zuge der Entwicklung des Stromversorgungssystems wächst die Palette an möglichen Flexibilitätsangeboten ständig. Neben allen möglichen Formen von Speichern (Pumpspeicher, Batteriespeicher, thermische oder chemische Speicher usw.) sind auch reine Einspeiser (Produzenten) und Endverbraucher teilweise flexibel steuerbar. Als Beispiele seien hier insbesondere (aber nicht abschliessend) die Abregelung von PV-Anlagen, die flexible Steuerung von Wasser- und thermischen Kraftwerken, der Einsatz von Notstromaggregaten oder die Steuerung von Wärme-, Kälte- oder Mobilitätssystemen genannt. Die Nutzung als Flexibilität für das Stromsystem kann dabei entweder Hauptzweck sein (typischerweise bei Pump- oder Batteriespeichern) oder aber sie ist lediglich ein «Nebenprodukt», wenn der eigentliche Zweck der Anlage ein ganz anderer ist (beispielsweise bei Notstromaggregaten).
Die Nachfrage nach Flexibilität wird typischerweise in drei Marktbereiche unterteilt: marktorientierte, systemorientierte und netzorientierte Flexibilitätsnutzung. Ziel der marktorientierten Nutzung ist es, durch die zeitliche Verschiebung von Ein- oder Ausspeisung Preisdifferenzen an den Energiemärkten zu nutzen. Bei der systemorientierten Nutzung wird durch den Einsatz von Regelleistung und Regelenergie die Frequenz des Stromnetzes stabilisiert. Netzorientiert werden Flexibilitäten eingesetzt, um lokal Spannungsverletzungen und Engpässe im Verteilnetz zu beheben.
Neben der direkt gesteuerten Flexibilitätsnutzung durch den entsprechenden Nachfrager (Netzbetreiber) oder Dritte (insb. Aggregatoren) kann die Flexibilitätsnutzung auch indirekt erfolgen, indem monetäre Anreize über Preise oder Tarife gesetzt werden.
Innerhalb eines integrierten Versorgers können Anbieter und Nachfrager auch zusammenfallen. Dabei stellen sich zusätzlich Fragen nach dem Umgang mit möglichen Quersubventionierungen und einer korrekten Umsetzung der Entflechtungsvorgaben. Das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage sowie mögliche Rollen verschiedener Akteure sind vereinfacht in der nachfolgenden Grafik dargestellt.
Bisherige Flexibilitätsnutzung
Für die marktorientierte Nutzung von Flexibilitäten bestehen bereits grundsätzlich funktionierende europäische und schweizerische Märkte bzw. Plattformen.
Die Kontrahierung und Nutzung von Flexibilitäten durch die Übertragungsnetzbetreiberin (ÜNB) Swissgrid zum kurzfristigen Erhalt der Systemstabilität erfolgt ebenfalls marktbasiert. Die Anbieter geben ihre Angebote auf den entsprechenden Marktplattformen ab und erhalten aufgrund von Marktmechanismen den Zuschlag zum jeweiligen Marktpreis.
Auch die Nutzung von Flexibilitäten durch die VNB ist nicht neu, wenn auch bisher nicht marktbasiert: Seit längerem schon nutzen die VNB mittels ihrer Rundsteuerungen verbrauchsseitige Flexibilitäten von Boilern und anderen Geräten. Sie haben zudem mit Hoch- und Niedertariffenstern gewisse Anreize in Bezug auf den Stromverbrauch gesetzt.
Es gilt nun, neue Flexibilitätspotenziale für die netzdienliche Nutzung zu erschliessen: Im Kontext des Umbaus des Energiesystems mit zunehmender Dezentralisierung der Stromproduktion müssen insbesondere die Verteilnetze aus- bzw. umgebaut werden. Aufgrund der zeitlichen Verzögerung – auch wegen zu durchlaufender Bewilligungsverfahren und fast unvermeidlicher Rechtsmittelverfahren – führt dies vorübergehend oder auch dauerhaft zu einem erhöhten Bedarf an Flexibilität innerhalb des Energiesystems, wodurch zugleich eine effizientere Integration dezentraler Erzeugungsanlagen ins System ermöglicht wird. In Bezug auf den Netzausbau ist im Stromversorgungsgesetz (StromVG) das sog. NOVA-Prinzip verankert: Netzoptimierung vor Netzverstärkung vor Netzausbau. Zu den Optimierungen gehört insbesondere die Nutzung von Flexibilität, was neu in Artikel 9b Abs. 2 StromVG explizit so festgehalten wird.
