Die Privathaushalte spielen eine entscheidende Rolle bei der Erreichung der Klimaziele: über 40% des weltweiten Primärenergieverbrauchs und ca. 25% der Treibhaugasemissionen fallen hier an. Einsparungen im Gebäudebereich sind möglich, wenn beispielsweise lokale Energieproduktion aus erneuerbaren Energiequellen mit wärmepumpenbasierten Heizsystemen und geeigneten Energiespeichern kombiniert werden. Allerdings setzt das optimale Funktionieren einer wärmepumpenbasierten Heizung ein Energiemanagement voraus, das sowohl die Verfügbarkeit von Energie als auch die Nutzungsmuster berücksichtigt. Denn die schwankende Verfügbarkeit von erneuerbaren Energiequellen sowie die Schwierigkeiten, die mit der Speicherung von elektrischer und thermischer Energie verbunden sind, erhöhen die Komplexität des Energiemanagements in einem solchen System.
Die Herausforderung einer wärmepumpenbasierten Heizung liegt im Vergleich zu einer fossilen Heizung darin, dass die Speicherung von Wärme – beispielsweise in einem Warmwasserspeicher – mit Verlusten behaftet und in der Kapazität beschränkt ist, wohingegen Energie bei einer Ölheizung verlustlos gespeichert und bei Bedarf mit hoher Leistung bezogen werden kann. Demgegenüber hat eine Wärmepumpe jedoch den Vorteil, dass durch Nutzung der Umgebungswärme Wirkungsgrade bis 500% möglich sind, während eine Ölheizung einen theoretischen Wirkungsgrad von nur ca. 90% erreicht. Das Energiemanagement muss diesen Eigenschaften einer wärmepumpenbasierten Heizung gerecht werden.
Stand der Technik
Ein Modellbeispiel eines Gebäudes mit seinem Wärmesystem zeigt Abbildung 1. Es enthält eine interne Energieerzeugung mit Photovoltaik (PV) sowie zwei unterschiedliche Wärmespeicher: einen Eisspeicher mit grosser Kapazität aber geringer Leistung und einen Warmwasserspeicher mit hoher Leistung aber geringerer Kapazität. Die Leistung der Wärmepumpe kann stufenlos variiert werden.

Gemäss Stand der Technik hat jede dieser Komponenten ihre eigene kleine Steuerungslogik. Diese beruht auf Regeln (wenn – dann – Beziehungen), die beispielsweise als Heizkurven abgelegt sind. Da garantiert werden muss, dass jederzeit genügend Wärme zur Verfügung steht, sind diese Regeln entweder mit einer grossen Sicherheitsmarge ausgelegt oder müssen periodisch manuell nachjustiert werden, was aufwendig ist und in der Praxis selten geschieht.
Zentrale Steuerungslogik
Es liegt nahe, die Komponenten mit einer zentralen Steuerungslogik zu koordinieren, deren Ziel die garantierte und möglichst kostengünstige Wärmeversorgung zu jeder Zeit ist, wobei auch dynamische Strompreise berücksichtigt werden können. Im Idealfall kann sich die Steuerung selbständig an veränderliche Verbrauchsmuster anpassen. Das Funktionsprinzip einer solchen Steuerung ist schematisch in Abbildung 2 dargestellt.

