Den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Biodiversität unter einen Hut bringen

11.09.2024 PerspectivE
Der Klimawandel stellt eine der grössten Bedrohungen für die Biodiversität dar. Um Klima und Biodiversität zu schützen, erzeugt Alpiq, der zweitgrösste Energieproduzent der Schweiz, Strom aus erneuerbaren Energiequellen und strebt bis 2040 die CO2-Neutralität an.
Gastautorin
Xavière Schröder
Projektleiterin Umwelt bei Alpiq
Disclaimer
PerspectivE ist eine Plattform innerhalb der Website des VSE, auf welcher der Verband Branche, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft die kostenlose Möglichkeit bietet, für die Branche relevante Fachbeiträge und Analysen zu publizieren. Externe Autorinnen und Autoren äussern in diesen Beiträgen ihre persönliche Meinung. Diese gibt nicht zwingend die Ansichten und Haltung des VSE wieder.

Eine Energieversorgung, die auf erneuerbaren Energien basiert, ist ohne Eingriffe in die Umwelt nicht möglich. Unser Unternehmen weiss um den Fussabdruck seiner Anlagen und setzt sich mit verschiedenen Wiederherstellungsprojekten und ökologischen Ausgleichsmassnahmen für die Förderung von Biodiversität und Landschaftsschutz ein. Diese Initiativen zielen auf die Renaturierung von Orten mit wertvollen Ökosystemen ab, damit verschiedene endemische und seltene Arten sich hier wieder ansiedeln können. Gleichzeitig setzt sich Alpiq dafür ein, die verschiedenen Generationen für die Schätze dieser Ökosysteme, aber auch für ihre Zerbrechlichkeit zu sensibilisieren.

Renaturierte und sanierte aquatische Lebensräume nach gesetzlichen Vorgaben

Die Revision des Bundesgesetzes über den Gewässerschutz (GSchG) im Jahr 1991 setzte ein starkes Zeichen für die Erhaltung fluvialer Ökosysteme. Daraus resultierten verschiedene Massnahmen zur Wiederherstellung einer gesunden aquatischen Natur. In diesem Rahmen wurde der Betrieb von Wasserkraftanlagen mit der Umsetzung von Massnahmen, die die Diversität und das reibungslose Funktionieren von fluvialen Ökosystemen angesichts natürlicher und anthropogener Belastungen fördern, an die neuen Richtlinien angepasst.

Im Fokus der Projekte zur Sanierung und Renaturierung von Fliessgewässern stehen die Sanierung von Restwasserstrecken gemäss Artikel 80 ff. GSchG, die Wiederherstellung des Geschiebehaushalts gemäss Artikel 43a GSchG, die Wiederherstellung der freien Fischwanderung gemäss Artikel 9 und 10 des Bundesgesetzes über die Fischerei (BGF) und die Abfederung der Auswirkungen von Schwall und Sunk gemäss Artikel 39a GSchG.

Bei einer Konzessionserneuerung, dem Bau einer neuen Anlage oder der Erweiterung einer bestehenden Anlage werden angemessene Restwassermengen im Fliessgewässer (Art. 29 ff. GSchG) festgelegt. Im Falle eines Umweltschadens infolge des Baus oder der Erweiterung einer Anlage werden Ausgleichsmassnahmen definiert, um den Lebensraum wiederherzustellen, zu ersetzen und zu kompensieren (Art. 18 Abs. 1ter NHG). Eines der besten Beispiele für Alpiq ist der Bau des Pumpspeicherkraftwerks Nant de Drance, für das ein Paket von 14 Ausgleichsmassnahmen im Wert von 22 Millionen Franken in die Konzession aufgenommen wurde. Nant de Drance ist während der 80-jährigen Laufzeit der Konzession verpflichtet, die Umweltziele zu überwachen und zu gewährleisten.

Ausgleichsmassnahmen für die Fauna tragen Früchte

Die ökologischen Ausgleichsmassnahmen im Zusammenhang mit dem Bau des Pumpspeicherkraftwerks Nant de Drance entfalten nach und nach ihre grosse Wirkung zugunsten der Biodiversität. So haben in der Gemeinde Vernayaz die Schaffung von Feuchtgebieten und die Verbreiterung des Lantze-Kanals die Rückkehr der Gelbbauchunke, aber auch einer Biberfamilie ermöglicht, die sich am Ufer des Kanals niedergelassen hat. Diese geschützte Art leistet einen wesentlichen Beitrag zur Förderung der Biodiversität am Standort. Denn der Bau von Biberdämmen lässt ständig neue Strukturen und dynamische Lebensräume für Flora und Fauna in den Gewässern und entlang der Ufer entstehen.

