Systemkosten: Offensiver Ausbau und Integration in Europa zahlen sich aus

Der Umbau des Energiesystems und die Elektrifizierung von Mobilität, Wärme und Industrie zu Erreichung der Klimaziele verursachen Kosten. Wie teuer die Energie- und Klimaziele die Schweiz zu stehen kommen, ist mitunter davon abhängig, welchen Weg die Schweiz im Lösungsraum der «Energiezukunft 2050» einschlägt. Die Resultate zeigen, dass sich die Investitionen lohnen: Die Systemkosten nehmen langfristig – und vor allem in offensiven Szenarien – um rund 20% ab.

In der Studie «Energiezukunft 2050» werden unter Systemkosten die für ein spezifisches Jahr anteiligen Kosten für Bau und Betrieb der inländischen Energieinfrastruktur sowie der zzgl. Stromimporte verstanden. Diese setzen sich aus annualisierten Investitionskosten, fixen und variablen Betriebs- und Unterhaltskosten, Brenn- und Treibstoffkosten inklusive Kosten für den Erwerb von CO2-Emissionszertifikaten sowie Kosten für Stromimporte zusammen. Im Inland anfallende anteilige Kosten zur Deckung des ausländischen Strombedarfs (Stromexporte) werden stundenscharf aus den Systemkosten herausgerechnet. Das Modell berücksichtigt dabei Kosten für die Verteilung (inkl. Netznutzungskosten) von Strom und Wärme, aber – im Gegensatz zu den Energieperspektiven 2050+ – nicht für den Neubau der dafür benötigten Infrastruktur sowie alle nicht direkt mit dem Energiesystem in Verbindung stehenden Infrastrukturen, wie bspw. die Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität.

Für die Berechnung der Systemkosten wurden zahlreiche methodische Vereinfachungen unterstellt. Im Modell verstehen sich alle Kosten exklusive Steuern, Abgaben bzw. Subventionen. Sie werden in Preisen Stand heute ausgewiesen.

20% tiefere Systemkosten trotz erhöhtem Investitionsbedarf gegenüber heute

Den Modellberechnungen zufolge werden die Systemkosten von heute rund 29 Mia. CHF pro Jahr – trotz zukünftig erhöhten Investitionsbedarfs – langfristig spürbar abnehmen. Und zwar um rund 20%, sofern nicht das defensiv-isolierte Szenario eintritt. Um- und Ausbauinvestitionen und -kosten der Stromnetze sind nicht in die Systemkosten eingerechnet. Die massgeblichen Gründe für die tieferen Systemkosten sind stark reduzierte Energieimporte, vor allem von fossilen Brenn- und Treibstoffen (Import heute im Umfang von rund 7 Mia. CHF/Jahr), die bis 2050 vollständig substituiert werden, sowie deutliche Effizienzsteigerungen aufgrund einer umfassenden Elektrifizierung des Energiesystems in den Bereichen Mobilität und Wärme. Die folgende Grafik zeigt die Systemkosten für die Stützjahre heute («REF»), 2030, 2040 und 2050.

Systemkosten pro Jahr und Szenario. CAPEX zeigen die annualisierten Investitionen für die Wiederbeschaffung unterteilt nach Technologien (Kernkraft, Wasserkraft, PV und andere). Betriebs- und Unterhaltskosten (OPEX) zeigen die variablen und fixen jährlichen Kosten aller Technologien. 

Offensive Szenarien verursachen tiefere Systemkosten

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die gesamten Systemkosten aller Szenarien recht ähnlich sind und sich innerhalb einer Spanne von 15% bewegen. Am günstigsten schneidet das Szenario «offensiv-integriert» ab, knapp besser als «offensiv-isoliert». Das Szenario «defensiv-isoliert» weist die höchsten Systemkosten von rund 28 Mia. CHF pro Jahr auf und erreicht nahezu den Status quo von heute. In diesem Szenario zwingen die nicht vorhandenen Optionen das System, teure Technologien einzusetzen, um die Energienachfrage zu decken. Dazu gehören insb. der vermehrte Import von synthetischen Brennstoffen und ein erhöhter Stromimport im Winter. Ebenso muss in Technologien investiert werden, die wirtschaftlich suboptimal eingesetzt werden, um mit den reduzierten Stromimportkapazitäten (NTC) während des Winters auszukommen. Daraus resultieren Kosten, die im Mittel rund 4 Mia. CHF pro Jahr höher sind als in den offensiven Szenarien.

Umbau des Energiesystems kostet rund 100 Milliarden bis 2050

Für den Umbau des Energiesystems werden in allen Szenarien bis 2050 insgesamt rund 100 Mia. CHF an (annualisierten) Investitionen benötigt. Dabei wurden die Investitionen berücksichtigt, welche direkt mit der Produktion, Umwandlung und Speicherung im Zusammenhang stehen, jedoch ohne Berücksichtigung des Um- und Ausbaus der Strom- und Gasnetze. Der nachgeschaltete Investitionsbedarf für die Beschaffung neuer Fahrzeuge, die Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität, Gebäudesanierungen und den Ersatz ineffizienter Geräte wurde nicht eingerechnet.

Wertentwicklung des Energiesystems während des Umbaus, summiert von 2020 bis 2050. Die Bilanz zwischen Zubau und Rückbau ist in den eingerahmten Werten aufgeführt und entspricht dem netto Wertzuwachs des Systems. Die Summe der positiven Werte entspricht Wertzuwachs durch die zu tätigenden Investitionen. Die Summe der negativen Werte entspricht dem Wertverlust durch den Rückbau bzw. nicht Ersatz bestehender Anlagen.

Die positiven Werte beschreiben die Investitionen in neue Anlagen (z.B. PV, Windkraft, GuD, Wärmepumpen, Fernwärmenetze, Batterien und thermische Speicher) summiert über rund 30 Jahre. Die negativen Werte beschreiben den Wert der Anlagen, welche in den nächsten 30 Jahren nicht mehr ersetzt werden. Dazu gehören bestehende Kernkraftwerke, Öl-, Gas- und Elektroheizungen, die in Zukunft nicht mehr benötigt werden. Die Summe der neuen Invesitionen und des reduzierten Anlagewerts respräsentieren den Wertzuwachs des zukünftigen Energiesystems gegenüber dem heutigen (REF). Dieser beträgt je nach Szenario +26 bis +38 Mia. CHF.

Das Szenario «offensiv-integriert» kann aufgrund vorübergehend höherer Stromimporte um das Jahr 2040 den Investitionsbedarf um rund 10% gegenüber den anderen Szenarien reduzieren.