Das StromVG enthält in Bezug auf die Flexibilitätsnutzung bisher erst punktuelle Regelungen, wobei Rechtsunsicherheiten verbleiben, was die Flexibilitätsnutzung durch die VNB sowie eine dynamischere Tarifierung anbelangt. Wie der Bundesrat in seiner Botschaft, S. 41 ausführt, sind «[d]ie Vorteile der Nutzung von Flexibilität – variable Einspeiseleistung oder verbrauchsseitige Steuerung – […] vielseitig und im Bereich der Netze (als Mittel gegen Engpässe und zur Integration dezentraler Erzeugungseinheiten), im Strommarkt, aber auch direkt bei den Inhaberinnen und Inhabern der Flexibilität (zur Optimierung des Eigenverbrauchs) möglich. Volkswirtschaftlich besonders attraktiv ist insbesondere ein Einspeisemanagement von Erzeugungsanlagen. Damit die Flexibilitäten kurz- bis mittelfristig im Markt integriert und zugleich als Mittel gegen Engpässe im Netz eingesetzt werden können, sind an der Schnittstelle zwischen den Verteilnetzbetreibern und den Flexibilitätsanbietern geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig» (Hervorhebung durch die Verfasser).
Ab 1. Januar 2026 neu reguliert sein wird demnach die netzdienliche Flexibilitätsnutzung, während die system- und marktdienliche Flexibilitätsnutzung grundsätzlich Wettbewerbsbereiche, d.h. den Marktkräften überlassen bleiben sollen.
Kernelemente der neuen Regelungen
Der zunehmenden Bedeutung von Flexibilitäten und den sich aus der Einführung intelligenter Steuer- und Regelsysteme ergebenden Möglichkeiten für die VNB entsprechend werden die regulatorischen Rahmenbedingungen im revidierten StromVG grundlegender geklärt und weitere Anreize geschaffen, zugleich aber auch Grenzen definiert.
Eines der Kernelemente der neuen Regelungen in Art. 17c StromVG ist die Klärung der Inhaberschaft sowie der Zugriffsrechte auf Flexibilitäten: Wenn Dritte Flexibilitäten von Endverbrauchern, Erzeugern oder Speicherbetreibern nutzen wollen, müssen sie sich diese grundsätzlich vertraglich und gegen Vergütung sichern.
Im Vordergrund steht die netzdienliche Nutzung durch die VNB, welche dementsprechend in den Absätzen 2-5 von Art. 17c StromVG sowie in den neuen Verordnungsbestimmungen detaillierter geregelt wird:
- Die netzdienliche Nutzung ist auf das Netzgebiet des betreffenden VNB beschränkt.
- In der Verordnung, Art. 19a Stromversorgungsverordnung (StromVV), wird definiert, was als netzdienliche Flexibilitätsnutzung gilt: Nutzung zur Entlastung angespannter Netzsituationen, zur Vermeidung des Netzausbaus (gemäss NOVA-Prinzip), zwecks Aufschubs von Netzmassnahmen (insb. Netzverstärkungen) oder aber zwecks Vermeidung des Anstiegs der Netzkosten im eigenen Gebiet.
- Auch die netzdienliche Nutzung durch den VNB ist grundsätzlich vertraglich zu regeln, einschliesslich Vergütung. Dabei haben die VNB den Flexibilitätsinhabern einheitliche und diskriminierungsfreie Vertragskonditionen anzubieten, mit Veröffentlichungspflicht. Die Verordnung regelt den Mindestinhalt, dazu gehören der Einsatz eines (nicht notwendigerweise intelligenten) Steuer- und Regelsystems, der Umfang der geplanten Nutzung, die Informationsmittel und -häufigkeit, die Vertragsdauer und die Kündigungsmodalitäten. Die Vergütung soll den finanziellen Wert reflektieren. Für Inhaber grosser Flexibilitätspotenziale sind entsprechend individualisierte Verträge zulässig.
- Die Präferenz der VNB, auf deren Ebene mehr Flexibilitäten eingesetzt werden sollen, geht klar in Richtung Steuerung der Flexibilitäten. Dementsprechend werden den VNB gesetzlich garantierte Nutzungen netzdienlicher Flexibilität sowie ein Vorrecht an bestehenden Flexibilitäten eingeräumt (vgl. dazu «Neue Möglichkeiten zugunsten der VNB»).
- Die Kosten für die Nutzung netzdienlicher Flexibilität sind grundsätzlich anrechenbar (Art. 15 StromVG).
- Mit der Regulierung der netzdienlichen Flexibilitätsnutzung werden auch Zuständigkeiten der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) eingeführt: Aufsichtsaufgaben betreffend die garantierten netzdienlichen Nutzungen, welche periodisch rapportiert werden müssen, sowie die Kompetenz zur Anpassung missbräuchlicher Vergütungen (Art. 22 Abs. 2 Bst. d StromVG).
Mit der Regelung der Inhaberschaft und der Vertragsfreiheit als Grundprinzipien sollen zugleich die Voraussetzungen für die Entstehung neuer lokaler Flexibilitätsmärkte geschaffen werden.
Bestandswahrung und Grenzen
Bestehende Flexibilitäten, welche der VNB durch ein Steuer- und Regelsystem (insb. herkömmliche Rundsteuerungen) vor dem 1. Januar 2026 bereits genutzt hat, können weitergenutzt werden, sofern dies vom Flexibilitätsinhaber nicht untersagt wird. Dies setzt eine jährliche Information der Flexibilitätsinhaber voraus, welche schriftlich zu erfolgen hat. Die Einzelheiten zur Informationspflicht sowie zur Möglichkeit des sog. Opt-out durch die Inhaber der betreffenden Flexibilitäten finden sich in Art. 19d StromVV geregelt. Das bereits installierte Steuer- und Regelsystem muss selbst bei künftiger Untersagung durch den Flexibilitätsinhaber nicht entfernt werden.