Biberdamm am Lantze-Kanal in Vernayaz und sein künstlich geschaffener «Bypass», um den ordnungsgemässen Abfluss des Kanals zu gewährleisten und Überschwemmungen der angrenzenden Wiesen zu verhindern (Nant de Drance)

Blumiger Erfolg

In Bezug auf die Flora förderte die Neugestaltung der Kanäle von Saxon eine schöne Überraschung zutage. Bei einer Besichtigung fünf Jahre nach Durchführung der Massnahme entdeckten die Behörden von Bund und Kanton sowie die Naturschutzorganisationen (WWF und Pro Natura) einen Spätblühenden Bitterling (Blackstonia acuminata). Die Pflanze wird von der International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) als gefährdete Unterart eingestuft und konnte sich dank der Schaffung zeitweise überschwemmter und nährstoffarmer Lebensräume in der Region etablieren. Ein bemerkenswerter Erfolg, der eine sorgfältige Überwachung erfordert, um den Erhalt und den wilden Charakter des Ortes zu sichern.

Landschaftsschutz

Ausgleichsmassnahmen verbessern nicht nur die Biodiversität, sondern auch das Landschaftsbild. Dies ist bei der Wiederaufwertung des ehemaligen Steinbruchs La Gueulaz, eines Überbleibsels des Baus der Emosson-Staumauer in den 1950er-Jahren, der Fall. Die günstigen Bedingungen für die Schaffung von Geröllhalden, hochgelegenen Gras- und Buschlandschaften und zeitweiligen oder dauerhaften Feuchtgebieten wurden wiederhergestellt. Diese 2018 umgesetzte Massnahme befindet sich in der Entwicklungsphase, und nach fünfjähriger Überwachung stehen die Ergebnisse mit den angestrebten Zielen im Einklang.

Freiwillige Projekte zur Erhaltung der Biodiversität

Alpiq setzt sich freiwillig für den Erhalt der Biodiversität und die Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit natürlichen Ressourcen ein, und zwar mit verschiedenen Initiativen:
 

  1. Alpiq Ökofonds
    Seit 2010 hat der Alpiq Ökofonds des Wasserkraftwerks Ruppoldingen über 100 Projekte zur ökologischen Aufwertung und Verbesserung mit 7,7 Millionen Franken unterstützt – mehrheitlich im Einzugsgebiet des Aarekraftwerks zwischen Grenchen und Niedergösgen. All diese Projekte haben etwas gemeinsam: Sie tragen zur Erhaltung der stark bedrohten Biodiversität in der Schweiz bei. Denn sie schaffen und erhalten wertvolle Lebensräume für verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Seit dem Jahr 2000 wird im Wasserkraftwerk Ruppoldingen an der Aare ökologisch wertvolle erneuerbare Energie erzeugt. Seit 2010 führt die Anlage daher das Gütesiegel «naturemade star». Dabei handelt es sich um die höchste Auszeichnung für besonders umweltschonend erzeugte Energie aus 100 Prozent erneuerbaren Energiequellen. 
  2. Regionaler Naturpark Trient-Tal
    Alpiq besitzt und betreibt mehrere Wasserkraftwerke (Emosson, Nant de Drance und Salanfe) im regionalen Naturpark Trient-Tal und hat sich als Partner für die Umsetzung mehrerer nachhaltiger Tourismusprojekte starkgemacht. Dazu beteiligen sich einige Mitarbeitende aktiv an der Entwicklung des Parks, z.B. als Mitglieder der Kommission für nachhaltige Wirtschaft. Alpiq hat auch einen Beitrag zur Realisierung von Klangwanderungen auf den Spuren der Wasserkraft geleistet. 
  3. prixalpiq
    Seit 2021 führt Alpiq in Zusammenarbeit mit den Walliser Gemeinden einen Wettbewerb durch, um die besten Projekte für ein nachhaltiges Wassermanagement zu würdigen. Dieser mit insgesamt 50 000 Franken dotierte Preis zeichnet jedes Jahr die zwei vielversprechendsten Initiativen aus. Mit diesem Geld wird ein Teil der Umsetzung dieser Massnahmen finanziert. 
  4. Zusammenarbeit mit der Wissenschaft
    Bei der Umsetzung und Durchführung von Umweltmassnahmen arbeitet Alpiq seit vielen Jahren mit den Hochschulen und den Universitäten der Schweiz zusammen. Inter- und transdisziplinäre Ansätze im Bereich der Biodiversität ermöglichen den langfristigen Erfolg von Umweltmassnahmen, indem sowohl wissenschaftlichen als auch politischen und sozialen Aspekten Rechnung getragen wird. 
  5. Sensibilisierung für Biodiversität
    Alpiq investiert nicht nur in Biodiversität und nachhaltiges Wassermanagement, sondern setzt sich auch für die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Erhaltung wertvoller und empfindlicher Ökosysteme ein. Ziel dabei ist es, ein harmonisches Zusammenspiel von menschlichen Aktivitäten und Ökosystemen zu gewährleisten und die Nachhaltigkeit von umweltbezogenen Ausgleichsmassnahmen sicherzustellen.

