Bundesrat eröffnet Vernehmlassung zu den Grundlagen für Stromnetzplanung 2030/2040

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 24. November 2021 die Vernehmlassung zum Szenariorahmen 2030/2040 eröffnet. Dieser dient künftig als Grundlage für die Planung der schweizerischen Stromnetze. Ziel ist, die Stromnetze möglichst optimal auf die künftigen energiewirtschaftlichen Entwicklungen in der Schweiz auszurichten. Angesichts der langen Planungs-, Bewilligungs- und Realisierungsphasen der Übertragungsnetze und der überregionalen Verteilnetze ist dies von wesentlicher Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit.
24.11.2021

Das ist eine Medienmitteilung des BFE  – die darin publizierten Inhalte geben nicht notwendigerweise die Meinung des VSE wieder.

 

Mit dem Bundesgesetz zum Um- und Ausbau der Stromnetze («Strategie Stromnetze») wurde 2019 der energiewirtschaftliche Szenariorahmen eingeführt. Das Bundesamt für Energie (BFE) hat zusammen mit einer Begleitgruppe inzwischen die erste Ausgabe erarbeitet. Darin berücksichtigt sind die energie- und klimapolitischen Ziele des Bundes, die gesamtwirtschaftlichen Rahmendaten und die Entwicklungen im internationalen Umfeld. Der Szenariorahmen beschreibt in drei Szenarien eine Bandbreite an möglichen Entwicklungen bis 2030 und 2040. Sie unterscheiden sich unter anderem in der Entwicklung der installierten Leistung der Kraftwerke, der Speicher und des Jahresstromverbrauchs.

Drei Szenarien

Alle drei Szenarien basieren auf den im November 2020 publizierten Energieperspektiven 2050+ (EP2050+) und dem Netto-Null-Treibhausgas-Emissionsziel bis 2050. Zieljahre des ersten Szenariorahmens sind 2030 und 2040. Basis für die Entwicklungen im Ausland bilden die Szenarien der europäischen Übertragungsnetzbetreiber für Strom und Gas (ENTSO-E und ENTSO-G).

Das Szenario 1 «Referenz» ist das Leitszenario, das bei der Netzplanung prioritär zu berücksichtigen ist. Es basiert auf dem EP2050+-Szenario «ZERO Basis» mit der Variante «Ausgeglichene Jahresbilanz 2050». Es zeichnet sich aus durch eine starke Elektrifizierung des Energiesystems und einen raschen Ausbau der inländischen, erneuerbaren Stromproduktion.

Das Szenario 2 «Divergenz» basiert auf dem EP2050+-Szenario «ZERO A» mit der Variante «Aktuelle Rahmenbedingungen». Es zeichnet sich aus durch eine noch stärkere Elektrifizierung des Energiesystems als im Szenario «ZERO Basis» kombiniert mit einem eingeschränkten Ausbau der inländischen, erneuerbaren Stromproduktion. Diese Kombination führt zu einer hohen Belastung der Stromnetze insbesondere durch Importe.

Das Szenario 3 «Sektorkopplung» basiert auf dem EP2050+-Szenario «ZERO B» mit der Variante «Ausgeglichene Jahresbilanz 2050». Es zeichnet sich aus durch eine schwächere Elektrifizierung des Energiesystems als im Szenario «ZERO Basis» und eine stärkere Nutzung von Biogas und synthetischen Gasen zur Stromerzeugung sowie Gaskraftwerken (Reservekraftwerke, die bei Bedarf kurzfristig Leistung ins Stromnetz einspeisen können), die langfristig mit mehrheitlich importiertem Wasserstoff betrieben werden. Durch die tiefere Stromnachfrage und die höhere inländische Stromproduktion werden die Stromnetze weniger belastet.

Regionalisierung und Kosten

Ergänzend zum Szenariorahmen stellt das BFE einen Leitfaden mit «Methoden der Regionalisierung» zur Verfügung: Er unterstützt die Netzbetreiber, die nationalen Vorgaben aus dem Szenariorahmen auf ihre Netzgebiete und Netzknoten zu übertragen. Die konkrete Ausgestaltung der Regionalisierung bleibt aber in der Zuständigkeit der jeweiligen Netzbetreiber. Sie tragen auch die Kosten für den Um- und Ausbau der Stromnetze in der Schweiz. Die anrechenbaren Betriebs- und Kapitalkosten können sie via Netznutzungsentgelte auf die Endverbraucherinnen und Endverbraucher überwälzen. Die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) überprüft die Netznutzungsentgelte und kann Absenkungen verfügen oder Erhöhungen untersagen. Der Szenariorahmen kann zusammen mit den neuen Bestimmungen zur Stromnetzplanung im Bundesgesetz zum Um- und Ausbau der Stromnetze zu Kostensenkungen beitragen. Dies durch einheitliche Netzplanungsgrundsätze, die verbesserte Koordination zwischen den Netzbetreibern sowie durch die Vorab-Bedarfsermittlung und Überprüfung von Vorhaben im Übertragungsnetz.

Auswirkungen des fehlenden Stromabkommens auf den Szenariorahmen

Das bis auf weiteres nicht absehbare Stromabkommen zwischen der Schweiz und der EU kann den sicheren Betrieb der Stromnetze und die Importmöglichkeiten der Schweiz beeinflussen. Der Bundesrat hat sich am 13. Oktober 2021 darüber informieren lassen. UVEK, ElCom und Swissgrid arbeiten derzeit an Konzepten und Analysen zur Sicherstellung der kurz- und mittelfristigen Netz- und Versorgungssicherheit. Im Rahmen der Netzplanung müssen die Vorgaben für die Auslegung der Stromnetze festgelegt werden, unabhängig von möglichen Einschränkungen der Importmöglichkeiten während gewisser Stunden im Jahr. Andernfalls wäre zukünftig der Import von Strom permanent reduziert, also auch in Zeiten im Jahr, in denen die Nachbarländer der Schweiz exportieren könnten.

Der Szenariorahmen wird durch den Bundesrat genehmigt und ist behördenverbindlich. Er wird künftig alle vier Jahre überprüft und nachgeführt. Seine Vorgaben fliessen sowohl in die periodische Mehrjahresplanung des Übertragungsnetzes (Netzebene 1, 380/220 kV) als auch der überregionalen Verteilnetze (Netzebene 3, ab 36 und unter 220 kV) ein. Dadurch wird auch die Zusammenarbeit zwischen den Netzbetreibern der Netzebenen 1 und 3 gestärkt.

Die Vernehmlassung dauert bis zum 10. März 2022. (bfe)