Sollte das Potenzial für eine netzdienliche Flexibilitätsnutzung durch die VNB nicht ausreichend erschlossen werden bzw. sollten sich keine neuen Flexibilitätsmärkte entwickeln können (vgl. Votum SR Rieder in der parlamentarischen Debatte), kann der Bundesrat gemäss dem in Art. 17c Abs. 3 Satz 3 StromVG vorbehaltenen Nachregulierungsvorbehalt «Massnahmen für die bessere Erschliessung dieses Potenzials vorsehen», welche auch «zulasten der Verteilnetzbetreiber gehen [dürfen]».
Neue Möglichkeiten zugunsten der VNB
Garantierte Nutzungen des VNB und Verhältnis zu anderen Nutzungen
Das StromVG garantiert den VNB sowohl die netzdienliche Abregelung eines Anteils der Einspeisung aus EE-Anlagen sowie auch die Flexibilitätsnutzung «bei einer unmittelbaren erheblichen Gefährdung des sicheren Netzbetriebs» (Art. 17c Abs. 4 Bst. a und b sowie Abs. 5 StromVG). Der VNB erhält damit garantierte steuerbare Flexibilität.
Ein grosser Stellenwert kommt aus Sicht der Strombranche der neu vorgesehenen fixen «[Ab-]Regelung der Einspeisung von PV-Anlagen» zu, zu welcher der VSE im September 2025 die Branchenrichtlinie «NRE – CH 2025» erlassen hat. Obschon die gesetzliche Grundlage technologieneutral formuliert ist, erachtet der VSE wie der Gesetzgeber das «sachgerechte Kosten-Nutzen-Verhältnis» einstweilen nur bei der PV als gegeben. Dort ist die Abregelung «aus volkswirtschaftlicher Sicht sehr wichtig und alternativlos». Spätere Empfehlungen für eine Abregelung der Erzeugung aus weiteren Technologien werden vorbehalten. Mit der in der Branchenempfehlung vorgesehenen fixierten Abregelung der Einspeisespitzen bei der PV-Produktion erhält der VNB nicht nur steuerbare, sondern sog. statische Flexibilität, mittels welcher der produktionsbedingte Netzausbaubedarf reduziert werden kann und bedeutend mehr PV-Anlagen in den bestehenden Stromnetzen angeschlossen werden können (so der NRE – CH 2025 Ziff. 1.1(2)).
Als Alternative zur fixen, statischen Abregelung durch den VNB mittels Einspeiselimitierung kommt gemäss Branchenempfehlung auch eine dynamische Flexibilitätsvergütung für die Einspeisung aus PV-Anlagen in Frage, wobei diese energiedienlich oder netzdienlich erfolgen kann (vgl. dazu den Abschnitt «Dynamischere Tarifierung»). Bei der Preissetzung ist gemäss NRE – CH 2025 Ziff. 2.3.2(3) zu berücksichtigen, dass die Flexibilitätsnutzung im Rahmen der garantierten Nutzung ohne Entschädigung erfolgt.
Zur Möglichkeit, PV-Überschuss mit Speichern oder verbrauchsseitiger Flexibilität aufzufangen, äussert sich das Branchendokument wie folgt: «Wieviel PV-Überschuss in der Zukunft wirklich abgeregelt wird, hängt davon ab, wie viel PV-Überschuss Speicher und flexible Stromverbraucher aufnehmen können» (Ziff. 1.1(3)).
Schliesslich wird – so der NRE – CH 2025 Ziff. 1.1(4) weiter – «[f]ür den Ausgleich von Produktion und Verbrauch […] in absehbarer Zukunft oft eine Regelung der Einspeisung von PV für marktdienliche (Spotmarkt, Bilanzgruppenausgleich) und systemdienliche (Systemdienstleistungen, SDL) Zwecke notwendig sein. Wenn ein signifikanter Teil der Einspeisespitzen «marktdienlich» vom Strommarkt abgeregelt wird, dann müssen […] «netzdienliche» Regelung[en] nur in spezifischen netzrelevanten Fällen eingesetzt werden».
Daraus lässt sich schliessen, dass auch das Verständnis der Branche dahin geht, dass in Bezug auf die Nutzung des Flexibilitätspotenzials grundsätzlich möglichst Marktmechanismen zum Tragen kommen sollen, wobei der Vorrang der Abregelung der Einspeisung sowie der netzdienlichen Nutzung in Gefährdungssituationen vom VNB jedoch sollen beansprucht werden können.
