Abstimmung vom 25. September 2022 über die Klima- und Energiestrategie der Stadt Luzern

Am 25. September 2022 kann die Bevölkerung über die Klima- und Energiestrategie der Stadt Luzern abstimmen. Zur Abstimmung kommen zwei Varianten: die von der Parlamentsmehrheit beschlossene Vorlage sowie der Gegenvorschlag von FDP/Die Mitte. Der Stadtrat empfiehlt der Stimmbevölkerung beide Vorlagen anzunehmen. Er spricht sich in der Stichfrage aber klar für die Vorlage des Parlaments aus. Die Begrenzung des Klimawandels stellt eine enorme Herausforderung dar. Dafür braucht es grosse Anstrengungen. Von uns allen, in allen Bereichen.
14.06.2022

Das ist eine Medienmitteilung von EWL – die darin publizierten Inhalte geben nicht notwendigerweise die Meinung des VSE wieder.

 

2019 hat das Stadtparlament von der Stadt Luzern ein forcierteres Vorgehen gegen den Klimawandel verlangt. Der Stadtrat hat die Forderungen aufgenommen und seine verschärfte Klima- und Energiestrategie Mitte 2021 der Öffentlichkeit vorgestellt. Am 17. Februar 2022 hat das Stadtparlament den entsprechenden Bericht und Antrag (B+A) abschliessend debattiert und mit einigen Änderungen verabschiedet. FDP/Die Mitte ging diese Vorlage in Teilbereichen zu weit. Deshalb haben sie dagegen das konstruktive Referendum ergriffen und einen Gegenvorschlag vorgelegt. Nun kann die Stimmbevölkerung am Abstimmungssonntag vom 25. September 2022 über die Vorlage des Parlaments und über jene von FDP/Die Mitte abstimmen.

Um vor der Abstimmung im September 2022 Klarheit über die Ausgangslage zu schaffen, hat der Stadtrat heute an einer Medienorientierung Stellung bezogen.

Die verabschiedete Vorlage des Parlaments

Die wichtigsten übergeordneten Ziele der vom Parlament verabschiedeten Vorlage sind:

  • Der Energiebedarf auf Stadtgebiet liegt bei rund 4000 Watt Dauerleistung pro Kopf der Bevölkerung. Bis ins Jahr 2050 soll er auf 2000 Watt halbiert werden.
  • Aktuell betragen die energiebedingten Treibhausgasemissionen auf Stadtgebiet rund 5,1 Tonnen pro Kopf und Jahr. Bis 2040 sollen diese auf null reduziert werden.
  • Photovoltaikanlagen deckten 2020 rund zwei Prozent des jährlichen Stromverbrauchs auf Stadtgebiet. Bis ins Jahr 2050 sollen es 25 Prozent sein.

Die neue Klima- und Energiestrategie beinhaltet ein umfassendes Massnahmenpaket. Dieses erhöht die bisherigen Anstrengungen in den Bereichen Strom und Wärme deutlich. Im Bereich der Mobilität will der Grosse Stadtrat unter anderem das Parkplatzangebot auf öffentlichem Grund reduzieren und den städtischen Fahrzeugpark nach Möglichkeit bis 2030 auf erneuerbare Antriebssysteme umstellen. Zudem sollen die Kommunikation mit der Bevölkerung und die Zusammenarbeit mit externen Partnern aus Wirtschaft und Gesellschaft verstärkt werden. Die Klima- und Energiestrategie beinhaltet die dafür notwendigen Ressourcen. Insgesamt sind im B+A 32 konkrete Massnahmen aufgeführt.

Änderungen durch das Parlament

Die Vorlage des Stadtparlaments enthält einige kleinere Änderungen am ursprünglichen Bericht und Antrag des Stadtrates. Die wichtigsten sind:

  • Ambitionierteres Zwischenziel 2030 für die Treibhausgas-Emissionen
  • Keine finanzielle Unterstützung für Gebäudesanierungen, welche zu unzureichend begründeten Leerkündigungen führen.
  • Zu 100 Prozent auf erneuerbare Energieträger basierende Wärmeversorgung auch für stadteigene Liegenschaften im Finanzvermögen bis 2035.

Der Stadtrat stellt sich hinter die Vorlage des Parlaments. Diese beinhaltet verschiedene Reglementsänderungen sowie vier Sonderkredite über total 32,55 Mio. Franken.

Kosten und Finanzierung der Strategie

Für die Jahre 2022 bis 2026 rechnet der Stadtrat mit Kosten von rund 46 Mio. Franken. Einerseits sind deutlich erhöhte Einlagen in den Energiefonds erforderlich, andererseits substantielle Mehrinvestitionen. Zudem müssen für die Umsetzung der Massnahmen und für die Intensivierung der Kommunikation schrittweise 840 Stellenprozente geschaffen werden. Hinzu kommt voraussichtlich eine Reduktion der Dividende von ewl energie wasser luzern von rund 12 auf 6 Mio. Franken pro Jahr ab 2024.

Die Sicherstellung der Finanzierung des Energiefonds soll über zusätzliche Einnahmen bei den zweckgebundenen Abgaben erfolgen: Einerseits will der Stadtrat die Konzessionsgebühren für die elektrischen Verteilnetze erhöhen. Andererseits soll bei Bedarf frühestens ab 2025 ein Klimarappen eingeführt werden. Die längerfristigen finanziellen Auswirkungen der Klima- und Energiestrategie sind schwierig abzuschätzen. Angesichts der sehr dynamischen Entwicklung will der Stadtrat die Umsetzung und Wirkung der Massnahmen erstmals nach fünf Jahren umfassend evaluieren.

