Kantonale Wasserkraftstrategie: Regierung will den Kanton Graubünden stärker an der Bündner Wasserkraft beteiligen

In einer Botschaft an den Grossen Rat zeigt die Regierung auf, wie der Kanton Graubünden in den kommenden Jahrzehnten mit der Bündner Wasserkraft umgehen und für die nachfolgenden Generationen gleichzeitig die Wertschöpfung erhöhen und die Stromversorgungssicherheit stärken will. Sie legt darin für den Kanton die strategischen Eckpunkte in Bezug auf die bevorstehenden Konzessionserneuerungen, den Umgang mit Beteiligungen, die Verwertung der Beteiligungsenergie und den Betrieb von Wasserkraftanlagen dar.
22.11.2021

Das ist eine Medienmitteilung des Kantons Graubünden – die darin publizierten Inhalte geben nicht notwendigerweise die Meinung des VSE wieder.

 

In Graubünden wird rund ein Fünftel des Stroms aus Wasserkraft der Schweiz produziert. Zwischen 2035 und 2050 laufen im Kanton Graubünden die Konzessionen einer grossen Anzahl von Wasserkraftwerken aus. Diese liefern rund 70 Prozent des im Kanton produzierten Stroms. Die Konzessionsgemeinden und der Kanton sind heute mit rund 20 Prozent am Kraftwerkpark beteiligt. Mehrheitlich gehören die Kraftwerke ausserkantonalen Stromgesellschaften. Die Wertschöpfung aus der Wasserkraft im Kanton Graubünden ist beträchtlich. Der grösste Teil davon fällt dennoch ausserhalb Graubündens an.

Mit der kantonalen Wasserkraftstrategie verfolgt die Regierung das Ziel, die mit der Bündner Stromproduktion aus der Wasserkraft verbundene Wertschöpfung im Kanton Graubünden zu erhöhen und damit nachhaltige Erträge zu erzielen. Gleichzeitig soll sie zu einer Stärkung der Stromversorgungssicherheit im Kanton beitragen. Das Auslaufen der bestehenden Konzessionen von Wasserkraftwerken in den kommenden Jahren und Jahrzehnten bietet dafür einen günstigen Anknüpfungspunkt.

Wasserkraft immer wichtiger

Gemäss Wasserrechtsgesetz geht ein Wasserkraftwerk nach Ablauf der Konzession an das verleihende Gemeinwesen über (Heimfall). Der Kanton Graubünden und die Konzessionsgemeinden erhalten dadurch ein mengenmässig und finanziell bedeutendes Kraftwerkportfolio. Die Wasserkraftwerke in Graubünden werden auch in Zukunft einen wesentlichen Beitrag zur Stromerzeugung in der Schweiz leisten. Dieser Beitrag ist und bleibt für die Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele von Bund und Kanton wichtig. Einerseits, weil bedarfsgerecht produzierende Wasserkraftwerke ein wichtiges Standbein der Versorgungssicherheit mit Strom in Graubünden, in der Schweiz und in Europa sind. Andererseits, weil der Bedarf nach Strom aus erneuerbaren Energien als Folge des Ausstiegs der Schweiz aus der Kernenergie und mit der Einführung neuer Technologien – auch beispielsweise im Sektor Verkehr – künftig zunehmen wird.

Generationenversprechen

Erneuerungsgesuche von Stromgesellschaften für Konzessionen von Wasserkraftanlagen müssen mindestens 15 Jahre vor Ablauf eingereicht werden. Erste Gesuche sind unterbreitet oder stehen bald an. Die Regierung will die Ausgangslage im Zusammenhang mit den Heimfällen als Chance nutzen, um die Wasserkraft zu stärken und sie als Ressource in bündnerischem Interesse in Zukunft besser einzusetzen. Mit der Wasserkraftstrategie soll dazu die Wasserkraft im Kanton noch stärker verankert und dem Kanton und den Konzessionsgemeinden gleichzeitig eine langfristig bessere Inwertsetzung der Ressource Wasserkraft ermöglicht werden. Der Kanton Graubünden gibt damit ein Generationenversprechen ab. Die Strategie soll für die nächsten rund 30 Jahre insbesondere bei Heimfällen die massgebliche Grundlage für die Entscheidungsträgerinnen und -träger des Kantons bilden, aber auch den Konzessionsgemeinden als Empfehlung dienen. Die in jüngster Zeit durch den Kanton gemeinsam mit den Konzessionsgemeinden durchgeführten Heimfallverhandlungen zeigen, dass in Kooperation mit den Konzessionsgemeinden und aufgrund der Wahl einer geeigneten Handlungsoption jeweils der grösstmögliche Nutzen für alle Akteure erzielt werden kann.

Bündner Wasserkraft für Bündner Wertschöpfung

Die kantonale Wasserkraftstrategie gelangt gestützt auf potenzielle Marktszenarien zum Schluss, dass sich der Kanton im Rahmen der anstehenden Heimfälle im Vergleich zu heute deutlich verstärkt an der Bündner Wasserkraft beteiligen und dabei das Modell der Partnerwerke in optimierter Kooperation mit Branchenpartnern weiterpflegen soll. Die aus der Beteiligung erworbene Energie soll dabei marktnäher als bisher und über eine oder mehrere Gesellschaften mit Sitz im Kanton Graubünden verwertet werden. Dies trägt längerfristig dazu bei, die Abhängigkeit von den Erträgen aus den Wasserzinsen und der nach wie vor ungeklärten Kraftwerksbesteuerung zu senken.

Für den Fall einer verstärkten Kraftwerksbeteiligung von Kanton und Konzessionsgemeinden kommt bei einer Mehrheitsbeteiligung hinzu, dass die Modernisierungs- und Erweiterungsarbeiten an den Wasserkraftanlagen im Kantonsgebiet einfacher koordiniert und Investitionen im Zeitablauf so verstetigt werden können. Wird die verstärkte Beteiligung der öffentlichen Hand an den Kraftwerksanlagen mit solchen Investitionen gekoppelt, führt dies zusätzlich auch zu regional- und volkswirtschaftlichen beziehungsweise Beschäftigungseffekten von erheblichem Ausmass.

Erhöhte Versorgungssicherheit für die Bündner Gesellschaft und Wirtschaft

Die sichere, erschwingliche und nachhaltige Versorgung mit Strom ist für eine moderne Gesellschaft und Wirtschaft unverzichtbar. Die stärkere Beteiligung des Kantons an der Bündner Wasserkraft ermöglicht es, die energie- und klimapolitischen Herausforderungen von Bund und Kanton gezielt und mit einer einheimischen Ressource anzugehen. Ausserdem können die hohen Anforderungen an die Versorgungsbedürfnisse auf dem Kantonsgebiet in einer grösseren Unabhängigkeit von Dritten und unter mehr Mitbestimmung besser abgedeckt werden.

Die nächsten Schritte

Der Grosse Rat wird die kantonale Wasserkraftstrategie im Rahmen der Februarsession 2022 beraten. Er soll dabei die Stossrichtungen für deren Umsetzung im Rahmen von Grundsatzfragen festlegen. (gr)