Alpine PV und Windkraft für eine sichere Winterversorgung

Um die Herausforderung der Elektrizitätsversorgung im Winter zu bewältigen, können vor allem die Windkraft und Energie aus alpinen PV-Anlagen eine wichtige Rolle spielen. Das Potenzial dafür ist vorhanden.

Energie aus Sonne und Wind spielt in der Schweizer Energieversorgung eine zunehmend wichtige Rolle. Um Emissionsziele zu erreichen und die Versorgungssicherheit – speziell im Winter – zu erhöhen, muss bis 2050 ein signifikanter Anteil des Energiebedarfs der Schweiz aus Sonnen- und Windenergie stammen. Massgebend dafür sind zwei Gründe. Erstens muss wegen des graduellen Wegfalls der Kernenergie der heutige Elektrizitätsbedarf durch erneuerbare Quellen ersetzt werden. Zweitens steigt der Elektrizitätsbedarf (Landesverbrauch) durch die Elektrifizierung von Mobilität und Gebäudewärme von heute rund 60 TWh auf 80 bis 90 TWh im Jahr 2050. Dieser Anstieg um bis zu 30 TWh muss durch zusätzliche Produktion gedeckt werden.

Im Speziellen stellt die Elektrizitätsversorgung im Winter eine Herausforderung dar, da Importkapazitäten – insbesondere in den isolierten Szenarien – beschränkt sind und die Wasserkraft nicht signifikant ausgebaut werden kann. Der Bedarf durch die Elektrifizierung der Raumwärme steigt zudem überproportional in den Wintermonaten an, während die Solarenergie im Winter ihre geringste Erzeugung erreicht.

Hohe Ausbeute im Winterhalbjahr

Die Umwandlung von Sonnen- und Windenergie folgt tageszeitlichen und saisonalen Mustern. Für die Sonnenenergie sind über das Jahr betrachtet kleine statistischen Abweichungen bei der durchschnittlichen saisonalen Ausbeute zu erwarten. Anders bei der Windenergie, welche starken stochastischen Schwankung unterliegt. Dennoch lassen sich auch bei der Windenergie klare Muster erkennen: Die zu erwartende Ausbeute ist im Winterhalbjahr wesentlich höher als im Sommerhalbjahr. Zudem variieren die Windprofile zwischen verschiedenen Standorten teils erheblich. Besonders ertragreiche Windkraftwerke können auf dem Jurabogen und in den grossen Alpentälern aufgestellt werden.

Wie bei der Windenergie, gibt es auch bei der Solarenergie starke standortbedingte Unterschiede. So nimmt das Potential für Dach-Anlagen im Winter signifikant ab, da solche Anlagen hauptsächlich im Mittelland vorzufinden sind. Dagegen kann im Winter bei Anlagen in alpinen Regionen immer noch mit etwa der Hälfte der sommerlichen Produktion gerechnet werden. Die alpinen Standorte zeichnen sich durch wenig anhaltenden Hochnebel, kühlere Temperaturen und durch hohe sekundäre Energiegewinne über schneebedeckte Oberflächen aus. Diese alpinen Effekte wirken sich positiv auf die erhöhte winterliche Photovoltaikproduktion (PV) aus.

Monatlich aggregierte Stromerzeugung durch Wind, Dach-PV und PV alpin im Szenario «offensiv-integriert» für die Jahre REF und 2050 gegenüber dem monatlichen Landesverbrauch (graue Fläche, nicht gestapelt).

Grosses Potential alpiner PV-Anlagen im Wallis und in Graubünden

Das Potential alpiner PV-Anlagen wurde bereits erkannt. So schreibt die EPFL im Zusammenhang mit der Anlage am Muttsee-Staudamm, dass die erwartete Winterproduktion in den Bergen um 68% höher ist als im Mittelland. Die ZHAW schätzt das Elektrizitätspotential der alpinen PV-Anlagen auf zwischen 5 bis 10 TWh. Zudem erwähnen beide Autoren, dass der Wirkungsgrad von PV-Anlagen, bedingt durch die tieferen Temperaturen, um etwa 11% höher liegt als bei vergleichbaren Anlagen im Mittelland. Für die VSE Studie wurde das SUNWELL Modell genutzt um die alpinen Einstrahlungsprofile herzuleiten. Die nachfolgende Abbildung zeigt die evaluierten potenziellen Standorte für alpine PV-Anlagen in der Schweiz. Dabei ist ersichtlich, dass das grösste Potential im Wallis und zum Teil in Graubünden liegt. Die Auswirkungen auf das Stromnetz wurde in dieser Potentialabschätzung nicht berücksichtigt und werden in einer separaten Netzstudie vom VSE im Detail untersucht (Ergebnisse im Sommer 2023).

 Potential alpiner PV-Anlagen. Das Hauptpotential liegt im Kanton Wallis und Graubünden 

Zweidrittel der Windkraft im Winterhalbjahr

Windkraftanlagen können das Energiesystem mit zusätzlicher Elektrizität vor allem in den Wintermonaten versorgen. Von den rund 1650 Vollaststunden heutiger Windkraftanlagen fallen rund 2/3 in den Wintermonaten an. Zukünftige Turbinen mit einer höheren Nabenhöhe können die Ausnutzung auf rund 1830 Vollaststunden steigern. Das Windpotential in der Schweiz wird kontrovers diskutiert und variiert stark basierend auf den jeweiligen sozio-ökonomischen Randbedingungen der Studien. Eine kürzlich veröffentliche Studie des BFE und der Meteotest AG beziffert das Potential auf bis zu 29.5 TWh, wovon 19 TWh auf die Wintermonate anfallen. Dabei wurden bereits Natur- und Lärmschutzgebiet berücksichtigt. Mit einer Nutzung von 30%, d.h. etwa 1000 Windturbinen, würden rund 9 TWh Elektrizität erzeugt werden – davon 5.7 TWh im Winter. Andere Studien beurteilen das Potential der Windenergie aufgrund mangelnder Akzeptanz wesentlich tiefer. In der VSE Studie «Energiezukunft 2050» werden die Windprofile für die zukünftigen Jahre mittels stündlicher Profile basierend auf dem historischen Jahr 2016 mit Daten von ENTSO-E bestimmt.

SuisseEole, der Verein zur Verbreitung und nachhaltigen Förderung der Windenergie in der Schweiz, will kurzfristig die bereits geplanten Projekte mit einer Gesamtleistung von 2 TWh/Jahr umzusetzen. Diese Projekte sind aufgrund der langsamen Bearbeitung der Einsprachen und Rekurse vor den Gerichten blockiert (etwa 300 Windenergieanlagen sind in Planung oder warten auf die Bestätigung durch ein Gerichtsurteil). Bis ins Jahr 2050 sollen total 6 TWh Windenergie in der Schweiz genutzt werden, indem auf einen partizipativen Ansatz und Bürgerwindenergieanlagen gesetzt wird bzw. indem neue geeignete Windenergiegebiete in Zonen festgelegt werden, die bisher nicht berücksichtigt wurden. Die VSE Studie berücksichtigt rund die Hälfte, d.h. 3 TWh, als realisierbare Projekte in den kommenden Jahrzehnten.