Klima – Strom ist der Schlüssel zur Dekarbonisierung

Die Schweiz hat sich zur Dekarbonisierung ihrer Wirtschaft und Gesellschaft verpflichtet. Sie will dazu bis Mitte des Jahrhunderts eine Reduktion der Treibhausgasemissionen auf netto Null erreichen. Dies setzt einen fundamentalen Umbau der Energieversorgung voraus – und wird Strom eine noch zentralere Bedeutung zumessen als heute.

Das müssen Sie wissen

  • Die Schweiz bekennt sich zum Pariser Klimaschutzübereinkommen. Mit der Annahme des Klima- und Innovationsgesetzes an der Urne am 18. Juni 2023 hat sie sich zum Ziel gesetzt, die CO2-Emmissionen bis 2050 auf netto Null zu reduzieren.
  • Der VSE unterstützt die Klimaziele der Schweiz. Er setzt sich für einen Umbau des Energiesystems ein, der ein klimaneutrales, sicherer und bezahlbares System ermöglicht.
  • Die Dekarbonisierung von Energie, Wärme, Mobilität und Industrie führt dazu, dass der Strombedarf bis 2050 stark steigen wird. Um die steigende Stromnachfrage zu decken, müssen primär die erneuerbaren Energien massiv ausgebaut werden.

Dekarbonisieren bedeutet elektrifizieren. Die fossilen Energieträger Erdöl und Erdgas, die im heutigen Schweizer Energiesystem rund 60% des Endverbrauchs ausmachen, stossen grosse Mengen klimaschädliches CO2 aus. Um klimaneutral zu werden, müssen die fossilen Energien, insbesondere in den Sektoren Energie, Mobilität, Wärme sowie Industrie ersetzt werden. Inländische erneuerbare Energien, die Elektrifizierung sowie die Sektorkopplung gehören zu den Schlüsselelementen.

Strom wird dabei eine zentrale Rolle spielen, und der Strombedarf dadurch zunehmen. Gemäss der VSE Studie «Energiezukunft 2050» steigt der Strombedarf je nach Szenario von heute rund 62 auf 80 bis 90 Terawattstunden im Jahr 2050. Das entspricht einem Anstieg von 25-40 Prozent. Um die Dekarbonisierung bzw. die Elektrifizierung zu ermöglichen, müssen somit die erneuerbaren Energien massiv ausgebaut werden (siehe Dossiers Mantelerlass und Ausbauprojekte Erneuerbare).

Position des VSE: CO2 bepreisen und Sektorkopplung ermöglichen

Der VSE unterstützt die Klimaziele der Schweiz. Klimaneutralität ist nur durch eine umfassende Elektrifizierung möglich. Deshalb setzt sich der VSE für einen Umbau des Energiesystems ein, der ein klimaneutrales, sicherer und bezahlbares System ermöglicht. In der Studie «Energiezukunft 2050» hat der VSE zusammen mit der Empa verschiedene Szenarien für ein Gesamtenergiesystem berechnet, das gleichzeitig Versorgungssicherheit und Klimaneutralität garantiert (zur «Energiezukunft 2050»).

Ein umfassendes und wirksames Lenkungssystem stellt aus Sicht des VSE den ökonomisch effizientesten Weg dar, um die Klimaziele zu erreichen. Solange ein solches aus realpolitischen Gründen nicht umgesetzt werden kann, trägt der VSE alternative Wege mit effizienten und zielführenden Massnahmen mit. Dabei sind alle Verbrauchssektoren in die Pflicht zu nehmen, CO2-Emmissionen zu minimieren. Die Möglichkeit zur Abgabebefreiung mittels Zielvereinbarung stellt dafür ein bewährtes Instrument dar, das ausgedehnt werden sollte. Dem Stromsektor bietet sich die Chance, die Energiezukunft aktiv mitzugestalten und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Die Sektorkopplung ist eines der Schlüsselelemente, um die Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft einen grossen Schritt voranzubringen. Sie trägt dazu bei, dass die Gesamtenergieversorgung optimiert und effizient gestaltet werden kann. Die Sektorkopplung umfasst unter anderem die Elektrifizierung und die Umwandlung erneuerbarer Energieträger ineinander und deren Verwendung in verschiedenen Sektoren. Damit bietet sie weitere Möglichkeiten für eine erneuerbare Energieversorgung und trägt zu mehr Effizienz und Flexibilität bei. Um das Potenzial nutzen zu können, ist eine sektorübergreifend äquivalente Regulierung notwendig (Abstimmung der einschlägigen Gesetzgebungen auf Bundesebene sowie der kantonalen Vorschriften). Dies bedingt eine vollständige Internalisierung der externen Kosten des Ausstosses von CO2 und eine äquivalente CO2-Bepreisung aller Sektoren, auch derjenigen, in denen der CO2-Ausstoss bisher noch nicht direkt bepreist wird.

Grüner Wasserstoff könnte dereinst ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung und zur Versorgungssicherheit im Winter leisten. Grundvoraussetzung dafür ist gemäss der «Energiezukunft 2050» eine europäische Wasserstoffwirtschaft, zu der die Schweiz einen möglichst ungehinderten Zugang hat. Es braucht möglichst zeitnah eine strategische Perspektive, politisches Handeln und rechtliche Rahmenbedingungen, wenn die Schweiz den Anschluss beim Wasserstoff nicht verlieren will (siehe Zukunft Wasserstoff). Je mehr Optionen offenstehen, desto resilienter ist das Energiesystem.

Stand der Dinge: Parlament berät über Revision des CO2-Gesetzes

Im Juni 2023 sagte die Schweizer Bevölkerung Ja zum Klima- und Innovationsgesetz. Dieses verankert die grundsätzlichen Klimaziele im Gesetz und führt zwei befristete Förderinstrumente ein, um den Heizungsersatz voranzutreiben und Unternehmen beim Einsatz innovative klimafreundlicher Technologien zu unterstützen. Die detaillierte Regelung der Ziele und Massnahmen bis 2030 erfolgt nun mit einer Revision des CO2-Gesetzes. Die neuen Bestimmungen sollen für die Zeit ab 2025 greifen. Gemäss seiner Botschaft möchte der Bundesrat die Treibhausgase bis 2030 halbieren und bis 2050 auf netto null bringen. Vor dem Hintergrund der 2021 an der Urne gescheiterten letzten CO2-Gesetesrevision will der Bundesrat nun auf Anreize statt Verbote setzen, auf höhere Abgaben verzichten und Investitionen in klimafreundliche Lösungen gezielt fördern. Konkret sind etwa zusätzliche Mittel für den Heizungsersatz und die Förderung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge sowie höhere Zielvorgaben für den CO2-Ausstoss von neu zugelassenen Fahrzeugen vorgesehen. Zielvereinbarungen zur CO2-Reduktion sollen grundsätzlich allen Unternehmen und nicht wie heute lediglich bestimmten Branchen offenstehen, um im Gegenzug zu einer individuellen Reduktionsverpflichtung von der CO2-Abgabe befreit zu werden.

In der Herbstsession 2023 hat der Ständerat als Erstrat über die Revision des CO2-Gesetzes beraten. Er hat dabei die Stossrichtung des Bundesrates unterstützt. Insbesondere verzichtet er jedoch auf eine Unterstützung für Ladestationen. 

22.061: CO2-Gesetz für die Zeit nach 2024. Revision