Sensibilisierung der jungen Generation

Die Sensibilisierung erfolgt auf allen Generationsstufen, angefangen bei den Jungen. Seit zwei Jahren werden gemeinsam mit der Primarschule Salvan Aktionstage durchgeführt. Die 2023 lancierte Partnerschaft soll junge Schülerinnen und Schüler dafür sensibilisieren, wie wichtig es ist, die lokale Biodiversität zu erhalten und sich aktiv am Umweltschutz zu beteiligen. Zunächst erfolgt die Sensibilisierung für die Problematik der invasiven Pflanzen im Schulzimmer. Anschliessend wird dieser Tag durch eine Aktion, bei der die Pflanzen des Japanischen Staudenknöterichs am Ufer des Trient in der Gemeinde Salvan ausgerissen werden, abgerundet. Diese Initiative zum Umgang mit invasiven Pflanzen entlang des Trient ist eine von 14 Umweltausgleichsmassnahmen, die im Rahmen des Baus des Pumpspeicherkraftwerks Nant de Drance festgelegt wurden.

Alpiq beteiligt sich zudem, in Partnerschaft mit anderen privaten oder öffentlichen Instanzen, an der Erstellung von Lehrpfaden und neuen Schulmodulen für den Umweltunterricht.

Sensibilisierung der lokalen Bevölkerung

Die Sensibilisierung der lokalen Bevölkerung erfolgt in Form von Flyern und Schildern, die die wichtigsten ökologischen Werte der renaturierten Gebiete vorstellen. Mithilfe dieser Unterlagen können wir unsere Anlagen nicht nur zur Geltung bringen, sondern sie auch allen Generationen erklären. Mit all diesen Massnahmen versucht Alpiq, das Bewusstsein für die Bedeutung der Biodiversität zu schärfen.

Diese Sensibilisierung ist umso wichtiger, als der Druck auf die Ressource Boden ständig zunimmt und Kompromisse erfordert – etwa indem touristische oder sportliche Aktivitäten in der Umgebung der Orte, wo Umweltmassnahmen durchgeführt werden, weiterhin erlaubt sind. Dieses Zusammenleben ist bisweilen kompliziert und behindert eine angemessene Entwicklung der Vegetation. Manchmal reichen Schilder zur Information und Sensibilisierung einfach nicht aus. So etwa am Walliser Standort Dorénaz, am Wildbach Alesse, wo sich eine Kletterschule direkt neben einem wiederhergestellten Biotop befindet. Damit die Vegetation an den Ufern des Feuchtgebiets wachsen konnte, musste vorübergehend ein Zaun errichtet werden, um Sport- und Umweltzonen klar abzugrenzen.

Erneuerbare Energien und Biodiversität: kein Widerspruch

Das Beispiel von Alpiq zeigt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht im Widerspruch zum Schutz der Biodiversität stehen muss. Die gesetzlichen Vorgaben fordern bereits heute umfassende Massnahmen zur Erhaltung der Biodiversität und zum Schutz der Landschaft. Im Rahmen ihrer Projekte setzen Stromunternehmen wie Alpiq darüber hinaus breit angelegte Umweltmassnahmen um. Trotzdem bleibt es eine Herausforderung, das Gleichgewicht zwischen Naturschutz und sauberer Energieversorgung zu finden.

Die Branche hat das Wort

Spannende Themen, unterschiedliche Blickwinkel, innovative Ideen: PerspectivE bietet Fachbeiträge und Analysen von der Branche für die Branche. Entdecken Sie hier neue Perspektiven für die Energiewelt von morgen.

Autor/in werden