Letztlich sind es idealerweise Marktmechanismen, welche die verschiedenen Flexibilitätsnutzungen koordinieren. Mit dem zunehmenden netzorientierten Flexibilitätseinsatz steigt jedoch der Komplexitätsgrad des Stromsystems, sodass Koordinationsmechanismen bzw. Prozesse erforderlich sind. Es kann dazu auf das Themenpapier «Flexibilitätskoordination» des VSE vom April 2025 sowie auch auf das Erläuterungspapier von Swissgrid vom September 2025 zur Marktpotenzialstudie «TSO-DSO Coordination» verwiesen werden, welches namentlich auch bereits bestehende Initiativen wie insbesondere die nationale Datenplattform mit entsprechender Erweiterungsoption (vgl. Art. 17g Abs. 4 Bst. d StromVG) auflistet.
Nutzung durch die Übertragungsnetzbetreiberin
Die garantierten netzdienlichen Nutzungen von Flexibilitäten durch die VNB haben gemäss der neuen gesetzlichen Regelung grundsätzlich Vorrang vor der systemdienlichen Nutzung durch Swissgrid (Art. 17c Abs. 5 StromVG). Dies ist im Rahmen der Koordinationsprozesse zu berücksichtigen.
Kommt es aber infolge einer Störung zu einer Gefährdung des Systembetriebs, gelangt die Kaskade (hintereinander geschaltete Netze) möglicher Massnahmen der Netzbetreiber zur Sicherstellung eines stabilen Netzbetriebs mit manuellem Lastabwurf als Letztmassnahme zur Anwendung. Es kann dazu auf das entsprechende Branchendokument «MLS – CH 2019» verwiesen werden.
Weitere Flexibilitätsnutzungen
Flexibilität anbieten können neben Produzenten auch Endverbraucher und Speicherbetreiber, sei es im Sinne einer (aktiven) Demand Side Response (mittels spezifischer Stromprodukte von Stromlieferanten für freie Endverbraucher oder neu auch mittels dynamischer oder zeitlich variabler Tarife des VNB bzw. des Grundversorgers) oder im Sinne eines Demand Side Managements durch den VNB oder durch einen Aggregator.
Möglich sind weitere netzdienliche Nutzungen durch den VNB, die er aber im Gegensatz zu den garantierten kostenlosen Nutzungen zu kontrahieren hat, die er also weder kostenlos noch gegen den Willen des Flexibilitätsinhabers vornehmen und für welche er auch keinen Vorrang beanspruchen kann (Art. 17c Abs. 5 StromVG e contrario).
Dies gilt insbesondere auch für Flexibilitäten, die der VNB in seiner Rolle als Grundversorger zwecks Energieoptimierung vorzunehmen gedenkt. Energiedienliche Flexibilitäten müssen kontrahiert werden und sind nicht in den Netzkosten anrechenbar.
Energieversorgungsunternehmen (EVU) können ebenfalls als Flexibilitätsanbieter auftreten, und zwar nicht nur als Produzenten, die über flexible Produktionskapazitäten verfügen, sondern zunehmend auch als Betreiber von Batteriespeichern, die nicht nur netzdienlich, sondern auch am Markt eingesetzt werden können (vgl. dazu insb. den kürzlichen Beitrag von Marisa Timm in PerspectivE). Weitere Flexibilitätspotenziale beinhalten zudem andere Umwandlungstechnologien wie z.B. die Umwandlung mittels Elektrolyse in Wasserstoff (vgl. zur Netzentgeltbefreiung bzw. Rückerstattungsmöglichkeit der neue Art. 14a StromVG).
Es wird sich zeigen, ob sich angesichts der weiteren Nutzung bestehender Flexibilitäten sowie garantierter kostenloser Nutzungen durch die VNB neben SDL-Märkten auch neue lokale Flexibilitätsmärkte entwickeln können (vgl. Art. 17c Abs. 3 StromVG mit Nachregulierungsvorbehalt). Es wird einen Koordinationsmechanismus brauchen, welcher Konkurrenzsituationen und Wechselwirkungen regelt. Das Ziel müssen aber Flexibilitätsmärkte sein (vgl. dazu insb. das Erläuterungspapier von Swissgrid zur TSO-DSO Coordination).
Informationsaustausch und -prozesse zwecks Koordination
Es werden Informationsprozesse zu etablieren sein. Gesetz und Verordnung enthalten zum Informationsaustausch keine Vorgaben, sondern überlassen dies gemäss Art. 19c Abs. 5 StromVV der Branche. Die steigende netzdienliche Nutzung von Flexibilitäten erfordert eine zeitliche Abfolge, Priorisierung und Koordination, wie in Ziff. 3.1(1) des entsprechenden Branchendokuments NRE – CH 2025 zu Recht festgehalten wird. Konkreter zu diesem wichtigen Thema äussert sich die NRE aber nicht. Die Abregelung der Einspeisung der PV-Anlagen hat gemäss Branchenempfehlung erste Priorität und deren Aktivierung durch den VNB darf durch Dritte nicht aufgehoben werden. Wie dies zu bewerkstelligen ist, wird in NRE Ziff. 3.1.1 und 3.1.2 dargelegt.
