10. Schweizerischer Stromkongress

2016 werden in der Schweiz energiepolitische Weichen gestellt. Bis morgen Dienstag beschäftigen sich rund 400 hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Strombranche mit der Gegenwart und Zukunft der schweizerischen Energielandschaft. Die Referierenden erörtern etwa die Energiestrategie 2050 des Bundes, die vollständige Marktöffnung in der Schweiz oder den Trend zu Konvergenz von Netzen im Energiebereich. Organisiert wird der Schweizerische Stromkongress vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) und Electrosuisse.
11.01.2016

Der Schweizerische Stromkongress hat sich als Treffpunkt der Branche etabliert. Er ist die Plattform, wo renommierte Referenten nationale und globale Entwicklungen der Energiewirtschaft aufzeigen. An der 10. Austragung des Stromkongresses wies Bundesrätin Doris Leuthard in ihrem Keynote-Referat auf die kausalen Zusammenhänge von Klima-, Energie-und Wirtschaftspolitik hin. Bisher würden diese Politikbereiche vorwiegend sektoriell betrieben. Fast jedes Land reguliere für sich. Das habe zur Folge, dass es heute keine funktionierenden Märkte gebe. So gebe es regionale, fragmentierte und mangelhafte CO2-Zertifikat-Märkte oder ein weltweites Sammelsurium an Subventionen. Fossile Energieträger würden heute weltweit noch mit jährlich 490 Milliarden Dollar subventioniert. Die Schweiz könne in diesem internationalen Umfeld auf der guten Basis einer breit abgestützten Klima- und Energiepolitik aufbauen. Mit der Energiestrategie 2050 wolle der Bundesrat die bestehenden Instrumente verstärken. «Wir schaffen kein Regulierungsmonster», so Leuthard. Die Energiepolitik sei dabei der Schlüssel zu einer nachhaltigen Zukunft. «Sie als Vertreter der Energieversorger haben diesen Schlüssel in der Hand. Öffnen Sie die Türe in diese Zukunft – innovativ und kreativ. Viele von Ihnen bieten inzwischen neue Dienstleistungen an, reagieren auf das neue Umfeld – und dazu möchte ich Sie herzlich beglückwünschen.»

Eröffnet wurde der 10. Schweizerische Stromkongress im Berner Kursaal durch Gabriele Gabrielli, Präsident Electrosuisse, und Kurt Rohrbach, Präsident des VSE. In seinem Referat betonte Kurt Rohrbach die Wichtigkeit eines Stromabkommens mit Europa: «Bei der Gestaltung der neuen Marktregeln müssen wir unsere Interessen – möglichst gemeinsam mit Verbündeten – auch auf europäischer Ebene artikulieren. Denn von deren Durchsetzung hängt ab, ob die Wasserkraft, das Rückgrat unserer Stromversorgung, nach wie vor in einem internationalen Kontext eingesetzt werden kann.» Es gelte, die heimische Wasserkraft so zu stabilisieren, dass sie ihre wichtige Rolle in der Energiestrategie 2050 wahrnehmen könne. Ganz allgemein sei in der Energiewirtschaft stets eine Gesamtsicht nötig: «Es bringt nichts, sich mit Tunnelblick auf die Umsetzung eines Ziels – beispielsweise den Ausbau erneuerbarer Energie zu konzentrieren, wenn die rechtlichen, gesellschaftlichen oder politischen Rahmenbedingungen ausser Acht gelassen werden, und wenn die Massnahmen für die Wirtschaft nicht finanzierbar sind.»


Am Nachmittag des ersten Kongresstages zeigte Suzan G. LeVine, Botschafterin der USA für die Schweiz und Liechtenstein, mögliche Wege von US-Präsident Barack Obama hin zu einer «grünen Wirtschaft». Professor Pascal Sciarini von der Universität Genf lieferte eine Analyse der Wahlen und deren Auswirkungen auf die Energiepolitik. Jean-François Conil-Lacoste, CEO bei der europäischen Strombörse EPEX SPOT, erläuterte die zukünftige europäische Zusammenarbeit im Stromhandel.


Tag 2: Roundtable zur Energieinfrastruktur
Zu den Höhepunkten am Dienstag gehört ein Experten-Roundtable. Das Thema: Investitionen in Energie-Infrastruktur. Energiebranche wie Politik und Bankensektor sind am Tisch gleichermassen vertreten.  
Im Referatsteil sprechen: Karl Rose, Senior Director World Energy Council – über das Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Umweltschutz. Zudem Michael Schmidt, Vorsitzender des Vorstandes von BP Europe SE – über eine Zukunft der fossilen Energieträger nach der Pariser Klimakonferenz.


Wie passen Energieeffizienz und «Big Data» zusammen? Dieser Frage wird Dr. Bruno Michel nachgehen, Manager Advanced Micro Integration bei IBM Research. Die Rolle zentraler und dezentraler Speicher für die Energiewende erläutert Dr. Andreas Ulbig von der ETH Zürich. Den Abschluss bildet das Referat «Disruptive Zukünfte» von Georges T. Roos, Zukunftsforscher bei ROOS Trends+Futures.


Der Schweizerische Stromkongress richtet sich an Führungskräfte von Elektrizitätsunternehmen, Industrie und Dienstleistungsunternehmen sowie eidgenössische, kantonale und kommunale Parlamentarier und Exekutivmitglieder. Er ist ein Treffpunkt für regen Meinungsaustausch und Networking. Zudem soll er wertvolle Impulse für künftige Entscheide in Unternehmen und Politik liefern.