Revision hebelt Bundesgerichtsurteil aus

Die vom Bundesrat vorgeschlagene Revision der Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung untergräbt das wegweisende Urteil des Bundesgerichts vom 6. Februar 2020 betreffend Zuständigkeit zur Festlegung der voraussichtlichen Höhe der Stilllegungs- und Entsorgungskosten. Im klaren Widerspruch zum Urteil werden die Gremien des Stilllegungs- und des Entsorgungsfonds weder in ihren Zuständigkeiten, noch in den dafür nötigen Entscheidungskompetenzen gestärkt. Gewisse Bestimmungen greifen massiv in die Autonomie der Fonds ein und andere widersprechen der vom Bundesgericht festgehaltenen Unabhängigkeit der STENFO-Gremien.
13.08.2021

Das ist eine Medienmitteilung von Swissnuclear – die darin publizierten Inhalte geben nicht notwendigerweise die Meinung des VSE wieder.

 

Mit Urteil vom 6. Februar 2020 entschied das Bundesgericht, dass die Zuständigkeit und damit die Kompetenz zur Festlegung der voraussichtlichen Höhe der Stilllegungs- und der Entsorgungskosten nicht beim Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), sondern bei der Verwaltungskommission des Stilllegungs- und des Entsorgungsfonds (STENFO) liegt. Mit der nunmehr vierten Revision der Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung (SEFV) soll in erster Linie das Bundesgerichtsurteil nachvollzogen werden, indem die rechtswidrigen Zuständigkeiten des UVEK gestrichen werden. Diese Anpassungen sind zwingend und zu begrüssen.

Änderungen im Widerspruch zum Bundesgerichtsurteil

Anstatt sich jedoch auf diese Anpassungen zu beschränken, werden nun die Gremien von STENFO und ihre Mitglieder in ihren Zuständigkeiten und den dafür nötigen Entscheidungskompetenzen geschwächt. Mehr noch: Mit den vorgeschlagenen Anpassungen greift die Revision so massiv in die Autonomie der Fonds ein, dass im Endeffekt die Aufgabe der Verwaltungskommission und ihrer Mitglieder, ihren Auftrag unabhängig vom UVEK auszuüben, verunmöglicht wird. Dies steht im klaren Widerspruch zum Bundesgerichtsurteil.

So sind in der Revision Änderungen vorgesehen, die weit über die Umsetzung des Bundesgerichtsurteils hinausgehen. Gewisse Änderungen höhlen gar das Urteil des Bundesgerichts aus und lassen es zur Makulatur werden. Swissnuclear lehnt sie deshalb dezidiert ab:

  • Die STENFO Verwaltungskommission soll im Rahmen des Überprüfungsverfahrens der alle fünf Jahre erstellten Kostenstudien das UVEK um eine Stellungnahme ersuchen. Diese Bestimmung mit der damit verbundenen Mitsprache des UVEK greift nicht nur direkt in die vom Bundesgericht festgehaltene Autonomie der Fonds, sondern auch in die Tätigkeit der für diese Aufgabe zuständigen Verwaltungskommission ein. De facto können die vom Bundesrat gewählten Mitglieder der Verwaltungskommission eine Stellungname des UVEK nicht ignorieren. Das stellt letztlich einen Eingriff in die durch das Bundesgerichtsurteil festgehaltene Unabhängigkeit von STENFO dar.
  • Die Revision sieht die Aufnahme eines gemeinsamen Auftrages für die Mitglieder der STENFO-Gremien vor. Ein vom UVEK vorgegebener gemeinsamer Auftrag widerspricht jedoch diametral der vom Bundesgericht festgehaltenen Unabhängigkeit der STENFO-Gremien und deren ebenso unabhängigen Mitgliedern. Gemäss diesem Auftrag wäre bei jeder Aufgabe und bei jedem Lösungsvorschlag in der Finanzierung von Stilllegung und Entsorgung über die Fonds neu stets der vorsichtigere Ansatz zu wählen. Ein solches Vorgehen schliesst jedoch eine effiziente und technisch zielführende Optimierung des Stilllegungs- und Entsorgungsprozesses praktisch aus. Eine realistische Kostenstudie würde somit ebenso verunmöglicht wie ihre genaue und neutrale Überprüfung durch internationale Fachexperten. Wenn sich der gemeinsame Auftrag stets am vorsichtigsten Ansatz orientiert, führt dies automatisch zu weiteren Überschüssen in den bereits deutlich über das Soll gefüllten Fonds. Aufgrund des «Rückerstattungsverbots» würden den Betreibern so beträchtliche Mittel entzogen, die sie im Rahmen der Energiewende benötigen.

Weitere negative Anpassungen

Auch die weiteren Anpassungen der Vorlage sind wenig zielführend und klar abzulehnen. So führt die Überarbeitung der organisatorischen Bestimmungen zu einer weiteren Marginalisierung der Betreiber und ihrer Rechte, die bereits mit der dritten Revision der SEFV im Jahre 2018 stark eingeschränkt wurden – ungeachtet der Tatsache, dass die Gelder in den Fonds den Kernkraftwerksbetreibern gehören.

Weitere Bestimmungen sehen einen schwerwiegenden Eingriff in das Rechnungslegungsrecht und damit einen Eingriff in die Unternehmensrechte vor. (swissnuclear)