Dynamischere Tarifierung
Ein weiteres Thema der StromVG-Revision sind neue Tarifmodelle, mit welchen monetär beanreizt werden soll, dass der Stromverbrauch nicht mehr wie früher pauschal vom Tag in die Nacht verschoben, sondern möglichst zeitgleich mit den lokalen Produktionsspitzen der PV erfolgen soll. In der EU werden die Netzbetreiber sogar verpflichtet, zeitlich variable Netznutzungsentgelte anzubieten. Zudem sind grosse Versorger mit mehr als 200'000 Endverbrauchern verpflichtet, einen dynamischen Stromtarif anzubieten. Zur Frage, ob sich solche zeitlich variierenden Anreize verstärken oder sich gegenseitig aufheben, kann auf die Ergebnisse einer Analyse von Goupe E bzw. den Beitrag von Peter Cuony in PerspectivE vom 19.07.2023 verwiesen werden, gemäss welchen mit solchen Tarifen sowohl eine netz- als auch eine marktdienliche Wirkung erzeugt werden kann.
Mit neuen Tarifmodellen erfolgt ein Demand-Side-Reponse-Ansatz, mittels welchem aktive Kunden mit einem Energiemanagementsystem angesprochen werden sollen. Eine Kombination mit dem von den VNB in der Regel präferierten Demand Side Management mit Steuerung durch den Netzbetreiber ist möglich.
Flexibilitätspotenzial der bidirektionalen E-Mobilität
Das neue Flexibilitätspotenzial der E-Mobilität, insbesondere Vehicle-to-Grid, liegt in der Schweiz derzeit noch weitgehend brach. Es wird davon ausgegangen, dass sich dieses Potenzial erst in ein paar Jahren entwickeln wird, wenn die Interoperabilität zwischen bidirektionalen Autos und Ladestationen weiter verbreitet ist. Grundsätzlich gilt bis auf Weiteres der mit dem Mantelerlass geschaffene Regulierungsrahmen. Ob das bidirektionale Laden mit dem entsprechenden zusätzlichen Flexibilitätspotenzial von selbst kommt oder noch gezielter beanreizt werden muss (bzw. soll), wird sich zeigen.
Ökonomische Überlegungen
Der Definition von Eigentumsrechten wurde bei der Gesetzgebung eine grosse Bedeutung beigemessen. Das zeigt, dass der Gesetzgeber darauf vertraut, dass die politisch gesetzten Ziele am besten mit den Regeln des freien Marktes erfüllt werden können. Aus ökonomischer Sicht ergeben sich daraus hauptsächlich zwei übergeordnete Fragestellungen, welche es zu untersuchen gilt.
Erstens: In freien Märkten optimieren alle Akteure ihren Nutzen aus individueller Perspektive. Dies führt jedoch nicht zwangsläufig auch zum angestrebten gesamtgesellschaftlichen Optimum. Wie sieht dies im Falle der Flexibilitätsmärkte aus?
Zweitens: Entstehen durch die vielseitigen Möglichkeiten für Anbieter und Nachfrage von Flexibilitäten und die damit verbundene Fragmentierung überhaupt noch funktionierende, liquide Märkte mit markträumenden Gleichgewichtspreisen? Und wie verändern sich diese Märkte bei steigendem Flexibilitätsangebot?
Individuelle Nutzenmaximierung führt zu kollektivem Optimum auf den Flexibilitätsmärkten
Die allgemeine Wohlfahrtstheorie legt nahe, dass in einer nach den Regeln des freien Marktes organisierten Volkswirtschaft mit individueller Nutzenmaximierung auch der kollektive Nutzen optimiert wird. Mit der Festlegung der Eigentumsrechte für die Flexibilitäten wird eine zentrale Voraussetzung geschaffen, damit überhaupt ein funktionierender Markt entstehen kann. Auch die praktische Analyse zeigt, dass die individuelle Nutzenmaximierung auf den Flexibilitätsmärkten zu einem kollektiven Optimum beiträgt.
Aus Sicht der Flexibilitätsinhaber ist in erster Linie relevant, welche Primärfunktion die Flexibilität überhaupt hat. Notstromaggregate oder inselbetriebsfähige Batteriespeicher beispielsweise sollen die eigene Stromversorgung zusätzlich absichern. Der Einsatz zur Lastverschiebung spielt hier keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Haben Flexibilitäten keine solche Primärfunktion, so können deren Inhaberinnen bzw. Inhaber ihren Nutzen erhöhen – beispielsweise durch die Verringerung eigener Lastspitzen, einer Steigerung des Eigenverbrauches oder die Verschiebung des Strombezuges in Zeiten tiefer Energiepreise. All diese Bestrebungen führen in der Regel zu einer geringeren Belastung des Stromversorgungssystems und sind damit auch im Interesse der Allgemeinheit.
Nachfrager von Flexibilitäten wiederum wollen diese netz- oder systemstabilisierend einsetzen, das Stromangebot und die -nachfrage glätten oder die Versorgungssicherheit mit inländischen erneuerbaren Energien erhöhen. Damit sinken tendenziell die Netzausbau- und Energiebeschaffungskosten, was wiederum auch im Interesse aller Stromverbraucher ist.