Die Steuerung trifft ihre Entscheidungen unter Berücksichtigung der erwarteten Szenarien innerhalb eines festen Vorhersagehorizonts, der typischerweise etwa den Zeitraum zwischen einem Tag und einer Woche umfasst. Nebst den Vorhersagen über beispielsweise Temperaturen, Sonnenscheindauer sowie gegebenenfalls Strompreise wird dazu auch ein Modell benötigt, mit dem die Steuerung Szenarien durchspielen und eine optimale Entscheidung treffen kann. Bei Neubauten existiert ein passendes Modell häufig bereits, bei den weitaus häufigeren Sanierungen muss es entweder erstellt oder trainiert werden. Die Möglichkeiten zum Einsatz trainierter Modelle sind aufgrund der mittlerweile verbreiteten grossflächigen Erfassung von Daten recht gut.
Anwendungsbeispiele
Konzepte mit zentraler Steuerungslogik wurden bereits an realen Gebäuden oder in realistischen Simulationen getestet und haben dabei sehr gute Ergebnisse erzielt.
Fallbeispiel 1 [1]: Zusammen mit einem innovativen Startup wurde für ein grosses Bauernhaus aus dem Jahr 1840 ein modernes Heizsystem ausgelegt, das etwa dem Aufbau aus Abbildung 1 entspricht. Die angegebene Effizienz ist das Verhältnis aus verbrauchter zu importierter Energie. Die Steuerungslogik wurde hier als sogenannte Model Predictive Control (MPC) realisiert. Diese arbeitet mit einem manuell erstellten Modell und einem mathematischen Optimierungsalgorithmus. Im Vergleich zu der vorhandenen, regelbasierten Steuerung (Rule Based Control, RBC) konnte die Effizienz um einen Faktor 1.6 gesteigert werden. Die Ergebnisse über ein Jahr sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

Es wurde in beiden Fällen etwa dieselbe Wärmeenergie benötigt und auch etwa dieselbe Energiemenge intern mit PV produziert. Der Unterschied liegt darin, dass die MPC die produzierte Energiemenge effizienter nutzen kann und deutlich weniger Energie aus dem Stromnetz importieren muss.
Fallbeispiel 2 [2]: In der zweiten Studie wurde ein Modell mit demselben Heizsystem wie in Fallbeispiel 1 in einer Simulationsstudie untersucht. Die Steuerung beruht diesmal auf einem trainierten Modell und die Optimierung wird durch ein neuronales Netz berechnet. Der Vorteil davon ist, dass der Modellierungsaufwand deutlich verringert wird. Umgekehrt sind die Lernverfahren neuronaler Netze nicht deterministisch. Dadurch ergibt sich eine gewisse Streuung in den Ergebnissen, die nicht von äusseren Einflüssen, sondern von der Optimierung selbst herrührt. Die Ergebnisse sind in Abbildung 3 daher mit einer Unsicherheit dargestellt. Es wurden mehrere Algorithmen getestet, die in der Abbildung mit RLC 1 bis RLC 7 bezeichnet sind. Die Bezeichnung RLC steht dabei für Reinforcement Learning Control und bezieht sich auf den verwendeten selbstlernenden Algorithmus.

Als Benchmark dient wiederum die regelbasierte Steuerung. Die horizontale Achse in der Graphik stellt die aus dem Netz bezogene Energie dar und die vertikale Achse die Energiemenge, die jährlich in das Netz zurückgespeist wird. Auch in diesem Experiment wird sehr deutlich, dass die regelbasierte Steuerung weit davon entfernt ist, die intern produzierte Energie effizient zu nutzen – die Rückspeisung von Energie in das Stromnetz deutet darauf hin, dass ein grosser Teil der intern produzierten Energie nicht für die Gebäudeklimatisierung verwendet werden konnte.
Was bleibt zu tun?
Die angewandte Forschung im Bereich innovativer Heizsysteme zeigt, dass die Effizienz gegenüber herkömmlichen Steuerungen ohne Ersatz physischer Komponenten stark gesteigert werden kann. Der Aufwand für die manuelle Erstellung von Modellen kann stark reduziert werden, indem neuronale Netze verwendet werden. Der Wermutstropfen ist derzeit noch der enorme Bedarf an Daten für das Training der Modelle. An dieser Stelle forschen wir weiter. Dazu sind wir auf innovative Partner aus der Industrie angewiesen.
Referenzen
[1] Bolt, P., Jaeger, C., Ritzmann, R., Maier, O., & Füchslin, R. M. (2018). Model Predictive Control for Building Automation. EuroSun 2018 Conference Proceedings. Rapperswil, Switzerland.
[2] Bolt, P., Ziebart, V., Jaeger, C., Schmid, N., Stadelmann, T., & Füchslin, R. M. (2024). A Simulation Study on Energy Optimization in Building Control with Reinforcement Learning. ANNPR 2024, The 11th TC3 Workshop on Artificial Neural Networks in Pattern Recognition. Montreal, Canada.