Stromnetze

Ein gut ausgebautes und unterhaltenes Stromnetz ist essenziell für die Schweizer Versorgungssicherheit. Unsere Übertragungs- und Verteilnetze sind eine Grundvoraussetzung, damit der täglich benötigte Strom zuverlässig aus der Steckdose kommt.

Die Stromnetze verbinden Produzenten, Endverbraucher und Speicher. Nur mit leistungsfähigen Netzen kann die Energie aus den Kraftwerken den Endverbrauchern zuverlässig geliefert werden. Die Stromnetze bilden die Plattform, auf welcher die Energiestrategie 2050 umgesetzt wird. Sie ermöglichen, sowohl die überschüssige Energie zu den Speichern zu transportieren als auch den Endverbrauchern immer genügend Energie zu liefern.

Swissgrid ist Eigentümerin des Schweizer Übertragungsnetzes. Ihr über 6700 Kilometer langes Netz transportiert die elektrische Energie mit 380 und 220 Kilovolt Spannung. Zum Übertragungsnetz gehören nebst allen Leitungen 141 Schaltanlagen.

Die ersten Stromverbraucher hatten eine eigene Produktion, um den Strombedarf zu decken. Da schnell klar wurde, dass eine gemeinsame Energieversorgung grosse Vorteile bietet, wurden zuerst Dörfer, dann Städte und Kantone und am Schluss Nationen miteinander verbunden. Dies führte zur äusserst zuverlässigen, effizienten und kostengünstigen Energieversorgung, wie wir sie heute kennen. Man kann die heutigen Netze durchaus als das Optimum einer 100-jährigen Entwicklung bezeichnen. Leider geht der aktuelle Trend wieder in eine andere Richtung, indem Kunden zu Zusammenschlüssen zwecks Eigenverbrauch animiert werden. Es wird angeregt, private parallele Leitungen zu bauen, um die individuellen Kosten anstatt die Gesamtkosten für die Schweiz zu optimieren.

7 Netzebenen: Der Strom wird auf seiner Reise bis zum Endkunden schrittweise heruntertransformiert. Herrscht auf der Netzebene 1 noch eine Spannung von 380 oder 220 Kilovolt, sind es am Ende - aus der heimischen Steckdose - noch 230 Volt.

Frequenz und Spannung

Für fast alle Endverbraucher kommt die Energie einfach aus der Steckdose und hat keine Qualität, keinen Geruch und keine Farbe. Die Stromqualität ist dennoch sehr wichtig. Zur Stromqualität gehören unter anderem die Frequenz, welche immer 50 Hz sein muss und nicht "verschmutzt" (zum Beispiel Oberwellen, Flicker) sein darf, aber auch die Spannung, welche immer 230V betragen muss. 

Frequenz

Wenn die Netzfrequenz zu stark von der Sollfrequenz abweicht, schalten sich Geräte aus oder nehmen Schaden.

Am Anfang der Elektrifizierung wurde diskutiert, ob Gleichspannung oder Wechselspannung die geeignetere Energieform sei.

Von Gleichspannung spricht man, wenn die Spannung immer konstant ist, wie beispielsweise zwischen den beiden Polen einer Batterie. Heutzutage brauchen viele Geräte wie Laptops, Mobiltelefone oder Elektrofahrzeuge Gleichspannung.

Der Transport von Energie war mit Wechselspannung dank der einfachen Spannungsveränderung über Transformatoren aber mit deutlich weniger Verlusten möglich. Auch der Antrieb von Motoren ist mit Wechselspannung viel einfacher. Die Wechelspannung hat sich durchgesetzt, wenn auch nicht überall mit der gleichen Frequenz. Welche Frequenz verwendet wird, ist nicht entscheidend, aber sie muss im ganzen verbundenen Netz identisch sein. So hat man sich in Europa auf 50 Hz geeinigt, in Nordamerika sind es 60 Hz und die SBB betreibt das Bahnstromnetz mit 16,7 Hz.

