Eurelectric-Gipfel: Die Antwort auf «wann?» ist «jetzt.»

Der Vattenfall-CEO Magnus Hall wurde in Florenz als neuer Präsident des Branchenverbandes der europäischen Elektrizitätswirtschaft bestätigt. Zudem suchte der Eurelectric Power Summit 2019 Antworten auf die drängenden Fragen der Energiewende.
24.05.2019
Kristian Ruby, Generalsekretär Eurelectric.

Eine kohlendioxidneutrale Stromwirtschaft bis 2045: Diesem Ziel wird sich in den nächsten zwei Jahren auch Magnus Hall verpflichten, der das Mandat von seinem Vorgänger, dem Enel-CEO Francesco Starace übernimmt. Der Branchenverband der europäischen Elektrizitätswirtschaft appellierte in Florenz an die Politik, die Digitalisierung und Elektrifizierung der Wirtschaft weiter zu erleichtern, damit Europa seine ambitionierten Ziele im Hinblick auf den Klimaschutz erreichen kann. «Wir wissen warum und wie die Transition der Elektrizitätswirtschaft vor sich gehen sollte. Nun ist es Zeit, sich zum ‘wann’ zu bekennen», sagte Hall in seiner Antrittsrede. «Und dieses ‘wann’ ist jetzt.»

«Die Elektrifizierung geht Hand in Hand mit der Sektorkopplung», sagte Lisa Davis, CEO Gas and Power bei Siemens AG, in ihrem Referat. «Wir können Strom-Überschüsse nutzen, um Wasserstoff herzustellen. Unsere Gasturbinen werden ab 2020 zu einem Fünftel mit erneuerbarem Gas betrieben, schon 2030 werden es 100% sein.» Eurelectric-Sekretär Kristian Ruby unterstrich die tragende Rolle, die Strom für die Dekarbonisierung der Energiewirtschaft spielt: «Jede Generation trägt ihre Kämpfe aus. Unserer ist der Kampf gegen den Klimawandel. Doch wir haben eine Lösung – und die heisst Strom. Die nächsten 10 Jahre werden sehr herausfordernd sein, doch die Branche wird liefern.»

Innovation durch engere Bindung der Akteure
Business-to-Business-Flexibilitätsmärkte hätten ein grosses Potenzial, wenn die Elektrifizierung energieintensiver Industriezweige weiter vorangetrieben würde, so ein wichtiges Fazit am Gipfel. Innovative Märkte würden Netzeigentümer, Produzenten und Konsumenten geschickt zueinander bringen, damit diese Parteien Energie und Flexibilitäten untereinander handeln könnten. So würden auch neue Geschäftsmodelle aus der Taufe gehoben. Es sei Sache der EVU, einfache Peer-to-Peer-Lösungen anzubieten, damit dieser Handel effizienter vonstattengehen könne.

Bei Elektromobilität einen Gang hochschalten
Erneuerbarer Strom ist aufgrund der stark gesunkenen Kosten inzwischen die günstigste Form von Elektrizität. Die Investitionen in Kohlekraft sind derweil drastisch zurückgegangen. Die flatterhafte Natur von Wind- und Sonnenstrom stellt indes eine Herausforderung dar, welcher mit Batterietechnologie begegnet wird – vor allem in der Form von Elektrofahrzeugen. Europa müsse in dieser Hinsicht einen Gang hochschalten, um mit der Produktion in Asien mithalten zu können. Gerade Elektrofahrzeuge, schon jetzt mehr rollende Computer als Autos, stehen auch exemplarisch für Big Data. Und Unternehmen, welche Nutzerdaten sinnvoll aggregieren und auswerten, können momentan ein exponentielles Wachstum verzeichnen.

Neuer Verband für Verteilnetzbetreiber
Die Verteilnetzbetreiber (Distribution System Operators, DSO) Europas streben derzeit eine Körperschaft an, die ihre Interessen in Europa vertreten soll. Geplant ist eine Gründung bis im Jahr 2021 – kein einfaches Unterfangen angesichts von 2400 solchen Unternehmen in ganz Europa. Der geplante Expertenverband soll den DSO in der Folge eine Stimme verleihen – und als reges Diskussionsforum dienen, um Lösungen auszuarbeiten und die Zusammenarbeit mit Übertragungsnetzbetreibern sowie anderen Stakeholdern zu erleichtern. Die drängendsten Themen, denen sich der geplante Verband annehmen wolle, seien neue Netzwerk-Codes und -Guidelines, der Umgang mit Flexibilitäten, Datenmanagement und Fragen der Cybersicherheit. Insgesamt wolle der DSO-Verband die neue Rolle widerspiegeln, welche die Verteilnetzbetreiber beim Umbau des Energiesystems einnehmen können.