Was hat die Stromwirtschaft mit der Blockchain zu tun?

Durch die Kryptowährung Bitcoin ist das Thema Blockchain populär geworden. Doch mit wilder Spekulation und Hackerangriffen hat die Technologie nichts am Hut. Das FuW-Forum «Blockchain 2019» brachte Licht ins Dunkle – und zeigte auch, wie EVUs profitieren können.
06.06.2019

Kursgewinne von zigtausend Prozent, Hacker-Raubzüge, Briefkastenfirmen: Das Phänomen Bitcoin schaffte es gross in die Medien. Die Kryptowährung basiert auf der Blockchain-Technologie. Das mediale Trara erwies dieser aber eher einen Bärendienst. Denn die Blockchain ist einfach eine Art dezentrale Datenbank. Weil sie jegliche Veränderungen stets transparent und bei allen Beteiligten registriert, eignet sie sich gut für simultane Transaktionen zwischen mehreren Parteien. Im Prinzip ein unfälschbares «Samichlaus-Buch», wovon jeder eine aktuelle Abschrift besitzt. Das Finanz-und-Wirtschaft-Forum «Blockchain 2019» am 5. Juni im Gottlieb Duttweiler Institut zeigte Anwendungsmöglichkeiten für viele Wirtschaftsbereiche. Der VSE fungierte als Partner der eintägigen Veranstaltung.

Dezentrale Stromerzeugung: Die Blockchain reduziert Komplexität
Die Zahl selbst produzierender Stromkunden nimmt stetig zu. Um den Eigenverbrauch zu vereinfachen, fördert das revidierte Energiegesetz den sogenannten Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV). Eigentümer von benachbarten Häusern oder Stockwerkeigentümer können zusammen ein privates Solarkraftwerk betreiben und den Strom selbst verbrauchen. Der gemeinsame Eigenverbrauch kann auch für Mieter vor Ort vorgesehen werden. Hauseigentümer, die eine Fotovoltaikanlage betreiben, können den produzierten Strom mit dem neuen Energiegesetz ihren Mietern verrechnen.

Damit entsteht ein komplexer Klüngel aus gegenseitigen Abhängigkeiten, der noch herausfordernder wird, wenn einzelne Parteien nicht partizipieren – oder die Zahlungsmoral auf der Strecke bleibt. Ein Fall für eine dezentrale Datenbank, wie die Energie Wasser Bern (EWB) fand. Zusammen mit PostFinance lancierte sie 2018 den auf Blockchain basierenden Pilotversuch Blockchain for Utility (B4U): für einfache und effiziente Stromrechnungen. Wie Peter Berchtold, Unternehmensentwickler bei EWB, erläutert, arbeitet das Unternehmen nun sogar an einer Blockchain-Plattform, die alle Teilnehmer im Schweizer Strommarkt miteinander verbinden soll.

Nutzerportal mit allen relevanten Informationen
Konkret kann sich der Konsument, der gleichzeitig auch Stromproduzent ist, bei B4U über ein Portal einloggen, auf dem fast im Viertelstundentakt sein persönlicher Stromverbrauch und seine Kosten ersichtlich sind. Dass der ganze Prozess digital abläuft und deshalb ganz auf ihn zugeschnitten ist, bemerkt der Kunde gar nicht. Intelligente Stromzähler, die Smart Meter, werden als Internet of Things (Internet der Dinge) mit der Blockchain verknüpft. Die erfassten Verbrauchs- und Produktionsdaten werden für die Abrechnung verwendet. Die Verrechnung erfolgt ebenfalls über eine Blockchain – und wird durch einen Smart Contract geregelt. Also ein Computerprotokoll, das den Vertrag abbildet und überprüft. Die Abrechnung erfolgt nicht in der volatilen und unregulierten Kryptowährung Bitcoin, sondern ganz konventionell in Franken.