Nicht alle Teilmärkte funktionieren gleich gut
Etwas komplizierter gestaltet sich die Untersuchung der Frage, ob überhaupt funktionierende Märkte entstehen können. Die eingangs erwähnten drei verschiedenen Nutzungsformen von Flexibilitäten (marktorientiert, systemorientiert, netzorientiert) definieren die drei Teilmärkte. Ein stabiles Gleichgewicht sollte sowohl auf den einzelnen Teilmärkten als auch zwischen den Teilmärkten entstehen.
Für die marktorientierte Flexibilitätsnutzung besteht bereits heute ein funktionierender liquider Markt. Die Marktteilnahme ist hauptsächlich für flexible Produktionen und Speicher interessant. Kleinere Flexibilitätsanbieter benötigen ggf. einen Dienstleister als Aggregator, da für kleine Anbieter Markteintrittshürden bestehen. Aufgrund des bestehenden Marktvolumens ist nicht zu erwarten, dass ein zunehmendes Angebot von Flexibilitäten zu grossen Veränderungen in diesem Markt führt.
Für die systemorientierte Flexibilitätsnutzung besteht ebenfalls ein etablierter Markt. Die Marktteilnahme ist sowohl für Produzenten, Speicher als auch für flexible Lasten möglich. Es bestehen auch bereits Angebote von Aggregatoren, welche kleineren Anbietern die Teilnahme ermöglichen. Dieser Markt befindet sich jedoch zunehmend in einem starken Wandel. Die Preise für Regelenergie sind in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen (Quelle: ElCom). Dabei ist fraglich, ob der Anstieg allein darauf zurückzuführen ist, dass die Nachfrage nach Systemausgleich schneller gewachsen ist als das Angebot. Die Notwendigkeit von kurzfristigen Markteingriffen wie eines temporären Preis-Caps und Diskussionen über eine Anpassung des Markt-Designs legen die Vermutung nahe, dass sich die Rahmenbedingungen so stark verändert haben, dass inzwischen die Tendenz zu einem Marktversagen vorliegt. Ein wachsendes Angebot an Flexibilitäten könnte hier die Marktliquidität erhöhen und zum besseren Funktionieren des Marktes beitragen.
Für die netzorientierte Flexibilitätsnutzung ist bisher kaum eine Marktbildung beobachtbar. Dies hängt zum einen mit der Herausforderung zusammen, wie Angebote und Nachfrage standardisiert werden können. Die bisher fehlende Standardisierung führt zu hohen Informations- und Transaktionskosten. Eine weitere Schwierigkeit stellen netztopologische Restriktionen dar: Netzengpässe müssen lokal behoben werden. Damit trifft an jedem Punkt ein einzelner Netzbetreiber als Flexibilitätsnachfrager auf ein lokal tendenziell begrenztes Angebot an Flexibilitäten. Dies erschwert wiederum die effiziente Bildung von Gleichgewichtspreisen. Deshalb ist anzunehmen, dass lediglich punktuell an «Hotspots» kleine Märkte entstehen. Die Bildung eines flächendeckenden, liquiden Marktes kann jedoch kaum erwartet werden.
Das grösste Potenzial für den netzdienlichen Einsatz von Flexibilitäten besteht für die temporäre Überbrückung von Engpässen, bis ein Netzausbau realisiert werden kann. Netzbetreiber können beispielsweise temporär die Reduktion der Einspeiseleistung neuer PV-Anlagen kontrahieren, um die Zeit bis zur Fertigstellung der notwendig gewordenen Netzverstärkung zu überbrücken. Sind lokale Netzengpässe mittelfristig durch Netzausbau nicht mehr relevant, sollten die Flexibilitäten über lokale Grenzen hinaus nutzbar sein, so dass das Potential dort genutzt werden kann, wo es den grössten Nutzen stiftet.
Gleichgewichte in und zwischen den Märkten
Zwischen den drei beschriebenen Teilmärkten sind verschiedene Abhängigkeiten zu erwarten und teilweise bereits zu beobachten. Die beiden Märkte für die markt- und die systemorientierte Nutzung existieren bereits heute nebeneinander. Möglicherweise sind die zunehmende Volatilität des Energiemarktes und die damit verbundenen, wachsenden Arbitragemöglichkeiten mit ein Grund für fehlende Angebote an Flexibilität auf den Regelenergiemärkten. Durch die angestrebte, verstärkte Bemühung von VNB um Flexibilitäten als Alternative zum Netzausbau könnte sich diese Problematik weiter verschärfen. Gemäss einem Bericht von Frontier Economics sieht der Verband europäischer Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E Bedarf für verstärkte Koordination und gemeinsame Plattformen von VNB und ÜNB bei der Flexibilitätsbeschaffung, um optimal priorisieren zu können und eine gegenseitige Kannibalisierung zu verhindern.