Die Frequenz wird durch die Swissgrid und die anderen europäischen Übertragungsnetzbetreiber geregelt. Sie beauftragen die Kraftwerke mit dieser Systemdienstleistung und stellen die Kosten über die Netznutzung den Endverbrauchern in Rechnung.

Auf lokaler Ebene müssen die Verteilnetzbereiber darum besorgt sein, dass keine Verschmutzungen der Frequenz im Netz auftreten. Diese werden hauptsächlich durch Geräte der Endverbraucher verursacht, welche die Normen und Vorschriften nicht einhalten. Diese Problematik hat sich in den letzten Jahren verschärft, weil mehr Geräte von Privaten und kleinen Unternehmen direkt importiert werden, ohne dass abgeklärt wird, ob die relevanten Normen eingehalten werden. 

Spannung

Die Spannung muss genau eingehalten werden, weil sich bei tiefen Spannungen Geräte ausschalten und bei hohen Spannungen Defekte auftreten.

Wird elektrische Energie über Leitungen transportiert, sinkt die Spannung mit jedem Meter ein kleines bisschen. Über grössere Distanzen sinkt die Spannung daher signifikant. Swissgrid überwacht die Spannung auf der Netzebene 1 und beauftragt Kraftwerke, die Einhaltung der Sollwerte der Netzspannung sicherzustellen. Wenn beispielsweise viel Energie in den Windparks in Norddeutschland erzeugt wird und die Kraftwerke im Zentrum und im Süden von Deutschland stillstehen, müssen die Schweizer Kraftwerke auf Anweisung von Swissgrid die Spannung stützen.

Auch die Verteilnetzbetreiber müssen die Spannung überwachen und (in der Regel automatisiert) anpassen. Meist wird das bei der Transformation zwischen den Netzebenen gemacht, indem das Übersetzungsverhältnis der Transformatoren angepasst wird. Sie können aber auch Kraftwerke der aktuellen Netzebene beauftragen, die Spannung zu regulieren. In Gebieten mit vielen PV-Anlagen müssen immer mehr Massnahmen getroffen werden, um zu hohe Spannungen an sonnigen Tagen zu vermeiden.

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Die sieben Netzebenen

Energietransport und Verluste

Der Transport von Energie erwärmt die Leitung und führt zu Energieverlusten. Diese Verluste sind vor allem von der Stromstärke (Ampère) abhängig, weshalb die Spannung für den Transport erhöht wird. Da die übertragene Energiemenge gleich der Spannung multipliziert mit der Stromstärke ist, können auf diese Weise die Stromstärke und somit die Verluste gesenkt werden.

Bei höheren Spannungen kann es schon mit einem bestimmten Abstand zur Leitung zu einem Stromschlag kommen, da es bei der sogenannten Überschlagsspannung zu einem Durchschlag ("Blitz") kommt. Die Funkenstrecke, bei der ein solcher Überschlag auftreten kann, beträgt circa 1cm pro kV, was bei einer 380kV-Leitung zu einem Abstand von 3,8m führt. Ein solcher Abstand kann für Transportleitungen, welche Wasserstrom aus dem Wallis ins Mittelland transportieren, eingehalten werden. Er wäre in einem Wohnquartier aber nur schwer zu garantieren.

Aus diesem Grund wurden die Netze in sieben Netzebenen gebaut

Die höchste Netzebene 1 nennt man Übertragungsnetz. Auf ihr findet der Transport der grossen Kraftwerke zu den Ballungszentren und der Handel mit den Nachbarstaaten statt. Abgesehen von der SBB sind auf dieser Netzebene keine Endverbraucher angeschlossen, dafür aber grosse Kraftwerke wie das KKW Leibstadt oder das Wasserkraftwerk Grande-Dixence.

Auf der Netzebene 3 wird die Energie überregional, also über einen oder wenige Kantone, transportiert. Auf dieser Netzebene sind viele Wasserkraftwerke, wie beispielsweise die Flusskraftwerke am Rhein, angeschlossen. Auch grosse Endverbraucher wie Papier- oder Stahlwerke beziehen die Energie aus dieser Netzebene.