Positive Auswirkungen auf Wirtschaft

Trotz der absehbaren Mehreinnahmen sind die Auswirkungen der Klima- und Energiestrategie auf den städtischen Finanzhaushalt beträchtlich. Dieser Zusatzbelastung des Finanzhaushalts steht einerseits die Reduktion der Folgekosten eines ungebremsten Klimawandels gegenüber. Andererseits sind weitere positive Auswirkungen auf die Volkswirtschaft zu erwarten. Namentlich profitieren unsere Wirtschaft und das lokale Gewerbe von den erheblichen, durch die Massnahmen ausgelösten Investitionen und von der Schaffung neuer Arbeitsplätze in zukunftsträchtigen Bereichen. Zudem wird die Abhängigkeit von Energieimporten stark reduziert. Heute stammen mehr als 85 Prozent der in der Stadt Luzern beanspruchten Energieressourcen aus dem Ausland.

ewl strebt erneuerbare Energieversorgung an

Durch den Ukraine-Krieg ist die Dekarbonisierung noch stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Der städtische Energieversorger ewl energie wasser luzern engagiert sich bereits seit Längerem dafür. Parallel zur städtischen Klima- und Energiestrategie hat ewl eine «Strategie Erneuerbare Wärme» erarbeitet. Die Ziele von ewl sind klar: den Ausbau der Fernwärme- und See-Energie-Versorgung beschleunigt fortzusetzen, die Gas-Infra­struktur zu adaptieren und sich als Investor für die erneuerbare Wärmeversorgung und als Dekar­bonisierungspartnerin von Gemeinden, Arealentwicklern und der Industrie zu positionieren. In den Versorgungsgebieten der Stadt Luzern will ewl eine 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung realisieren und damit ganz vom fossilen Gas wegkommen. «Wir erachten die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung nicht nur als klimapolitische Notwendigkeit», sagt Patrik Rust, Vorsitzender der Geschäftsleitung von ewl, «sondern erkennen darin auch die unternehmerischen Chancen für ewl». Die «Strategie Erneuerbare Wärme» ist für ewl aber finanziell herausfordernd, weshalb die Finanzierung begleitende Massnahmen wie zum Beispiel die Kürzung der Dividende oder Subventionierung von ökologisch sinnvollen, aber mittelfristig noch nicht rentablen Projekten erfordert.

Der Gegenvorschlag von FDP/Die Mitte

Der Gegenvorschlag von FDP/Die Mitte trägt die meisten Ziele und Massnahmen der Klima- und Energiestrategie mit. Die Vorlage des Stadtparlaments beinhaltet für das Referendumskomitee jedoch «Verbote und nicht umsetzbare Forderungen», die man ablehne. Insbesondere lehnt das Komitee das ambitioniertere Zwischenziel 2030 für die Treibhausgas-Emissionen, die Zielsetzung «100 Prozent erneuerbar angetriebene Motorfahrzeuge bis 2040», das Verbot für nicht erneuerbaren Strom im liberalisierten Strommarkt sowie die Beratungspflicht für Eigentümer/innen von Liegenschaften mit schlechter Energieeffizienz ab. Weiter soll der motorisierte Individualverkehr auf dem Stand von 2020 plafoniert und der Abbau von Parkplätzen auf öffentlichem Grund nicht umgesetzt werden. Der Gegenvorschlag würde praktisch gleich viel kosten wie die Vorlage des Parlaments. An der Finanzierung würde sich nichts ändern.

Der Gegenvorschlag enthält allerdings zwei Unklarheiten. Einerseits liegt die Kompetenz zum Abbau von Parkplätzen auf öffentlichem Grund beim Stadtrat. Andererseits hat das Komitee betreffend Plafonierung des Verkehrsaufkommens nicht 2020, sondern 2019 gemeint. Die falsche Jahreszahl kann laut Stadtrat/Stadtkanzlei vom Komitee selber präzisiert werden. Wie der Stadtrat das Thema Parkplätze nach einem Ja zum Gegenvorschlag umsetzen würde, ist noch offen. Diese beiden Unklarheiten sind für den Stadtrat bei seiner Beurteilung des Gegenvorschlags jedoch nicht relevant.

Empfehlung des Stadtrates

Der Stadtrat empfiehlt der Stimmbevölkerung sowohl die Vorlage des Grossen Stadtrates als auch den Gegenvorschlag von FDP/Die Mitte anzunehmen und bei der Stichfrage die Vorlage des Grossen Stadtrates zu wählen. Begründung: Zu grossen Teilen stimmen die Vorlage des Grossen Stadtrates und der Gegenvorschlag von FDP/Die Mitte überein. Der Gegenvorschlag jedoch will den Strassenverkehr weitgehend von ambitionierten Zielen und wirkungsvollen Massnahmen ausklammern. Für den Stadtrat soll jedoch auch der Verkehrsbereich seinen Beitrag leisten, um den Klimawandel möglichst rasch zu stoppen und die hohe Lebensqualität in der Stadt Luzern zu erhalten. (ewl-luzern)