Allerdings muss umgekehrt verhindert werden, dass zu starke Koordination, Absprachen und Eingriffe oder Änderungen am Markt-Design als neue Markteintrittsbarrieren wirken und letztlich dazu führen, dass Flexibilitäten gar nicht mehr für den system- oder netzorientieren Einsatz angeboten werden. Diese Herausforderungen werden auch in der Schweiz bereits adressiert: der VSE beschreibt und evaluiert im Themenpapier «Flexibilitätskoordination» verschiedene Koordinationsmechanismen, während Swissgrid im Projekt «TSO-DSO Coordination» den Aufbau einer zentralen Marktplattform vorbereitet.
Die Entwicklung von Flexibilitätsmärkten im Sinne des Gesetzgebers hängt somit stark davon ab, inwieweit mittelfristig die lokale, netzorientierte Nutzung und die schweizweite markt- und systemorientierte Nutzung ins Gleichgewicht kommen. In der kurzen Frist trägt die garantierte, unentgeltliche Flexibilitätsnutzung durch den Verteilnetzbetreiber zur Effizienz bei, da hohe Netzausbaukosten vermieden werden können. Mittel- und längerfristig wird aber die Nutzung zur Vermeidung lokaler Netzengpässe zunehmend gegen alternative Flexibilitätsnutzungen (markt- oder systemdienlich) abgewogen werden müssen. Damit sich alle Märkte optimal entwickeln, ist es erforderlich, dass alle Nutzer von Flexibilitäten bezahlen und keine Nutzung regulatorisch bevorzugt wird.
Die Überlegungen zeigen, dass durch die Anpassung der Flexibilitätsregulierung das bereits bestehende (und auch genutzte) Potenzial durch markt- und systemorientierten Einsatz um die netzorientierte Komponente erweitert wird. Die Nachfrage nach Flexibilitäten existiert und wächst tendenziell. Dadurch werden auf den Märkten positive Preise erzielt, was neue Investitionsanreize in das Angebot von Flexibilitäten setzt. Die Digitalisierung ermöglicht zudem den Markteintritt von innovativen Dienstleistern, welche die Angebote standardisieren und bündeln können. Es darf jedoch nicht erwartet werden, dass sich ein einheitliches, langfristig stabiles Gleichgewicht über alle drei Märkte einstellen wird. Unter den verschiedenen Nebenbedingungen (Primärnutzung, lokale Grenzen, Regulierungswechsel, Preisentwicklung, Dienstleistungsangebot) ist eher ein dynamisches Gleichgewicht mit periodischem «Kippen» der Einsatzpriorität zu erwarten.
Regulatorische Hindernisse und offene Fragen
«Ziel des Gesetzgebers ist es, netzdienliche Flexibilität sowie Flexibilität ‘hinter dem Anschlusspunkt’ zu entwickeln, indem die Möglichkeiten der Eigenverbrauchsoptimierung zur Netzentlastung genutzt werden» (so der Erläuternde Bericht des UVEK vom 19. Februar 2025, S. 6). Mit der Abregelungsmöglichkeit geht es dementsprechend darum, die Einspeisung am Anschlusspunkt zu begrenzen und nicht die Produktion aus EE als solche, welche mittels Speicher weiterhin «eigenverbrauchsoptimiert» genutzt werden soll. Art. 19c Abs. 4 StomVV legt den zulässigen Anteil der Abregelung nicht als Anteil der Einspeiseleistung fest, sondern als Anteil der jährlich erzeugten Energie am Anschlusspunkt. Damit belässt die StromVV bewusst Raum für die von der Branche empfohlene fixe Einspeiselimitierung aus PV-Anlagen bei 70%. Dies soll – so die Erwartung – zu einer deutlichen Kostensenkung im Verteilnetz führen. Mittelfristig dürfte sich die ElCom auch dazu vernehmen lassen, ob allenfalls eine extensive lokale Optimierung stattfindet, welche der gesamtwirtschaftlichen Optimierung im Weg steht (SDL-Angebot, Marktflexibilität).
Die sonstige garantierte und kostenlose Nutzung durch den VNB setzt eine «unmittelbare erhebliche Gefährdung des sicheren Netzbetriebs» – so Art. 17c Abs. 4 Bst. b StromVG – voraus. Diese Formulierung impliziert einen nur ausnahmsweisen Einsatz. Ob Art. 19a Bst. a StromVV, welcher in der Definition von netzdienlicher Flexibilität u.a. «angespannte lokale Netzsituationen» festhält, die gesetzliche Voraussetzung eines garantierten netzdienlichen Einsatzes zu relativieren vermag, ist offen. Der NRE – CH 2025 spricht in Ziff. 1.1(1) von «gefährdetem oder gestörtem Netzzustand». Weitere Vorgaben eines solchen vorrangigen und kostenlosen Einsatzes – namentlich auch in umfangmässiger und zeitlicher Hinsicht – bestehen aktuell nicht. Es wird im Rahmen ihrer neuen Kompetenzen Sache der ElCom sein, die Informationen, die sie im Rahmen des jährlichen Reportings über die getätigten Nutzungen nach Art. 17c Abs. 4 Bst. b i.V.m. Abs. 5 StromVG von den VNB künftig erhält, auszuwerten.