Die Netzebene 5 dient der Verteilung innerhalb einer Stadt, einem Dorf oder einer Gemeinde. Die grössten PV-Anlagen sind auf dieser Netzebene angehängt, ebenso kleinere Wasserkraftwerke und grössere KMU wie Stahlverarbeiter, grössere Bäckereien oder auch Einkaufszentren.

In der Netzebene 7 wird die Energie in einem Quartier einer Stadt oder einem kleinen Dorf verteilt. In ländlichen Gebieten kann über die Netzebene 7 auch eine grössere Fläche versorgt werden. Die typischen PV-Anlagen auf Ein- und Mehrfamilienhäusern und Kleingewerbe oder Quartierläden sind auf dieser Netzebene angeschlossen.

In den geraden Netzebenen 2, 4 und 6 wird die Energie von einer Spannungsebenen in eine andere umgewandelt. Dies passiert in Transformatoren, welche in den Netzebenen 2 und 4 in Unterwerken und in der Netzebene 6 in Transformatorstationen stehen.

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Systemdienstleistungen und das Gleichgewicht von Produktion und Verbrauch

Wozu braucht es Systemdienstleistungen?

Verschiedene Systemdienstleistungen sind nötig, um das Stromnetz sicher und stabil zu betreiben. Diese Systemdienstleistungen nimmt der Endverbraucher zwar nicht wahr, sie sind aber von grösster Wichtigkeit, um die Frequenz und Spannung in den notwendigen Bereichen zu halten und Blackouts zu verhindern.

Welche Systemdienstleistungen gibt es?

Ein schwarzstartfähiges Kraftwerk kann nach einem Blackout ohne fremde Hilfe starten und Energie produzieren. Es startet nach einem Blackout mit dem Netzwiederaufbau.

Wirkverluste entstehen beim Transport der Energie und müssen durch jeden Netzbetreiber ausgeglichen werden.

Mit der Netzregelung wird sichergestellt, dass in jeder Sekunde gleich viel Energie produziert wie verbraucht wird. Es gibt verschiedene Arten von Regelenergie, welche sich vor allem in der Abrufgeschwindigkeit unterscheiden. Bei der Primärregelung messen Kraftwerke die Frequenz und reagieren bei Frequenzabweichungen im Sekundenbereich. Für den Einsatz der Sekundärregelung misst Swissgrid die grenzüberscheitenden Energieflüsse und gleicht mit den kontrahierten Kraftwerken die Abweichungen zur Prognose im Minutenbereich aus. Die Tertiärregelung wird bei längeren oder grösseren Abweichungen (Kraftwerksausfall, grosser Prognosefehler etc.) eingesetzt, um die Sekundärreglung zu entlasten und für neue Einsätze frei zu halten. Sie kommt frühestens nach 15min zum Zug.

Bei all diesen Regelungen wird zwischen Regelleistung und Regelenergie unterschieden. Die Regelleistung bezeichnet die reservierte Kapazität eines Kraftwerks, die für einen Abruf vorgehalten wird. Wenn ein Kraftwerk, welches mindestens 50 MW (analog dem Leerlauf eines Automotors) und maximal 450 MW produzieren kann, +/- 150 MW Sekundärregelleistung verkauft hat, muss es über die ganze Zeit (zum Beispiel eine Woche, einen Monat) immer zwischen 200 MW und 300 MW Energie produzieren, um jederzeit 150 MW hoch oder runterfahren zu können. Die von Swissgrid tatsächlich abgerufene Energie bezeichnet man als Regelenergie. Die Vorhaltung von Regelleistung und der Abruf von Regelenergie werden von Swissgrid vergütet und über die Netznutzungstarife der Swissgrid und der Verteilnetzbetreiber den Endverbrauchern in Rechnung gestellt.

Zudem gibt es noch weitere Systemdienstleistungen wie zum Beispiel die Spannungshaltung (Netzspannung in engen Grenzen konstant halten).

Wer setzt die Systemdienstleistungen ein?