Grundsätzlich hat der Zugriff auf die garantierten Flexibilitätsnutzungen durch den VNB diskriminierungsfrei zu erfolgen. Bedeutet dies, dass der Zugriff in Gefährdungssituationen unabhängig davon erfolgen kann, ob die Flexibilität hinter dem Anschlusspunkt bereits anderweitig kontrahiert ist? Darf der VNB auch selektiv eingreifen oder wäre dies ein entschädigungspflichtiges Sonderopfer, wenn es nur Einzelne trifft? Zur Koordinationsthematik kann einmal mehr auf das Themenpapier des VSE verwiesen werden, welches als Vorarbeit zu einer Branchenempfehlung zum Thema zu verstehen ist. Ein weiteres Thema sind sodann die Kosten, welche infolge der Flexibilitätsnutzung einzelner Endverbraucher im Netz entstehen. Grundsätzlich gilt das Verursacherprinzip (Art. 14 Abs. 3 Bst. a StromVG). Soweit sie als Speicher ohne Endverbrauch zu qualifizieren sind, haben die Betreiber solcher Anlagen aber gestützt auf Art. 14a Abs. 4 StromVG je nachdem Anspruch auf eine teilweise Rückerstattung des Netznutzungsentgelts.
Weitere Rechtsfragen ergeben sich schliesslich aufgrund dessen, dass VNB nicht nur als Flexibilitätsnachfrager, sondern zunehmend auch als Anbieter nicht nur von flexibler Produktion, sondern auch als Speicherbetreiber auf den Märkten aktiv sind.
Schlussfolgerungen
Das Parlament hat in Art. 17c Abs. 3 StromVG einen Nachregulierungsvorbehalt angebracht: Sollte das Potenzial für andere als netzdienliche Flexibilitätsnutzungen durch innovative Elektrizitätswerke nicht erschlossen werden bzw. sich keine neuen Flexibilitätsmärkte entwickeln können (vgl. Votum SR Rieder), kann der Bundesrat wie bereits gesagt «Massnahmen für die bessere Erschliessung dieses Potenzials vorsehen», welche auch «zulasten der Verteilnetzbetreiber gehen [dürfen]». Dieser Vorbehalt wurde im Kontext der Nutzung bestehender Flexibilitäten angebracht. Ob und wie in ein paar Jahren solche vor dem 1. Januar 2026 bereits bestehenden Flexibilitäten noch eruiert und nötigenfalls beschränkt werden können, wird sich weisen. Ob der Vorbehalt über die bestehenden Flexibilitäten hinausgeht und ob künftigen Beschränkungen dereinst nicht doch die Eigentumsgarantie entgegengestellt werden kann, ist offen.
Mit der neuen Regelung wurde die Grundlage geschaffen, dass unterschiedliche Flexibilitätsnutzungen einfacher in Konkurrenz zueinander treten können. Der Markt für Flexibilitäten ist aufgrund unterschiedlicher Strukturen und Regulierungen auf der Angebots- und vor allem auch Nachfrageseite nicht einheitlich. Es ist daher nicht zu erwarten, dass sich allein durch die Regelungen, die am 1. Januar 2026 in Kraft treten, ein einheitlicher Preis herausbildet. Vielmehr ist zu erwarten, dass die jeweilige allgemeine Situation auf den Märkten für Energie und SDL sowie beim Netzausbau beeinflussen, in welcher Anwendung in einem bestimmten Zeitraum Flexibilitäten am stärksten nachgefragt werden.
In seinem Bericht zur «Versorgungssicherheit und Wettbewerbsentwicklungen unter dem StromVG und der StromVV» vom 14. Mai 2025 an den Bundesrat sieht das BFE das höhere Steuerungspotenzial als Treiber für eine vermehrte Flexibilitätsnutzung. Im Bereich der Flexibilitätsmärkte im internationalen Vergleich setzen aber sowohl das schweizerische Grundversorgungsmodell als auch das Kostenregulierungsmodell beim Netz wenig Anreize für eine vermehrte Nutzung ihres Flexibilitätspotenzials durch die Endverbraucher. Dementsprechend sind Preissignale nicht in ausreichendem Masse vorhanden, sondern müssen mit entsprechenden Vergütungen bzw. Tarifen gesetzt werden. Ob das genügt?
Sollte die Regulierung weiterentwickelt werden, ist jedenfalls darauf zu achten, Märkte nicht herbeizuregulieren, sondern Märkte zu stärken, damit sich die Nutzung des Flexibilitätspotenzials optimal auf die Nutzungen für das Verteilnetz, SDL und den Markt verteilt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Marktergebnis nicht allein durch die Regulierung der Flexibilitäten beeinflusst wird, sondern auch stark durch das komplexe Regulierungsgefüge für SDL, Verteilnetz und Markt. Entscheidend sind am Ende die Preissignale. Entstehen am Markt anhaltend positive Preise, so setzen diese Anreize für Investitionen in Flexibilitäten und das in dem Ausmass, wie Flexibilitäten tatsächlich zur Effizienzsteigerung im Stromsystem beitragen.