Die meisten Systemdienstleistungen werden in der Verantwortung vom Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) oder auf englisch Transmission System Operator (TSO) eingesetzt. In der Schweiz ist die Swissgrid im Stromversorgungsgesetz als nationale Netzgesellschaft mit dieser Aufgabe betraut. Sie beauftragt Kraftwerke, um bei Bedarf die Produktion zu erhöhen oder zu verringern. Es werden auch immer mehr steuerbare Endverbraucher wie Kühlhäuser, Wärmepumpen oder Notstromgeneratoren eingesetzt, um Systemdienstleistungen anzubieten. Die Swissgrid beschafft über Auktionen die notwendigen Kapazitäten, wobei der günstigste Anbieter, welcher die definierten Kriterien erfüllt, den Zuschlag bekommt.

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Netzkosten

Die Netzkosten setzen sich aus mehrerer Komponenten zusammen:

  • Kosten der vorgelagerten Netzebenen
  • Kapitalkosten der betrachteten Netzebene
  • Betriebskosten der betrachteten Netzebene (unter anderem Unterhalt, Administration, Messung, und Rechnungsstellungskosten)
  • abzüglich weiterverrechnete Kosten an nachgelagerte Netzebenen
  • abzüglich direkt in Rechnung gestellte Kosten (zum Beispiel dem Grundbesitzer direkt verrechnete Kosten für den Netzanschluss)
  • Die den Endverbrauchern über die Netznutzung verrechneten Kosten dürfen die Summe der anrechenbaren Kosten nicht übersteigen

Zusätzlich werden noch erhoben (gesondert ausgewiesen)

  • SDL (Systemdienstleistungen) der NE 1 (Swissgrid)
  • Abgaben und Leistungen an Gemeinwesen (Konzessionsabgaben)
  • KEV und Abgaben für den Gewässerschutz

Der grösste Teil der Netzkosten sind Fixkosten   und nur ein geringer Teil hängt von der tatsächlichen Menge bezogener Energie ab. Die Netzbetreiber müssen das Netz so bauen, dass die Endverbraucher immer die gewünschte Leistung beziehen können. Daher müssen grosse oder viele Transformatoren, Schalter und Leitungen verbaut werden, wenn viel Leistung gefordert wird und wenige bei tiefen Anforderungen an die Leistung. Ob im Anschluss Energie bezogen wird oder nicht, spielt für die Kosten eine untergeordnete Rolle. Aus diesem Grund setzt sich der VSE dafür ein, dass die Netzkosten stärker über leistungsbasierte Tarife in Rechnung gestellt werden dürfen. Mit solchen Tarifen würden die Endverbraucher mit hohem Leistungsbedarf (und somit hohen verursachten Kosten) auch höhere Preise bezahlen als Endverbraucher, die sich mit wenig Leistung zufrieden geben.

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Gewinn der Netzbetreiber

Etwa ein Drittel der Netzkosten sind die Kapitalkosten (also Abschreibungen) der verbauten Infrastruktur, insbesondere Leitungen, Unterwerke und Transformatorstationen. Auf diesen Kapitalkosten darf der Netzbetreiber einen Gewinn in der Höhe des vom Bundesrates vorgegebenen WACC (aktuell 3,83%) machen. Die Verteilnetzbetreiber dürfen daher im Moment einen Gewinn von circa 1,3% vom Umsatz erzielen.

Auf den Betriebskosten sind keine Gewinne zulässig.

Sind die Einnahmen höher oder die Ausgaben tiefer, muss der zusätzliche Gewinn in den folgenden Jahren über tiefere Tarife an die Endverbraucher zurückgehen. Die ElCom überwacht die Einhaltung dieser Vorgabe bei jedem Netzbetreiber. 

Eigenverbrauchsregelung

Ist der Begriff der Autarkie im Zusammenhang mit Eigenverbrauch korrekt?

Das Netz

  • liefert Energie, wenn die eigene Produktion nichts liefert (Absicherung für die Nacht und den Winter),
  • gibt die Sollspannung vor,
  • gib die Sollfrequenz vor,
  • transportiert Energie ab, wenn die selbst produzierte Energie nicht verwendet werden kann.

Solange der Netzanschluss gebaut werden muss, kann aus diesem Grund nicht von Autarkie gesprochen werden!